Woher kamen Spahns Millionen für die Luxusvilla?

Rätselraten um Finanzierung. Die angebliche Erbschaft des Ehemanns wurde als Erfindung entlarvt. Der Ex-Minister spricht von Vermögen aus Spekulationserträgen.
Titelbild
Jens Spahn (rechts) und sein Mann Daniel Funke.Foto: Getty Images/Alexander Hassenstein
Von 29. November 2022


Im besten Fall geht die Rechnung auf: Man kauft sich vom Ersparten eine Immobilie und verkauft sie nach einiger Zeit gewinnbringend. Der Erlös fließt dann in die nächste Wohnung oder auch in ein Haus. Und hier dasselbe Spiel: Die Preise klettern weiter, ein Verkauf lohnt sich erneut.

Und so kann man das Spiel weitertreiben, bis das Geld für eine Luxusvilla zusammen ist. So ist es beim Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn gelaufen, der sich vor zwei Jahren gemeinsam mit seinem Mann Daniel Funke für rund 4,6 Millionen Euro einen kleinen Palast in bester Berliner Wohnlage im Stadtteil Dahlem gekauft hat.

Das behauptete der CDU-Politiker jedenfalls kürzlich in der Talkshow „Chez Krömer“. Geholfen haben sollte auch eine Erbschaft Funkes, doch die entpuppte sich als Erfindung, wie der „Spiegel“ berichtete.

Vollfinanzierung für 4,6 Millionen teure Immobilie

Die Finanzspritze, die beim Abschluss eines Kreditvertrags über eine Vollfinanzierung der Immobilie geholfen haben soll, stammte angeblich aus dem Nachlass von Funkes 2019 verstorbenem Vater Thomas Funke. Die Raiffeisenbank Attersee in Österreich verwaltete ein größeres Vermögen für Daniel Funke.

Der „Spiegel“ forschte nach und fand heraus, dass es die üppige Erbschaft, die angeblich den Kredit absicherte, nicht gab. Das hatte zuvor die „Zeit“ behauptet, die der „Spiegel“ zitierte. Ein Vertrauter Spahns hätte auf Anfrage bestätigt, dass der üppige Nachlass ins Reich der Legenden gehört.

Damit konfrontiert, dementierten Spahn und Funke und behaupteten, nie etwas in diese Richtung angegeben zu haben. Doch die „Zeit“ bleibt bei ihrer Aussage. Eine Erbschaft soll es gegeben haben, das sei sogar mehrfach gesagt worden.

Sparkasse als Hauptgläubiger

Nun stelle sich die Frage, woher das Geld kam, wenn es kein Erbe gab.  Das Anwesen in der Dahlemer Villenkolonie – exakt 100 Jahre alt, mit 285 Quadratmeter Wohnfläche und 1.300 Quadratmeter Grundstück – kostete inklusive Maklercourtage und Grunderwerbssteuer 4,6 Millionen Euro. Laut Grundbuch ist Spahn zu zwei Drittel, sein Partner zu einem Drittel Eigentümer.

Das Geld liehen sich die neuen Eigentümer laut „Spiegel“ offenbar fast vollständig. Am 27. Juli 2020 ließ die Provinzial-NordWest-Versicherung am Amtsgericht Berlin-Schöneberg eine Grundschuld zu ihren Gunsten über 313.000 Euro auf die Immobilie eintragen. Die Sparkasse Westmünsterland war am selben Tag aktiv und ließ 1,75 Millionen Euro Grundschuld eintragen.

Spahn wuchs in Ahaus im Westmünsterland auf. Dort ist auch sein Wahlkreis. Etwa fünf Jahre saß Spahn, selbst gelernter Bankkaufmann, im Verwaltungsrat der Sparkasse, die ihm nun den Kredit gewährte. Der Ex-Minister habe den Vertrag zu den üblichen Konditionen abgeschlossen. Einen Rabatt habe er nicht bekommen, betonte das Gremium.

Darlehen von österreichischer Sparkasse zurückgezogen

Am Freitag, 14. August 2020, stellte eine Vertreterin des Notars, der den Kauf abwickelte, eine weitere Urkunde aus und sandte sie ans Gericht. Eine dritte Grundschuld – inzwischen über zwei Millionen Euro – sollte für die Raiffeisenbank Attersee-Süd im Salzkammergut eingetragen werden.

Noch am selben Tag berichtete das Nachrichtenportal „Business Insider“ über den Villenkauf. Knapp drei Tage später nahmen Spahn und Funke davon Abstand, sich das Geld in Österreich zu leihen.

Denn am Montag, 17. August 2020, zog die Notarin den Antrag auf Eintrag des Attersee-Darlehens zurück. Vier Tage später übernahm die Sparkasse Westmünsterland die Grundschuld in Höhe von jetzt sogar 2,5 Millionen Euro. Insgesamt sprang die Bank nun mit 4,25 Millionen Euro Kredit ein.

