Landkreis Greiz in Thüringen und Corona: Landrätin fordert, gesunden Menschenverstand zu benutzen

Landrätin Martina Schweinsburg aus Greiz fordert, "man müsste noch viel mehr obduzieren, um den Todesursachen auf den Grund zu kommen". Der Landkreis überschreitet durch eine flächendeckende Testung in sechs Pflegeeinrichtungen derzeit die Grenze von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen.
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Der Landkreis Greiz hat sich zum Corona-Hotspot in Thüringen entwickelt.Foto: istock
Epoch Times11. Mai 2020

Der Landkreis Greiz hat aktuell 530 Coronafälle sowie 37 Sterbefälle (11.5., 13:00 Uhr). Darin enthalten sind auch 218 zwischenzeitlich nachweislich Genesene (Stand 8.5.). Mit seinen Zahlen fällt der Landkreis auf. Ursache ist ein zwischen dem 1. und 3. Mai erfolgtes Testen von sechs Pflegeeinrichtungen, wodurch die 7-Tage-Inzidenz (Neuinfektionen der letzten 7 Tage pro 100.000 Einwohner) angestiegen ist.

Der seit Anfang Mai gültige Notfallmechanismus besagt, dass in einer Region, wo mehr als 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen auftreten, die Corona-Lockerungen wieder zurückgefahren werden können. Sollte es sich um eine einzelne Einrichtung handeln, werden sich die verschärften Maßnahmen auf diese Einrichtung beschränken.

„Unser Landkreis wird sich nicht in Quarantäne begeben“, erklärt Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU), wie die „Welt“ schreibt. Sie betont: „Wir haben zu jeder Zeit die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts konsequent umgesetzt.“

Der Krisenstab des Landkreises Greiz wird nun die für den 12. Mai erwarteten Empfehlungen der Task Force des Gesundheitsministeriums Thüringen abwarten und danach über weitere Maßnahmen entscheiden.

Zeitlicher Rückblick: Winterurlaub in Tirol

Ende Februar und Anfang März, also vor jeglichen Ausgangsbeschränkungen, gab es im Landkreis einige große Familienfeiern, wobei zuvor einige Gäste im Winterurlaub in Tirol waren.

„Sie waren infiziert, ohne dass sie Symptome gehabt haben, und sie haben das Virus dann unbemerkt weitergetragen. Einer dieser Geburtstagsgäste hat dann seine krebskranke Mutter im Krankenhaus auf der Palliativstation besucht und sie unwissentlich infiziert. Die Infektion bei ihr wurde am Freitag, 13. März, festgestellt. Das war unser erster positiv getesteter Corona-Fall“, zitiert die „Welt“ Frau Schweinsburg.

Am 17. März begannen die Ausgangsbeschränkungen.

Hinterher ist man immer schlauer, aber was ich im Nachhinein nicht für besonders glücklich halte, ist, dass wir Kontaktpersonen ohne Symptome nicht testen durften.“

Damals galt die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, nur Personen mit typischen Corona-Symptomen zu testen. Dass medizinische und Pflegeeinrichtungen betroffen waren, erklärt sich auch damit, dass von den Gästen der Familienfeiern einige im sozialen Bereich arbeiten.

Neben den Pflegeeinrichtungen entwickelte sich eine Dialyseeinrichtung in Gera zu einer Infektionsquelle. Am 16. April forderte die Landrätin daher systematische Flächentests in den Einrichtungen – allerdings galt damals noch die Regel des RKI, „dass erst ein Hausarzt Symptome festgestellt haben musste, ehe ein Test angefordert werden konnte“.

Den gesunden Menschenverstand nutzen

Tags darauf änderte das RKI seine Empfehlung und das Gesundheitsamt bereitete die Testungen vor. Zehn Tage später gab es die benötigten Kapazitäten und es wurden vom 1. bis 3. Mai 855 Personen in sechs Pflegeeinrichtungen getestet, davon waren 47 positiv. 29 von diesen sind Bewohner und 18 sind Mitarbeiter der Einrichtungen.

RKI-Chef Wieler sagte während der Pressekonferenz am 5. Mai auf Anfrage der Epoch Times, dass er im Landkreis Greiz durch die Massentests zwar viele, aber weniger SARS-CoV-2-positive Ergebnisse erwarte. Dennoch seien diese Untersuchungen wichtig, um Infizierte zu ermitteln, die noch keine Symptome haben. „Dort kann man dann schneller die Infektketten brechen.“

Von denjenigen, die im Landkreis Greiz mit oder an Corona starben, waren die Hälfte Bewohner von Pflegeheimen mit multiplen Vorerkrankungen, teilte der Landkreis mit.

Besuchsverbot in den betroffenen sozialen Einrichtungen gilt

„In den betroffenen Einrichtungen werden wir das Besuchsverbot aufrechterhalten. Außerhalb dieser Einrichtungen haben wir in der Fläche des Landkreises ein ganz normales Infektionsgeschehen wie in anderen Landkreisen auch“, erklärt die Landrätin. Schon am 30. März sagte sie:

Die schärfste Waffe ist unser gesunder Menschenverstand, nutzen wir diese Waffe und lassen uns nicht verrückt machen.“

Für sie ergebe es keinen Sinn, den ganzen Landkreis unter „Quarantäne zu stellen, während in der Nachbarschaft alles geöffnet wird“. Es werde weiterhin getestet. Die Schwerpunkte legt der Landkreis darauf, auch die negativ Getesteten weiterhin zu testen. „Dabei erhalten wir Unterstützung durch die Bundeswehr, 1700 Tests pro Woche sind ja auch eine Herausforderung.“

Ihr wäre wichtig: „Man müsste noch viel mehr obduzieren, um den Todesursachen auf den Grund zu kommen.“ (ks)



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