Unerwünschte Folgen: Deutsche Firmen verlassen Afrika wegen Lieferkettengesetz

Die Industrie hat angesichts der Afrika-Reise von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze ihre Kritik am deutschen Lieferkettengesetz bekräftigt. Erste deutsche Unternehmen kündigen Rückzug aus dem afrikanischen Markt an.
Kakaobäuerinnen in der Elfenbeinküste.
Kakaobäuerinnen in der Elfenbeinküste.Foto: TransFair e.V./ Sean Hawkey/TransFair e.V./obs
Epoch Times20. Februar 2023

Nach dem Inkrafttreten des deutschen Lieferkettengesetzes will die Bundesregierung für „faire“ Produktion von Kakao und Textil in Westafrika eintreten. Entwicklungsministerin Svenja Schulze brach am Montag mit Arbeitsminister Hubertus Heil nach Ghana auf und am Mittwoch geht es in die Elfenbeinküste. Ziel der fünftägigen Reise sind unter anderem Orte der Kakao- und Textilproduktion.

Die deutsche Wirtschaft warnte vor unerwünschten Folgen des Lieferkettengesetzes. Der Industrieverband BDI betonte, vor allem Afrika gewinne für Deutschland rasant an strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung, um die Abhängigkeit einzelner Branchen von Asien zu reduzieren. Das Lieferkettengesetz erschwere aber Diversifizierungsbemühungen der deutschen Industrie und konterkariere in vielen Bereichen sogar ein stärkeres Engagement in Afrika, sagte Wolfgang Niedermark von der BDI-Hauptgeschäftsführung dem RND.

Das Lieferkettengesetz war nach langem Ringen am 1. Januar in Kraft getreten. Es verpflichtet Unternehmen, auf die Einhaltung internationaler Standards zu Menschenrechten und Umwelt entlang der Lieferkette zu achten. Dafür müssen sie unter anderem Berichte vorlegen. Konkret geht es etwa um Kinderarbeit und Ausbeutung.

Das Gesetz gilt zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000 in Deutschland Beschäftigten, ab 2024 kommen kleinere Firmen hinzu. Zuständig für die Kontrollen ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Eschborn. Heil sagte, „wer global wirtschaftet, wer global Gewinne macht, muss auch global Verantwortung übernehmen“.

Unternehmen drohen Bußgelder bei Verstößen

Betroffene können sich auch selbst bei der Kontrollbehörde melden und sich bei Verdacht von Verstößen durch ein Unternehmen online beschweren, wie BAFA-Sprecher Nikolai Hoberg sagte. Noch läuft das Regelwerk erst an. So prüfe seine Behörde erst ab Mitte 2024 das Vorliegen der Unternehmensberichte nach, sagte Hoberg. Bei Verstößen drohen den Unternehmen Bußgelder.

Ghana und die Elfenbeinküste produzieren rund 70 Prozent des weltweiten Kakaos. Wegen der in den vergangenen Jahren gesunkenen Kakaopreise auf dem Weltmarkt setzen viele Bauernfamilien ihre Kinder für den Anbau ein. So stecke auch in Schokolade auf dem deutschen Markt vielfach Kinderarbeit, heißt es von Entwicklungsexperten immer wieder. Ghana ist auch weltweit einer der größten Importeure von Secondhand-Kleidung, nicht zuletzt aus Europa, wodurch die heimische Produktion teils stark zurückgedrängt wurde.

Unternehmen klagen bürokratische Überforderung

Nach Darstellung von BDI-Experte Niedermark gibt es bereits erste Unternehmen, die die bürokratischen und rechtlichen Hürden zum Anlass nähmen, sich vom afrikanischen Markt zu verabschieden. Er verwies auf eine BDI-Umfrage, wonach 65 Prozent der Unternehmen angegeben hätten, dass das Lieferkettengesetz ihre Afrika-Aktivitäten erschwere. „Wir alle wollen saubere Lieferketten, aber die erreichen wir nicht durch bürokratische Überforderung“, sagte er. „Das Worst-Case-Szenario für die Unternehmen wäre, wenn die EU-Regulierung über die Anforderungen des deutschen Gesetzes noch hinausgehen würde.“

Die Initiative Lieferkettengesetz, ein Zusammenschluss aus mehr als 130 zivilgesellschaftlichen Organisationen, wies nach Angaben des RND die Kritik zurück. Mit ihrer Fundamentalopposition seien deutsche Wirtschaftsverbände völlig aus der Zeit gefallen, sagte Bündnis-Sprecher Johannes Heeg: Weltweit gebe es einen Trend, mehr Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz von Unternehmen einzufordern. Dem Trend müssten sich alle Unternehmen früher oder später stellen. (dpa/afp/dl)



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