Staatlicher Verwalter für Lukoil-Raffinerie in Sizilien eingesetzt

Vom EU-Ölembargo sind alle Unternehmen betroffen, die russisches Öl importieren. In den Medien wurde die drohende Schließung des sizilianischen Ölverarbeitungunternehmens ISAB des russischen Ölkonzerns Lukoil angekündigt. Doch das Unternehmen ist gar nicht auf russisches Öl angewiesen.
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Die ISAB-Raffinerie in der Stadt Priolo in Sizilien.Foto: Istock
Von 6. Dezember 2022

Seit dem 5. Dezember 2022 ist das EU-Ölembargo für russisches Rohöl in Kraft getreten. Darin haben sich die EU-Staaten auf einen Preisdeckel für russisches Rohöl geeinigt. Die beschlossene Preisobergrenze pro Barrel für über den Seeweg transportiertes Öl liegt bei 60 US-Dollar (57 Euro). Mit dem Preisdeckel soll Russland „daran gehindert werden, von seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu profitieren“ und die Stabilität der weltweiten Energiemärkte gefördert werden.

Eines der vom EU-Ölembargo betroffenen Unternehmen ist der russische Mineralölkonzern Lukoil. Lukoil ist der sechstgrößte börsennotierte Ölkonzern der Welt.

Wie das „Handelsblatt“ kürzlich berichtete, verabschiedete die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am 1. Dezember ein Dekret, das unter anderem die vorübergehende staatliche Verwaltung der Raffinerie anordnet. Damit will der Staat die Schließung des Werks verhindern.

Das Ölverarbeitungsunternehmen ISAB werde damit zwar nicht direkt verstaatlicht, aber es werde für eine Übergangszeit von maximal einem Jahr ein staatlicher Verwalter eingesetzt. Damit soll mehr Zeit gewonnen werden für den Verkauf der Raffinerie.

FAZ: Über 90 Prozent des Öls soll aus Russland kommen

Sebastiano („Nello“) Musumeci, Präsident der Region Sizilien, lobte die italienische Regierung für die Unterstützung der Raffinerie ISAB in der Stadt Priolo:

Laut der FAZ habe ISAB in diesem Jahr mehr russisches Öl denn je verarbeitet. Teilweise seien es sogar über 90 Prozent der Rohöllieferungen gewesen, der Rest komme aus Kasachstan. Vor dem Ukraine-Russland-Krieg habe ISAB dagegen Rohöl aus bis zu fünfzehn verschiedenen Ländern bezogen. Aus Angst vor Sanktionen hätten die Banken beschlossen, dem Unternehmen keine Akkreditiven mehr zu gewähren, um Öl auf dem internationalen Markt kaufen zu können.

Falls die Raffinerie durch das ab 5. Dezember geltende EU-Ölembargo auf dem Trockenen sitzen würde, hätte dies große Auswirkungen auf die über 1.000 Beschäftigten von ISAB und das gesamte Industriegebiet Syrakus in Priolo. Dort seien insgesamt rund 10.000 Menschen beschäftigt.

Das Werk kann auf russisches Öl verzichten

Überraschenderweise fand die italienische Zeitung „Il Sole 24 Ore“ ebenfalls am 5. Dezember heraus, dass das Ölverarbeitungsunternehmen ISAB gar nicht auf russisches Öl angewiesen ist.

CEO Eugene Maniakhine gab in einem Interview bekannt, dass die ISAB-Raffinerie auch ohne die Lieferung von russischem Öl in der Lage sei, weiterzumachen.

Die Raffinerie sei „heute vollständig darauf vorbereitet, unter diesen neuen Marktbedingungen ohne Unterbrechung zu arbeiten“. Das sei aber nicht immer so gewesen, so der Direktor des Unternehmens.

Momentan würden die Ölreserven ausreichen, um die Raffinerie noch mehrere Monate lang zu betreiben. Und wo sie Rohöllieferungen für Dezember und Januar beziehen würden, wüssten sie bereits. Die Raffinerie sei darauf vorbereitet, unter den neuen Bedingungen kontinuierlich zu arbeiten.

„Ich muss betonen, dass dieses Rohöl auch jetzt größtenteils nicht aus Russland kommt. Sie wissen, dass Lukoil ein internationales Unternehmen ist, das in etwa zehn Ländern Öl produziert, und dass der Eigentümer der ISAB-Raffinerie, Litasco, ein Schweizer Händler ist, der mit Öl aus der ganzen Welt handelt. Daher ist es für uns kein Problem, eine ausreichende Menge an nicht-russischem Rohöl für ISAB bereitzustellen“, so Maniakhine.

