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Gemeinnützige Beschäftigung

Peine führt Arbeitspflicht für Asylsuchende ein - Kreistag überstimmt skeptischen Landrat

Der Landkreis Peine in Niedersachsen hat als erste Kommune des Bundeslands eine Arbeitspflicht für Asylsuchende beschlossen. Künftig sollen Flüchtlinge gemeinnützige Tätigkeiten ausüben – etwa in Tierheimen oder Tafeln. Die Entlohnung liegt bei 80 Cent pro Stunde. Während die CDU auf Integration und Beschäftigung verweist, warnt der Landrat vor Bürokratie und hohen Kosten.

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Geflüchtete aus der Ukraine sitzen in einer Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Peine.

Foto: Moritz Frankenberg/dpa

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Lesedauer: 5 Min.


In Kürze:

  • Peine ist die erste Kommune in Niedersachsen mit Arbeitspflicht für Asylsuchende
  • CDU, FDP und AfD stimmten gemeinsam zu – Landrat Heiß äußerte Bedenken
  • Betroffene sollen gemeinnützige Tätigkeiten für 80 Cent pro Stunde verrichten
  • Kritiker sprechen von Ausbeutung, Befürworter von Integrationschance

 
In Peine hat der Kreistag zu Beginn der Woche mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD beschlossen, eine Arbeitspflicht für Asylsuchende vorzusehen. Dies geht aus einem Bericht der „Hannoverschen Allgemeinen“ (HAZ) hervor. Landrat Henning Heiß hatte sich zuvor gegen einen solchen Schritt ausgesprochen. Da zwölf Kreistagsmitglieder bei der Abstimmung nicht anwesend waren, kam dennoch eine Mehrheit für diese Maßnahme zustande.
Damit ist Peine die erste Kommune in Niedersachsen, die von der entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch macht. Flüchtlinge sollen demnach künftig verpflichtend gemeinnütziger Arbeit in Einrichtungen wie Tierheimen oder der Tafel nachgehen. Als Entschädigung ist dafür ein Betrag von 80 Cent pro Stunde vorgesehen.

Landrat fürchtet mehr Kosten als Nutzen für Peine durch Arbeitspflicht

Wie der NDR berichtet, soll die Verwaltung nun ein Konzept erarbeiten, um das Gesetz in einer auf die Bedürfnisse des Landkreises angepassten Form umzusetzen. Der Landrat hatte zuvor mitteilen lassen, dass allein der Verwaltungsaufwand für eine Zumutbarkeitsprüfung nicht im Verhältnis zum erwartbaren Nutzen stünde.
Derzeit hielten sich im Landkreis 850 Schutzsuchende auf, von denen mehrere hundert minderjährig, alleinerziehend, in Integrationskursen oder bereits erwerbstätig seien. Diese kämen für eine Heranziehung zur gemeinnützigen Arbeit gar nicht erst in Betracht. Die Umsetzung der Maßnahme koste den Landkreis im Jahr bis zu 250.000 Euro, hieß es weiter.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Christoph Plett hingegen hält die Bedenken für übertrieben. Zudem verweist er auf das Integrationspotenzial, das die Maßnahmen mit sich brächten. In einigen ostdeutschen Landkreisen praktiziere man dieses Modell bereits seit dem vergangenen Jahr. Die Erfahrungen dabei seien positiv.

Erste Erfahrungen mit der Arbeitspflicht überwiegend positiv

Einer Recherche der „Welt“ zufolge machten dort, wo es Arbeitspflichtbeschlüsse gibt, neben Städten und Gemeinden auch Vereine oder Sozialverbände von der Option Gebrauch. Voraussetzung für die Heranziehung von Asylsuchenden ist, dass die gemeinnützige Arbeit keine regulären Arbeitsplätze oder Aufträge gefährdet.
Der erste Landrat, der die Arbeitspflicht für Asylsuchende eingeführt hatte, war Christian Herrgott im Saale-Orla-Kreis. Ein weiteres Beispiel ist der Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt. Dort hat Landrat Götz Ulrich veranlasst, dass Flüchtlinge oder Geduldete mehrere Stunden im Monat für 80 Cent Stundenlohn gemeinnützige Arbeiten erledigen können. Grundlage ist jeweils das 2023 zu diesem Zweck geänderte Asylbewerberleistungsgesetz.
In beiden Fällen wird von einem positiven Effekt gesprochen. Für die Betroffenen seien die Tätigkeiten eine willkommene Abwechslung im eintönigen Alltag innerhalb der Gemeinschaftsunterkunft. Zahlenmäßig hält sich die Bedeutung der Maßnahmen jedoch in Grenzen. Im Juli 2024, als die „Welt“ recherchierte, waren in beiden Landkreisen jeweils 96 Personen in solche gemeinnützigen Tätigkeiten vermittelt worden. Die größere Zahl der dort befindlichen Asylsuchenden scheide aufgrund gesetzlicher Hindernisse für eine Heranziehung aus.
Bislang gibt es Vorstöße dieser Art deutschlandweit erst in wenigen Regionen. Weitere Beispiele sind der Landkreis Greiz in Thüringen, in Sachsen-Anhalt gibt es ein Pilotprojekt im Landkreis Mansfeld-Südharz sowie in der Stadt Halle an der Saale. Einige Pilotprojekte sind in Sachsen geplant, Vorbereitende Gespräche gibt es unter anderem in Bayern.

Pro Asyl sieht Vorstoß als „rassistisch“ – IAB verweist auf reguläre Arbeit

Kritik an den Bestrebungen zur Schaffung einer Arbeitspflicht üben Flüchtlingsräte oder Vereine wie Pro Asyl. Der flüchtlingspolitische Sprecher der Vereinigung, Tareq Alaows, nannte Anfang 2024 die Beweggründe hinter dem Vorhaben „rassistisch und menschenverachtend“. Es werde damit suggeriert, dass „Geflüchtete arbeitsunwillig seien, die man jetzt zur Arbeit unter ausbeuterischen Verhältnissen zu 80 Cent pro Stunde verpflichten müsse“. Tatsächlich dürften viele davon gar nicht arbeiten.
Was den größten Teil der 2015 nach Deutschland gelangten Asylsuchenden anbelangt, haben sich deren Beschäftigungsquoten mittlerweile „weitgehend dem Niveau des Bevölkerungsdurchschnitts in Deutschland angenähert“. Dies geht aus einer jüngst veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) hervor. 64 Prozent der 2015 eingereisten Flüchtlinge zwischen 15 Jahren und dem Renteneintrittsalter seien abhängig beschäftigt. In der Gesamtbevölkerung liege der Referenzwert bei 70 Prozent.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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