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Politisch korrete Umbenennung

„Wir haben gewonnen“: Fünfjähriger Streit um die Umbenennung der Berliner Mohrenstraße beendet

Nach fünf Jahren juristischer und politischer Auseinandersetzungen trägt die Berliner Mohrenstraße seit heute offiziell den Namen Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Damit endet vorerst ein Streit, der zu einem der bundesweit sichtbarsten Kulturkämpfe um Sprache, Erinnerung und politische Korrektheit geworden war.

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Symbolpolitik oder notwendiger Schritt? Für die einen ist die Umbenennung ein überfälliger Akt gegen Rassismus, für andere Ausdruck politischer Bevormundung. W

Foto: privat

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Lesedauer: 5 Min.

„Wir haben gewonnen!“, sagte die Grüne Berliner Bezirksmeisterin von Berlin-Mitte unter dem Applaus von ungefähr 500 Versammelten, die am Samstag zur Umbenennung der Mohrenstraße in Berlin-Mitte gekommen waren. Nach jahrelangem politischen und rechtlichem Streit wurde die Berliner Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umbenannt. 
Der neue Name soll einen Afrikaner ehren, der im frühen 18. Jahrhundert im heutigen Ghana (Westafrika) geboren wurde, als Kind nach Deutschland verschleppt und hierzulande zum ersten bekannten Philosophen und Rechtswissenschaftler afrikanischer Herkunft wurde.

Juristischer Showdown und Streit um Erinnerungskultur

Bis zum Freitagabend war unklar, ob die Umbenennung tatsächlich stattfinden würde: Das Berliner Verwaltungsgericht hatte einem Eilantrag eines Anwohners stattgegeben und den Namenswechsel vorläufig gestoppt. Erst nachdem der Bezirk Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) eingelegt hatte, fiel wenige Stunden vor der geplanten Feier die Entscheidung zugunsten der Umbenennung. Epoch Times berichtete. 
Der Bezirk Mitte beschloss bereits 2020 die Umbenennung. Begründung: Der Begriff „Mohr“ sei historisch belastet, heute eindeutig rassistisch konnotiert und nicht mit einer weltoffenen Hauptstadt vereinbar. Gegner hielten dagegen: Zum Zeitpunkt der Benennung im 18. Jahrhundert sei der Begriff nicht beleidigend gemeint gewesen, sondern eher eine wertneutrale Bezeichnung für Menschen aus Afrika, wie unter anderem der Historiker Ulrich van der Heyden betonte und in mehreren Publikationen darlegte, und damit im Einklang mit der Argumentation der Initiative Pro Mohrenstraße stand.

Muss das „M-Wort“ weg, weil es abfärbt?

Deren Vorsitzender Bodo Berwald argumentierte gegen die Umbenennung, dass der Begriff „Mohr“ im ausgehenden 17. Jahrhundert „in der deutschen Sprache neben ‚Maure‘ die einzige und wertfreie Herkunftsbezeichnung für Menschen außerhalb Europas“ gewesen sei. Straßennamen müssten im Kontext des Benennungszeitraums gesehen und dürften nicht ahistorisch mit heutigen Maßstäben beurteilt werden. Die „taz“ weist außerdem darauf hin, dass es zur damaligen Zeit als Ehrung gemeint worden sein könnte, dass es eine „M-Straße“ gab. Außerdem habe „Amo das M-Wort selbst verwendet“.
Die Gegenargumentation der Nachbarschaftsinitiative Anton-Wilhelm-Amo-Straße führt das Bezirksamt Mitte unter der Rubrik „Erinnerungskultur“ auf: Demnach schade der Name „M*straße (…) dem Ansehen der dort ansässigen Institutionen, da die negativen Konnotationen des Begriffs über Briefköpfe und Signaturen auf die Institutionen abfärben würden“.
Diese müssen jetzt Adressen und eben auch ihre Briefköpfe aktualisieren, auch Anwohner haben administrativen Aufwand und müssen ihre Meldeanschrift in Personalausweisen, Fahrzeugpapieren & Co. ändern – dieses ist ab dem 15. September 2025 im Bürgeramt möglich. Während man in der Hauptstadt sonst oft lange Zeiträume auf einen solchen Termin warten muss, geht es dieses Mal ohne Terminvereinbarung. Auch Kfz- oder Fahrzeugpapiere werden kostenlos angepasst. Die neuen Straßenschilder werden bereits seit dem 22. August installiert; die alten bleiben sechs Monate als Orientierungshilfe erhalten.
Der Streit war spätestens im Oktober 2021 eskaliert, als das Bezirksamt Mitte und die Anwohner offen aneinander gerieten. Offizielle Beschwerden stapelten sich beim Bezirk – doch sie wurden ausnahmslos abgewiesen und die Einwände ignoriert. Für die Anwohner war das Signal eindeutig: Ein Mitspracherecht war unerwünscht. Sie sahen den Rechtsweg als ihre einzige Option. So verwandelte sich ein lokaler Namensstreit, den das Berliner Magazin Berliner-Leben.de als „Politischer Wille gegen Bürgerbeteiligung“ bezeichnet, unvermittelt zur „Causa Mohrenstraße“, die bis heute Schlagzeilen über die Bezirksgrenzen hinaus produziert. 

Totschlagargument Rassismus

Politisch entschied ein einziges Argument: „Mohr“ sei im Kern rassistisch und beschädige das Ansehen Berlins. „Ein Vorwurf, gegen den in Zeiten strenger politischer Korrektheit kaum jemand durchdrang“, schreibt das Magazin. Insofern sei abzusehen gewesen, „dass die Klagen der Anwohner letztlich auch vor Gericht, das den politischen Willen ‚verwaltungstechnisch‘ zum Gesetz machen muss, per se erfolglos sein würden“.
Schon eine Musterklage von prominenter Seite war gescheitert. Der Historiker Götz Aly, ein renommierter Professor, der sich eingehend mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus und des Kolonialismus befasst, betonte darin: Geschichte müsse jenseits aktueller Moralvorstellungen bewertet werden. Für ihn war die ursprüngliche Namensgebung weder diskriminierend noch abwertend, sondern sogar als Anerkennung gemeint. Geschichte mit heutigen moralischen Kategorien zu vermessen, sei – so Aly – nicht nur methodisch fragwürdig, sondern anmaßend. Die Maxime des Berliner Zeithistorikers, der sich der Erforschung des Nationalsozialismus, des Holocaust und des Antisemitismus verschrieben hat, im Umgang mit Geschichte lautet jedoch: „Die Vergangenheit nicht bewältigen, sondern vergegenwärtigen.“
Lydia Roeber hat sich schon ihr Studium an der FU Berlin mit Texten verdient und lange als Fernsehjournalistin gearbeitet. Früher als Reisejournalistin tätig, nimmt sie sich heute bevorzugt die drängenden gesellschaftlichen Themen bei Epoch Times vor – von Transhumanismus über digitale Kontrolle bis zum Bildungsnotstand.

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