Über China und aus Russland – „ein Trick, die Sanktionen zu umgehen“

Laut ISAB-Direktor Maniakhine seien bereits neue Tanker mit Rohöl vom internationalen Markt eingetroffen, wodurch sich für die Raffinerie damit nichts außer der Strategie geändert hätte. Woher die Lieferungen stammten, sagte er nicht. Bezahlen würde man jetzt aber in bar, das sei auf dem internationalen Markt Standard.

Wir haben die Sanktionen respektiert und werden sie respektieren, indem wir kein russisches Öl mehr abnehmen. Wir werden es woanders besorgen.“

Litasco, die Handelsfirma des russischen Ölgiganten Lukoil, hat ihren Hauptsitz in Genf. 75 Prozent des russischen Öls werden in der Schweizer Rhônestadt verkauft.

Ein italienischer Blogger postet unter dem Hashtag #triangolazione, was auf Deutsch so viel wie „Dreiecksbeziehung“ bedeutet. In einem Twitterbeitrag kommentiert er die neue Situation des ISAB-Unternehmens auf sarkastische Weise: „Das ist nur ein Trick, um die Sanktionen zu umgehen, die uns in die Knie gezwungen haben. Kein Öl mehr aus Russland für die Lukoil-Raffinerie in Sizilien. Wir kaufen es aus China, das es aus Russland bezieht. Es kostet mehr, aber das ist OK.“

Durch Investitionen zu einem erfolgreichen Unternehmen

In dem Interview mit der italienischen Zeitung sprach Direktor Maniakhine davon, dass es nicht leicht gewesen sei, ISAB zu dem „effizienten und erfolgreichen“ Unternehmen zu machen, das es heute sei.

Lukoil hatte die Raffinerie im Jahr 2008 gekauft, zuvor habe die Raffinerie jahrelang Verluste gemacht. Deshalb seien erhebliche Investitionen erforderlich gewesen. „Wir haben seither insgesamt rund sechs Milliarden für den Kauf, für Entwicklungsprojekte und für die Aufrechterhaltung der Verarbeitungskapazität investiert“, so Maniakhine. Mit der Finanzspritze sei die Struktur, die Qualität der Produkte und die Arbeitssicherheit erhöht worden. Zudem habe man die Anlage kontinuierlich weiterentwickelt und dabei alle Trends und Herausforderungen der Branche, einschließlich der Klimaagenda, berücksichtigt.

Nach Angabe von „Il Sole 24 Ore“ läge der Umsatz der Raffinerie in der ersten Jahreshälfte 2022  bei knapp sechs Milliarden. „Die Bilanz ist heute sehr gut. Heute ist die Raffinerie effizient und entwickelt sich erfolgreich. Es waren zwei schwierige Jahre wegen COVID, 2020 und ein guter Teil von 2021, aber jetzt können wir sagen, dass sich der Gewinn gesteigert hat“, sagte Maniakhine.

Ein Verkauf der Raffinerie steht im Raum

Was einen eventuellen Verkauf der ISAB-Raffinerie angeht, äußert sich Maniakhine wie folgt: „Wir gehen davon aus, dass der Verkaufsvertrag in kurzer Zeit abgeschlossen werden kann. Wahrscheinlich noch in diesem Jahr.“ Vorherigen Medienberichten zufolge war als Interessent der „amerikanische Investmentfonds Crossbridge Energy Partners“ genannt worden. Doch auch der italienische Öl- und Gaskonzern ENI kam zur Sprache, dessen größter Aktionär der italienische Staat ist.

Einen vorübergehenden staatlichen Verwalter für die ISAB-Raffinerie in Priolo einzusetzen, fand der CEO unfair und könne einen eventuellen Verkauf durch Lukoil behindern.

Der Vorstand von Lukoil drückte Anfang März 2022, eine Woche nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine, öffentlich seine „Besorgnis über die anhaltenden tragischen Ereignisse in der Ukraine und sein tiefes Mitgefühl für alle von dieser Tragödie Betroffenen“ aus.

Lukoil war angeblich der erste russische Konzern gewesen, der das Ende des Krieges gefordert hatte. Am 1. September starb der Lukoil-Vorstandsvorsitzende Rawil Maganow bei einem Fenstersturz aus dem sechsten Stock des Moskauer Zentralkrankenhauses, wie die NZZ berichtete. Zuvor war im Mai 2022 bereits der Lukoil-Manager Alexander Subbotin gestorben, angeblich bei einer okkulten Behandlung gegen Alkoholsucht.



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