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Zwischenergebnisse der „Zukunftspakt Pflege“

Pflegereform: So steht es um die Pläne von Bund und Ländern

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ hat erste Ergebnisse auf dem Weg zu einer grundlegenden Reform der Sozialen Pflegeversicherung vorgelegt. Ziel ist ein verlässliches, bezahlbares und verständliches System, das pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen langfristig Sicherheit bietet. Bis Dezember sollen konkrete Reformvorschläge folgen.

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Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will die Pflegeversicherung reformieren. (Archivfoto)

Foto: Soeren Stache/dpa

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Lesedauer: 5 Min.


In Kürze:

  • Erste Zwischenergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ vorgestellt
  • Pflegegrade bleiben – kein Aus für Pflegegrad 1
  • Fokus auf Stärkung der häuslichen Pflege und Entlastung von Angehörigen
  • Reformvorschläge zur Begrenzung der Eigenanteile bis Dezember 2025 erwartet
  • Leistungsrecht soll vereinfacht werden

 
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ hat am Montag, 13. Oktober, die ersten Zwischenergebnisse ihrer Fachgruppen zur Pflegereform präsentiert. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) und die zuständigen Länderminister trafen sich dazu im Wege einer digitalen Sitzung.
Mit der geplanten Reform planen Bund und Länder, eine langfristige Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung abzusichern. Warken sprach von einem „überfälligen“ Vorhaben. In einer Erklärung heißt es, dies setze eine „gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern“ voraus. Allerdings müssten auch stetige Beitragssteigerungen und Mehrbelastungen verhindert werden.
„Zur Effizienzsteigerung müssen die Potenziale in der Versorgung stärker gehoben werden und die Wirkung bisheriger Leistungen auf den Prüfstand“, sagte die Ministerin.

Pflegegrad 1 zuletzt ins Visier einer Grundsatzdebatte gelangt

Zuletzt hatte es Irritationen innerhalb der Koalition gegeben, weil Politiker der Union und Vertreter von Wirtschaftsverbänden einen Fortbestand des Pflegegrads 1 infrage stellten. Ein solcher Schritt würde jährlich 1,8 Milliarden Euro einsparen, äußerte Benedikt Hüppe von den Unternehmerverbänden Niedersachsen Ende September.
Der 2017 eingeführte Pflegegrad, der vorwiegend leichtere Fälle von Bedürftigkeit abdeckt, sei „Haupttreiber der Kostenexplosion in der Pflegeversicherung“. Gleichzeitig sei er bürokratisch und sichere keine echten Pflegeleistungen. Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann meinte mit Blick auf den Pflegegrad 1, es dürfe „keine Denkverbote“ geben.
SPD und Sozialverbände sprachen sich vehement gegen ein Ende des Pflegegrads aus. Fraktionschef Matthias Miersch betonte, man werde „die Angehörigen von Demenzkranken nicht im Regen stehen lassen“. Michaela Engelmeier vom Sozialverband Deutschland verwies darauf, dass 86 Prozent aller Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt werden. Der Pflegegrad 1 ermögliche diesen unter anderem Zuschüsse für Pflegehilfsmittel und Wohnraumanpassung sowie kostenlose Pflegekurse.

Länder wollen Entlastung bei versicherungsfremden Leistungen

Ein Aus für Pflegegrad 1 ist offenbar vorerst vom Tisch. Stattdessen wolle man im Zusammenhang mit dem niedrigsten Pflegegrad präventive Angebote stärker fördern, um Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern. Die Pflegegrade als solche bleiben bestehen, man wolle jedoch das Leistungsrecht vereinfachen und das Begutachtungsinstrument überprüfen.
Am Charakter der Pflegeversicherung als Teilleistungssystem auf Grundlage des Umlageprinzips beabsichtigt die Bund-Länder-Arbeitsgruppe festzuhalten. Ziel ist es jedoch, die zuletzt stetig steigenden Eigenanteile zu begrenzen. Generell sollen Facharbeitsgruppen bis Ende Dezember 2025 konkrete Vorschläge zur Dämpfung der Kosten und Verringerung der Eigenanteile erarbeiten.
Die Länder wollen vor allem bei den versicherungsfremden Leistungen erreichen, dass der Bund diese künftig aus Steuermitteln trägt. Zu solchen Leistungen können Absicherungsleistungen für pflegende Angehörige oder bei der stationären Pflege von Menschen mit Behinderungen gehören. Aber auch Maßnahmen im Zusammenhang mit gesamtgesellschaftlichen Aufgaben wie Corona-Tests oder Pflegeboni in der Zeit der Pandemie können darunter fallen.

Stärkung der häuslichen Pflege als Konsens

Zu den weiteren Punkten, die diskutiert wurden, gehörte auch die Weiterentwicklung des Pflegevorsorgefonds, um die Beitragssätze langfristig zu stabilisieren.
Bis 2027 wolle man zudem mögliche sektorenübergreifende Budgets prüfen. Hier geht es um eine Bündelung von Leistungen, unabhängig von stationären oder ambulanten Bereichen.
Pflegebedürftige sollen leichter verständliche und besser koordinierte Beratungsoptionen erhalten. In Akutsituationen, wenn pflegende Angehörige ausfallen, soll die Versorgung schneller sichergestellt sein.
Die Länder pochen auch auf eine Konkretisierung ihrer Verantwortung mit Blick auf Pflegeeinrichtungen und Infrastruktur. Bis Ende des Jahres sollen die Fachgruppen weiterarbeiten.
Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) betonte am Rande der Konferenz, eine gute Pflege dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen. Sie wolle den Schwerpunkt auf die ambulante Pflege legen. Es sei eine gerechtere Finanzierung erforderlich, um vielen Menschen eine „würdevolle Versorgung im Alter“ in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen.
Die Wichtigkeit einer Stärkung der häuslichen Versorgung unterstrich auch Minister Karl-Josef Laumann (CDU) aus NRW. Er plant, die Leistungen der Pflegeversicherung „noch einmal genau in den Blick“ zu nehmen. Seit der Einführung der Pflegegrade 2017 sei das Leistungsrecht immer komplizierter geworden – und für viele Pflegebedürftige kaum noch durchschaubar.
Ende des Jahres plant die Runde, noch einmal zu tagen.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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