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Gesundheitspolitik

Zuckersteuer und Mindestalter für Energydrinks - Ablehnung in CDU-Kreisen für Daniel Günthers Forderungen

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) folgt mit seiner jüngsten Forderung nach Einführung einer Zuckersteuer und einem Mindestalter zum Konsum von Energydrinks einem Vorschlag der Grünen, den auch die SPD unterstützt. CDU-Vertreter im Bundestag und in manchen Landesverbänden sprechen sich dagegen aus.

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Aus Schleswig-Holstein kommt ein politischer Vorstoß, den Konsum von zuckerhaltigen Getränken mit einer Zuckersteuer und einem Mindestkonsumalter für Energydrinks zu minimieren.

Foto: Annette Riedl/dpa

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Lesedauer: 8 Min.


In Kürze:

  • Der CDU-Landesverband Schleswig-Holstein wagt einen Vorstoß zur Einführung einer Zuckersteuer.
  • Die Entscheidung soll erst auf dem CDU-Bundesparteitag im Februar 2026 fallen.
  • Es kommt Gegenwind aus weiten Teilen der CDU, die AfD ist auch dagegen.
  • Es gibt Befürworter in den Reihen der SPD und der Grünen.

 
Die CDU in Schleswig-Holstein schlägt vor, eine Zuckersteuer bundesweit einzuführen.
In seiner „Rendsburger Erklärung zur Kinder-, Jugend- und Familienpolitik“ forderte der nördlichste CDU-Landesverband unter anderem „die Einführung einer Verbrauchssteuer auf Getränke mit hohem Zuckeranteil, um den Zuckerkonsum zu reduzieren, [sowie] den Verkauf von Energydrinks erst ab 16 Jahren“.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) plant nach Angaben des NDR, das Vorhaben auf dem nächsten Bundesparteitag am 20. Februar 2026 in Stuttgart zur Debatte zu stellen.

Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, will den Gesundheitsschutz speziell von Kindern und Jugendlichen mit höheren Preisen für süße Getränke und einem Mindestalter für den Verzehr von Energydrinks verbessern.

Foto: via dts Nachrichtenagentur

Grünenfraktion in Kiel verweist auf positives Vorbild Großbritannien

Der Koalitionspartner in Kiel segnete den Vorschlag am vergangenen Dienstag ebenfalls ab: Jasper Balke, der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, erklärte per Pressemitteilung, er freue sich „über den Kurswechsel der CDU“. Die Grünen hätten eine Zuckersteuer „nach britischem Vorbild“ bereits Mitte 2024 verlangt. Es handele sich um ein „Erfolgsmodell“, so Balke:
„Die Einführung einer Zuckersteuer spart wissenschaftlich belegt in unserem Gesundheitssystem nicht nur Kosten ein, sondern erwirtschaftet auch Mittel für den Staatshaushalt. Großbritannien hat allein durch die Zuckersteuer im Jahr 2022/2023 über 400 Millionen Euro eingenommen.“
Die zu erwartenden Zusatzeinnahmen in Deutschland sollten nach Balkes Meinung „gezielt dazu genutzt werden, das Präventionsgesetz auf Bundesebene zu novellieren und durch die neu vorhandenen Mittel aufzustocken, um präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen gesetzlich zu verankern“.

Rendsburger Erklärung: „Ein Weg zur Reduktion von Adipositas“

Die schleswig-holsteinischen Christdemokraten um ihren Ministerpräsidenten Günther hatten sich mit Bundesfamilienministerin Karin Prien, zugleich Vizevorsitzende des dortigen CDU-Landesverbands, vergangene Woche auf einer Klausurtagung in Rendsburg auf neue Ideen für eine „Weiterentwicklung der Familien- und Sozialpolitik“ geeinigt – pünktlich zum sogenannten Weltkindertag am 20. September.
Laut der Erklärung könnte eine Zuckersteuer demnach „ein Weg zur Reduktion von Adipositas“ sein:
„In anderen Ländern wurde erfolgreich gezeigt, dass dadurch der Zuckergehalt in Lebensmitteln und Getränken sichtbar gesunken und somit auch die Aufnahme gesunken ist.“
Mit der Altersgrenze für Energydrinks erhofft sich der CDU-Landesverband in Kiel zudem positive „Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf- und Nervensystem“. Dazu passt auch das ebenfalls in Rendsburg verabschiedete Bekenntnis, „die Bewegungs- und Sportangebote in Kitas und Schulen zu stärken“.

Familienministerin Prien im Bundestag auf verlorenem Posten?