Rätselhafte Entscheidungen übers Wochenende

Die Entscheidung gegen das österreichische Kreditinstitut sei auf Anregung der Sparkasse gefallen, so der „Spiegel“ weiter. Es werde sonst zu kompliziert. Eine seltsame Begründung für eine Bank, die ein finanzielles Risiko trägt, wenn der Schuldner nicht mehr zahlen kann oder die Immobilie bei einer Zwangsversteigerung unter dem früheren Wert weggeht.

Rätselhaft sei auch, dass alle diese Entscheidungen über das arbeitsfreie Wochenende gefallen sein sollen. Die Sparkasse hüllt sich jedenfalls in Schweigen und beruft sich auf das Bankgeheimnis.

Spahns Ehemann Garant für den Kreditgeber

Es habe aber den Anschein, dass alles ordentlich abgesichert sei. Und zwar durch ein Vermögen von Daniel Funke. So habe es der Sparkassenvorstand seinem Verwaltungsrat im Münsterland knapp ein Jahr später berichtet.

Obwohl einige Stellen in der Präsentation geschwärzt gewesen seien, war die Botschaft laut einem Verwaltungsratsmitglied eindeutig: Der Ehemann von Spahn sei der Garant für die Sparkasse, die Absicherung liege in Österreich.

Der Minister und die Maskengeschäfte

Nach den ersten Meldungen über den Villenkauf war vor allem der Minister unter Beschuss geraten. Viele stellten sich die Frage, wie er sich ein solches Luxusdomizil leisten konnte. Es war die Zeit der Maskendeals.

Spahn, damals Gesundheitsminister, ließ für Milliardenbeträge Schutzmasken bestellen. Oft unter dubiosen oder chaotischen Umständen, wie der „Spiegel“ schreibt. Spahn machte keinen Hehl daraus, dass er gerne Geschäfte mit guten Bekannten abwickelte und mischte auch bei den Preisverhandlungen persönlich mit.

Das weckte Argwohn, zumal der CDU-Politiker schon mal in den Verdacht „klebriger Geschäfte“ geraten war, wie der „Spiegel“ schreibt.  Während seiner Zeit als Staatssekretär im Finanzministerium stieg er privat mit Anteilen bei einer Firma für Steuersoftware ein. Als Obmann im Gesundheitsausschuss war er an einer Lobbyfirma beteiligt, die auch für Kunden aus dem Gesundheitswesen arbeitete.

Spahn: Es hat alles seine Ordnung

Einzelheiten zur Finanzierung der Villa wollte Spahn nicht mitteilen, habe aber versichert, dass alles seine Ordnung habe. Im Mai 2021 meldete dann die „Zeit“, dass ursprünglich die Raiffeisenbank Attersee-Süd die Finanzierungslücke für die Villa hatte schließen sollen. Die Bank verwalte eine Erbschaft Funkes, hieß es im Artikel, den die Villenbesitzer nicht dementierten. Die „Zeit“ hatte für die Recherche einen Journalisten nach Österreich geschickt.

An dem Vermögen sei nichts Verdächtiges, betonten Spahn und Funke und hielten die Mär von der Erbschaft noch aufrecht. Es sei Funkes Geld, und schon gar nicht handele es sich um ein Vermögen aus zweifelhaften Geschäften. Warum dann allerdings die Villa zu zwei Dritteln Spahn gehört, ist bislang ungeklärt.

Funkes Vater hatte mit Österreich „nichts am Hut“

Daniel Funkes Eltern lebten in Krautheim. Eine 5.000-Einwohner-Gemeinde zwischen Heilbronn und Rothenburg ob der Tauber in Baden-Württemberg. Thomas Funke war Lehrer für Technik und Sport an einer Hochschule. Sein Einkommen schätzt ein ehemaliger Kollege auf 3.500 Euro netto. „Das war kein reicher Mann“, zitiert der „Spiegel“ den Ex-Kollegen. Funkes Vater hatte es zu einem Einfamilienhaus gebracht, das er nach dem Tod seiner Frau verkaufte. Er erwarb dafür eine Wohnung in Würzburg, um in der Nähe seiner neuen Lebensgefährtin zu sein. Nach seinem Tod sei seine Hinterlassenschaft zwischen Spahns Partner und dessen Schwester aufgeteilt worden. Und mit Österreich habe Thomas Funke „nichts am Hut gehabt“.

Größere Teile des Einkommens angelegt

Später erklärte Spahn, dass er, der gelernte Bankkaufmann, „größere Teile seines Einkommens“ über zwei Jahrzehnte in Wertpapiere und Immobilien angelegt habe. Die seien im Wert gestiegen. „Bauspar- und Altersvorsorgeguthaben“ hätten er und sein Mann als Sicherheit für die Villa eingesetzt. Des Weiteren seien Wertpapiere hinzugekommen, die bei der Sparkasse Westmünsterland und dem Sparkassen-Deka-Fonds gelegen hätten. Letztlich hätten sie für die Villa noch den Kreditrahmen bei anderen Immobilien, die ihnen gehörten, höher ausgereizt.

 



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