Tschechen wollen keinen Euro – doch der politische Druck wächst

Tschechien diskutiert, ob es von seiner eigenen Währung, der „Krone“ (CZK) zum Euro übergehen soll. Nahezu drei Viertel der Menschen sind dagegen, einige Politiker und Wirtschaftsverbände dafür. Wie ist der Stand der Debatte?
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Außenansicht einer Wechselstube in Prag, Tschechische Republik, am 27. Juli 2022.Foto: iStock
Von 27. März 2024

Das CVVM (Tschechisches Zentrum für Meinungsforschung) stellte in seiner jüngsten, im Frühjahr 2023 durchgeführten Umfrage fest, dass 52 Prozent der tschechischen Bürger die Einführung des Euro definitiv ablehnen und weitere 21 Prozent eher dagegen sind.

Die Umfrage, die seit 2001 durchgeführt wurde, bildet den Trend über die Jahre hinweg ab und zeigt, dass die negative Einstellung zur Euro-Einführung kontinuierlich zunimmt.

Während anfangs 52–58 Prozent für die Euro-Einführung waren, waren die Präferenzen für und gegen die Einführung des Euro in den Jahren 2006–2009 sehr ähnlich. Seit der Finanzkrise 2010 öffnete sich die Schere mit einem höheren Prozentsatz an Euro-Gegnern. Das CVVM ist eine vom Steuerzahler finanzierte NGO.

So sieht die öffentliche Meinung die Einführung des Euro in der Tschechischen Republik. Blau = „eindeutig für“ und „eher für“; Rot = „definitiv gegen“ und „eher gegen“ die Euro-Einführung. Quelle: CVVM

Die Erhebung zeigte auch, dass zwei Drittel der tschechischen Bürger der Meinung sind, dass die Tschechische Republik Mitglied der EU sein sollte. Die Umfrage wurde unter 837 Personen durchgeführt, die älter als 15 Jahre waren.

Die Einstellung der Tschechen zum Euro ermittelte Eurobarometer in seiner regelmäßigen Umfrage im gleichen Zeitraum wie CVVM. Unter mehr als tausend Tschechen wurde festgestellt, dass 54 Prozent der Teilnehmer gegen die Einführung des Euro in der Tschechischen Republik waren und 44 Prozent dafür.

Präsident forderte die Einführung

Zu Beginn dieses Jahres wurde eine breite Diskussion über den Euro in der Tschechischen Republik ausgelöst, nachdem Präsident Peter Pavel in seiner Neujahrsansprache die Einführung der EU-Währung gefordert hatte.

„Nach all diesen Jahren ist es an der Zeit, konkrete Schritte zu unternehmen, um diese Verpflichtung [zur Einführung des Euro] zu erfüllen“, sagte er.

Und weiter: „Trotz der endlosen Diskussionen über die Vor- und Nachteile des Euro für ein Land mit einer offenen und exportorientierten Wirtschaft, das im Zentrum Europas liegt, ist die gemeinsame Währung die logische Zukunft.“

Zudem verwies Pavel auf den Beitritt der Tschechischen Republik zur EU im Jahr 2004, der mit der Verpflichtung zur Einführung des Euro verbunden war.

Petition gegen den Euro

Die tschechischen Abgeordneten der Koalition sind in dieser Frage geteilter Meinung: Während die Parteien der Mitte und der Linken für die Einführung des Euro sind, ist die Rechtspartei ODS (die größte Koalitionspartei) im Moment eher dagegen, berichtete das tschechische Fernsehen.

Die Oppositionsparteien sind gegen die Euro-Einführung. Darüber hinaus hat eine von ihnen, die größte Partei im Unterhaus des tschechischen Parlaments, ANO, vor einigen Tagen eine Petition gegen den Euro gestartet.

Auch einige andere kleinere Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind, sprechen sich dagegen aus. Eine von ihnen hatte eine Petition zur „Rettung der tschechischen Krone“ initiiert, die vor einigen Wochen im Oberhaus stattfand.

Der „Euro als emotionales Symbol“ der Befürworter

Während die erwähnte Petition zur Rettung der tschechischen Währung, der „Krone“, im November 2023 bei einem Gespräch am Runden Tisch im tschechischen Senat diskutiert wurde, sagte die bekannte Wirtschaftswissenschaftlerin Markéta Šichtařová, dass „viele Befürworter der Euro-Einführung es geschafft haben, den Euro zu einem Symbol zu machen – zu einem emotionalen Symbol“.

Sie empfahl, das Thema auf der Grundlage seines monetären Kontextes (Zentralbanken, Geldumlauf usw.) und seiner Auswirkungen auf den fiskalischen Kontext (Regierungsmaßnahmen und Haushaltspolitik) zu betrachten.