Befürworterin Prien fehlt es bislang allerdings offenbar am Rückhalt aus der Bundestagsfraktion der Union: Nach Informationen der „Welt“ lehnen die Abgeordneten sowohl eine neue Steuer als auch ein gesetzliches Mindestalter für den Konsum von Energydrinks ab.
Sie würden lieber eine bessere Förderung des Breitensports sehen. Das sei „viel zielführender“, wenn man die „Komplexität der Ernährung und die verschiedenen Ursachen der Entstehung von Übergewicht und Adipositas“ nicht außen vor lassen wolle, hat Johannes Steiniger, Ernährungsexperte in der Unionsfraktion, zum Ausdruck gebracht.
Von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) war zum Vorstoß mit der Zuckersteuer bis jetzt öffentlich wenig zu vernehmen.

Gegenwind auch aus Landesverbänden der Union

Eine Sprecherin des CDU-Landesverbands Rheinland-Pfalz hat ebenfalls Bedenken gegen eine Zuckersteuer und eine Altersgrenze für Energydrinks vorgebracht: „Der Vorschlag der Nord-CDU greift zu kurz und wird nicht den vielfältigen Ursachen von Übergewicht und Adipositas gerecht“, zitiert sie die „Welt“.
Widerstand kam auch aus den Reihen der CDU-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern: „Das Ziel darf nicht lauten, eine neue Steuer einzuführen, das Ziel muss sein, dass Menschen gesünder leben und damit auch weniger Kosten im Gesundheitssystem verursachen“, so Gesundheitspolitikerin Katy Hoffmeister.

SPD-Fraktion sagt Ja zur Zuckersteuer: „Wirksames Instrument“ zum Schutz junger Leute

Bei der SPD-Fraktion im Bundestag würden die Bundesfamilienministerin und die Nord-CDU allerdings wohl offene Türen einrennen. So sehe dies nach „Welt“-Informationen etwa Svenja Stadler, Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat, so. Ihre Fraktion sei „überzeugt, dass eine Zuckersteuer ein wirksames Instrument“ sei, „um den Zuckergehalt in Getränken zu senken und Kinder sowie Jugendliche besser zu schützen“. Denn „freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie“ hätten „nicht zu den notwendigen Verbesserungen einer gesundheitsförderlichen Ernährung geführt“.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD noch auf das Thema verzichtet: Im gesamten Text sind die Wörter „Zucker“ und „Energydrink“ nicht zu finden.
Neun der 16 Verbraucherschutzminister von meist SPD-geführten Landesregierungen hatten Mitte 2024 die damalige Ampel aufgefordert, eine Extrabesteuerung besonders zuckerhaltiger Getränke zu überprüfen. Auch damals hat das Argument gelautet, dass die Senkung des Zuckeranteils in Getränken per freiwilliger Selbstverpflichtung der Hersteller keine Besserung zur Folge gehabt hätte.

Mediziner pro, Landwirtschaft kontra Zusatzsteuer

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte bereits 2016 die Besteuerung zuckerhaltiger Getränke vorgeschlagen, um deren Verbrauch im Kampf gegen Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes und Karies zu reduzieren. Auch die Bundesärztekammer und die Deutsche Diabetes Gesellschaft erneuerten in den vergangenen Monaten ihren Ruf nach einer Zuckersteuer. Der Marburger Bund forderte schon vor fünf Jahren eine Sondersteuer auf besonders süße Getränke.
Der Verband bayerischer Zuckerrübenanbauer hatte sich im Dezember 2024 gegen eine Besteuerung von Zucker gewehrt: „Wenn zusätzlich zu den ohnehin geringen Erträgen noch Abgaben auf uns zukommen, ist die Wirtschaftlichkeit für viele Betriebe nicht mehr gegeben“, erklärte damals der Verbandschef Helmut Friedl nach Angaben des Verbraucherschutzforums Berlin.

Ex-Landwirtschaftsminister Özdemir offen für Günthers Vorstoß

Der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir dagegen steht wie sein grüner schleswig-holsteinischer Parteikollege Jasper Balke einer Zuckersteuer positiv gegenüber: „Das Ziel muss sein: gutes Essen für alle Menschen in Deutschland leichter machen. Dafür können Preissignale ein Baustein sein“, so der Spitzenkandidat der Grünen für die Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2026 auf Anfrage der „Welt“. Angesichts dessen werde er „die CDU-Initiative für eine Zuckersteuer nach britischem Vorbild für die Gesundheit unserer Kinder unterstützen“.
Kay Gottschalk, finanzpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, habe sich eingedenk der grundsätzlichen Ablehnung neuer Steuerbelastungen gemäß Parteilinie „explizit“ gegen Günthers Forderung ausgesprochen.
Patrick Reitler, geboren in den späten Sechzigerjahren am Rande der Republik. Studium der Komparatistik, Informationswissenschaft und Sozialpsychologie. Seit der Jahrtausendwende als Journalist hauptsächlich in Online-Redaktionen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und als Fußballkommentator unterwegs. Seit Ende 2022 freier Autor. Bei Epoch Times vorwiegend für deutsche Politik zuständig.

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