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Syrer, Afghanen, Iraker

Asyl: Deutlich weniger Widerrufsprüfungen - fast immer mit gleichem Ergebnis

Die Zahl der Widerrufsprüfungen beim BAMF ist stark gesunken. Auffällig ist das vor dem Hintergrund, dass Syrien seit dem Sturz des Assad-Regimes neu bewertet wird. Gerade deshalb wirkt die Abnahme der Prüfungen überraschend.

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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat in diesem Jahr deutlich weniger Widerrufsprüfungen angelegt als noch vor wenigen Jahren.

Foto: Swen Pförtner/dpa

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In Kürze:

  • Das BAMF leitet deutlich weniger Widerrufsprüfungen ein als noch vor wenigen Jahren, obwohl Syrien seit dem Sturz des Assad-Regimes neu bewertet wird.
  • In den meisten Fällen bleibt der Schutzstatus bestehen.
  • Verwaltungsgerichte verpflichten das BAMF zu individuellen Entscheidungen.
  • Pauschale Verfahrensstopps oder automatische Schutzgewährung sind nicht zulässig.

 
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat in diesem Jahr deutlich weniger Widerrufsprüfungen eingeleitet als noch vor wenigen Jahren.
Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ wurden dieses Jahr von Januar bis August rund 16.000 neue Verfahren eingeleitet und knapp 34.000 abgeschlossen. 2021 waren es noch 117.000 neue Verfahren. Besonders häufig betroffen waren Syrer, Afghanen und Iraker. In 31.992 Fällen bestätigte das BAMF den Schutzstatus, in 1.823 Fällen kam es zu einem Widerruf oder einer Rücknahme.

Überprüfung, ob Verfolgung noch gegeben ist

Im Asylverfahren gehört die Widerrufsprüfung zum festen Ablauf. Drei Jahre nach der Anerkennung von Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), ob die Schutzgründe weiterhin bestehen.
Dabei geht es vor allem um die Frage, ob sich die Lage im Herkunftsland so verändert hat, dass keine Verfolgung oder Gefahr mehr droht. Auch persönliche Gründe wie Straftaten können berücksichtigt werden. Fällt die Prüfung negativ aus, kann der Schutzstatus widerrufen oder zurückgenommen werden. Die Widerrufsprüfung dient damit als Kontrollmechanismus, um sicherzustellen, dass Schutz nur so lange gewährt wird, wie er tatsächlich notwendig ist.
Eine detaillierte Begründung, warum Verfahren eröffnet werden, liefert die Behörde nicht. Nach eigenen Angaben seien die individuellen Lebensgeschichten der Personen zu komplex, um sie in standardisierte Kategorien einzuordnen. Entsprechend führt das BAMF keine Statistik darüber, ob etwa Heimatreisen, Straftaten oder Hinweise von Sicherheitsbehörden eine Rolle bei den Prüfungen spielen.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums können insbesondere Heimatreisen den Flüchtlingsstatus infrage stellen. Das Gesetz geht davon aus, dass Schutz nicht mehr nötig ist, wenn Betroffene in ihr Herkunftsland zurückkehren. Ob daraus ein Verfahren entsteht, entscheidet jedoch das BAMF im Einzelfall. Wie oft Reisen tatsächlich zum Entzug von Schutztiteln geführt haben, wird nicht erfasst.

Seit Sturz Assad 4.000 Syrer zurückgekehrt

Seit dem Sturz des Assad-Regimes sind etwa aus der Türkei Hunderttausende Syrer zurückgekehrt. Nach Angaben der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) waren seit dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien im Dezember 2024 bis Ende August 1.867 Menschen mit Förderung vom Bund nach Syrien ausgereist. Noch Ende Mai waren es lediglich 804 syrische Asylbewerber, welche die Rückkehrhilfe der Bundesregierung in Anspruch genommen hatten.
Die Rückkehrhilfe ist ein staatliches Unterstützungsprogramm für Menschen, die freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren. Sie können finanzielle Hilfen und praktische Unterstützung wie Reisekosten, Beratung oder Hilfe bei der Wiedereingliederung im Heimatland erhalten. Ziel ist es, eine geordnete und sichere Rückkehr zu ermöglichen.

Einen gesetzlichen Anspruch auf Rückkehrhilfe gibt es nach deutschem Recht nicht allgemein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schreibt in seinem Informationsblatt:

„Es besteht kein rechtlicher Anspruch auf Unterstützung bei der freiwilligen Rückkehr. Die Gewährung von Unterstützungen ist für jede Person nur einmal möglich.“

Wenn in einem konkreten Fall Rückkehrhilfe gewährt wird, erfolgt das auf Grundlage von Förderprogrammen wie REAG/GARP, StarthilfePlus oder EURP. Dabei werden unter anderem die Reisekosten übernommen. Zudem erhalten die Rückkehrer eine finanzielle Starthilfe in Höhe von 1.000 Euro.

Derzeit leben rund eine Million Syrer in Deutschland. Die meisten flüchteten in den Jahren 2014 und 2015 vor dem syrischen Bürgerkrieg.

Pauschale Verzögerung nicht zulässig

Seit dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 steht die Lage in Syrien unter neuer Bewertung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte zunächst alle Asylverfahren syrischer Staatsangehöriger ausgesetzt. Die Lage sei „außerordentlich dynamisch, unübersichtlich und schwer zu bewerten“, hieß es damals.

Inzwischen urteilte das Verwaltungsgericht in Karlsruhe jedoch, dass eine pauschale Verzögerung nicht mehr zulässig sei. Das Gericht verweist auf aktuelle Lageberichte, unter anderem vom BAMF selbst und der EU-Asylagentur, die eine Bewertung der Situation ermöglichen.
Im konkreten Fall hatte ein Syrer gegen die Untätigkeit des BAMF geklagt und Recht bekommen. Der Gerichtsbescheid verpflichtet das BAMF zwar zur Entscheidung, schreibt aber keinen bestimmten Inhalt vor. Damit müssen ruhende Verfahren wieder aufgenommen und Schutzanträge individuell geprüft werden.

Nicht jeder Syrer hat automatisch Anspruch auf Schutz

Das Verwaltungsgericht Köln hat gerade erst entschieden, dass nicht mehr jeder syrische Staatsangehörige automatisch Anspruch auf Schutz in Deutschland hat. Im konkreten Fall wies es die Klage eines Mannes aus der kurdisch verwalteten Provinz Hassaka ab.

Nach Auffassung des Gerichts droht dem Kläger weder Verfolgung durch das gestürzte Assad-Regime noch durch die neue Übergangsregierung in Damaskus oder durch die kurdische Selbstverwaltung DAANES. Auch eine Gefahr durch willkürliche Gewalt im Heimatgebiet bestehe nicht.

Eine existenzielle Notlage verneinte das Gericht ebenfalls: Der Kläger könne bei seiner Familie wohnen, zusätzlich stünden ihm Rückkehrhilfen zur Verfügung, und die wirtschaftlichen Perspektiven in Syrien seien angesichts steigender Löhne und sinkender Lebensmittelpreise eher positiv.

Gegen das Urteil vom 3. September ist die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen möglich. Daher ist es bisher nicht rechtskräftig.

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