Šichtařová wies auch darauf hin, dass das Land mit der Einführung des Euro seine souveräne Geldpolitik aufgibt und den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) unterworfen ist.

Der Hauptsitz der Tschechischen Nationalbank im Zentrum von Prag. Foto: iStock

Für diesem Fall präsentierte sie die Daten, die den Unterschied zwischen der EZB und der Tschechischen Nationalbank (CNB) bei der Anhebung der Zinssätze zu einem Zeitpunkt zeigen, als die Inflation vor einigen Jahren zu steigen begann. Sie kam zu dem Schluss, dass die EZB möglicherweise nicht anpassungsfähig genug auf die Wirtschaft eines bestimmten Landes reagiert.

Als weitere negative Auswirkung nannte sie die potenziell höhere Verschuldung, die die Daten für Griechenland und Italien vor und nach der Euro-Einführung aufzeigten, als die Einführung des Euro die Zinsen für diese Länder billiger machte.

Ein Paradoxon

Miroslav Ševčík, der damalige Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität in Prag, äußerte ähnliche Bedenken hinsichtlich der Souveränität der Zentralbank und der Möglichkeit, mit einer unabhängigen Geldpolitik den Verlauf des Konjunkturzyklus zu glätten.

Zusammenfassend kommentierte er: „Von Anfang an war er [der Euro] ein politisches Projekt und kein wirtschaftliches Projekt, das ist klar.“

Er warnte auch davor, dass die EZB Instrumente einsetze, „die im Widerspruch zu den grundlegenden Lehrbüchern stehen“. Er wies auch auf das Paradoxon hin, dass Länder, die den Euro haben, die Maastricht-Kriterien im Allgemeinen nicht erfüllen, während Länder, die den Euro nicht haben, die Kriterien mit größerem Erfolg erfüllen.

Finanzen: Noch kein Datum für die Einführung des Euro festlegen

Sein Kollege, Milan Bednář, ging noch einen Schritt weiter und stellte vier „Schlüsselfragen“ vor, die vor der Einführung des Euro gestellt werden sollten. Seinen Erkenntnissen zufolge kann keine einzige Frage mit „Ja“ beantwortet werden.

Die Themen betrafen die Inflation, den Vergleich der Geldpolitik von EZB und der Tschechischen Nationalbank (CND), die Auswirkungen der Währungsunion auf das BIP und die Auswirkungen auf den internationalen Handel.

Ein tschechischer Geldautomat, an dem Kunden tschechische Kronen und Euro abheben können. Die tschechische Krone ist die offizielle Währung Tschechiens und der Euro die einheitliche Währungseinheit der Eurozone. Foto: iStock

Vertreter der Tschechische Nationalbank und des tschechischen Finanzministeriums nahmen ebenfalls an dem Runden Tisch teil. Beide staatlichen Behörden befassen sich seit Jahren mit der Einführung des Euro.

In ihrem letzten Bericht vom Ende des vergangenen Jahres schlossen sie sich der Haltung des Runden Tisches an und empfahlen der tschechischen Regierung, „vorerst kein Zieldatum für den Beitritt zur Eurozone festzulegen“. Die Tschechische Republik „hat zwei der vier geforderten Maastrichter Konvergenzkriterien im Jahr 2023 nicht erfüllt“.

Wirtschaftsverbände eher pro Euro

Die großen Wirtschaftsverbände vertraten bei dem Gespräch am runden Tisch eine positive Haltung zum Euro und behaupteten, die Vorteile würden die Nachteile überwiegen.

Während Präsident Pavel die Debatte auslöste, schrieb einer der meistzitierten Wirtschaftswissenschaftler, Lukáš Kovanda, auf X: „Mit dem Euro wird die Verschuldung der Tschechischen Republik wahrscheinlich gefährlich ansteigen und ihr Rating wird sich verschlechtern.“

Die Slowakei sei in dieser Hinsicht eine Warnung: „Ihr Rating hat sich nach der Einführung des Euro verschlechtert, wie dies bei den meisten Ländern der Eurozone der Fall ist. Für die EU-Länder, die nicht der Eurozone angehören, verbessert sich dagegen in der Regel das Rating. Den bisherigen Daten zufolge wird die Tschechische Republik mit der CZK gesündere Staatsfinanzen haben als mit dem Euro.“

Tomáš Jícha, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Investmentgesellschaft Atris, befürwortete dagegen die Einführung des Euro. Es müsse zugeben werden, dass immer mehr Bereiche der tschechischen Wirtschaft bereits direkt mit dem Euro verbunden seien.

„So ist beispielsweise die Finanzierung durch Banken auf Euro-Basis bereits recht verbreitet. Im Immobilienbereich ist es üblich, dass die Mieten an den Euro gekoppelt sind. Ganz zu schweigen von den Erleichterungen für Importeure und Exporteure“, so Jícha.



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