Das geheimnisvolle Danach: Was große Männer über das Leben nach dem Tod denken
Weltweit versuchen Menschen seit ihrem Bestehen eine elementare Frage zu beantworten: Ist der Tod das Ende, eine Verwandlung oder der Beginn von etwas Neuem?
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Über Kulturen, Religionen und Epochen hinweg haben Menschen überlegt, was nach dem Tod passiert.
Die Unausweichlichkeit des Todes hat die Menschheit seit Tausenden Jahren fasziniert und gleichzeitig beunruhigt. Über alle Kulturen, Religionen und Weltanschauungen hinweg versuchten wir zu verstehen, was passiert, wenn das Leben endet. Gibt es ein Leben nach dem Tod?
In der Philosophie geht diese Frage tiefer: Ist der Tod wirklich das Ende, eine Verwandlung oder sogar der Beginn von etwas Neuem? Große Denker haben im Laufe der Geschichte versucht, eine Antwort zu finden. Sie haben Theorien aufgestellt, die von Unsterblichkeit und Reinkarnation bis zum Ende der Existenz reichen.
Seelenwanderung: Wissen aus altem Leben
Platon (428/427–348/347 v. Chr.) ist eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der westlichen Philosophie. Er glaubte, dass der Tod kein Ende, sondern ein Übergang ist. Seiner Ansicht nach sei die Seele unsterblich und durchlaufe Zyklen der Reinkarnation, wobei sie ihr Wissen von einem Leben zum nächsten trage.
Platon war davon überzeugt, dass die Seele ihr angesammeltes Wissen von einem Leben zum nächsten mit nimmt.
Foto: Lidiia Moor/iStock
Geprägt wurde Platons Vorstellung von den Worten früherer Philosophen wie Pythagoras (570– nach 510 v. Chr.), der ebenso die Seelenwanderung vorschlug, oder Heraklit (um 520– um 460 v. Chr.), der den Wandel als grundlegenden Aspekt des Universums betonte. Auch sein Mentor Sokrates (469–399 v. Chr.) hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf Platons Denken, insbesondere im Hinblick auf die Suche der Seele nach Wahrheit und Gerechtigkeit.
Platon selbst glaubte, dass die physische Welt nur der Schatten einer höheren Realität ist, in der wahres Wissen existiert. Seiner Ansicht nach befreit der Tod die Seele von den Beschränkungen des Körpers und ermöglicht ihr die Rückkehr in dieses Reich der vollkommenen, unveränderlichen Ideen.
In seinem Werk „Phaidon“ beschrieb Platon den Tod als das Tor zur Weisheit, durch das die Seele – unbelastet von den Sinnen – Zugang zur absoluten Wahrheit erhält. Seine Vorstellung vom Leben nach dem Tod schreibt der Moral jenen Sinn zu, dass die im Leben erworbenen Tugenden und Kenntnisse ewige Bedeutung haben.
Anders als Platon lehnte sein Schüler Aristoteles (384–322 v. Chr.) die Vorstellung einer unsterblichen, freien Seele ab. Er betrachtete sie nicht als eine einzelne Entität, sondern als die Entität, die dem Körper Leben verleiht.
Der Begriff „Entität“ wurde von Thomas von Aquin geprägt und bezeichnet eine einzelne Sache, die für sich genommen eine eigene Einheit oder Ganzheit darstellt.
Foto: Sylvia Becerra Gonzalez/iStock
In seinem Werk „De Anima“ („Über die Seele“) definiert Aristoteles die Seele als die „erste Wirklichkeit“ eines Lebewesens. Dies bedeutet, dass sie nur zusammen mit dem Körper vorliegt und nach dem Tod aufhört zu existieren.
Seine Philosophie stützte Aristoteles auf Beobachtungen und praktische Anwendungen. Anstatt über das Danach zu spekulieren, konzentrierte er sich darauf, „Eudaimonie“ zu erreichen – ein gutes Leben voller Vernunft und Tugend.
Für ihn bestand der Zweck des Lebens nicht in der Vorbereitung auf das, was nach dem Tod kommt, sondern in der Entwicklung von Weisheit und moralischem Charakter in der Gegenwart. Damit bildeten seine Ansichten die Grundlage für das spätere wissenschaftliche und ethische Denken und beeinflusste Philosophen, Theologen und Wissenschaftler über Jahrhunderte hinweg.
Epikur (341–271/270 v. Chr.) vertrat einen ganz anderen Ansatz. Er war überzeugt, dass der Tod das absolute Ende des Bewusstseins sei. Seiner Ansicht nach bestehen sowohl Körper als auch Seele aus Atomen, die sich nach dem Tod rückstandslos auflösen.
Mit seiner Philosophie wollte er die Menschen von der Angst vor dem Tod befreien, denn ein Leben in Angst sei nicht nur unglücklich, sondern verleite auch zu schlechten Handlungen. Außerdem gäbe es laut Epikur nichts Angsteinflößendes am Tod, da man keine Schmerzen oder Leiden empfindet.
Er ermutigte die Menschen, sich auf einfache Vergnügungen, Freundschaft und den Seelenfrieden zu konzentrieren und sich an der Gegenwart zu erfreuen, anstatt sich über das Unbekannte danach zu sorgen. Epikur schrieb:
„Gewöhne dich daran zu glauben, dass der Tod keine Bedeutung für uns hat. Denn alles, was gut, und alles, was schlecht ist, ist Sache der Wahrnehmung. Der Verlust der Wahrnehmung aber ist der Tod.“
Den Tod mit Würde annehmen
Die jüngeren Stoiker, zu denen auch Seneca (etwa 1–65 n. Chr.) und Mark Aurel (121–180 n. Chr.) gehören, teilten die Überzeugung Epikurs, dass der Tod ein natürlicher Prozess ist. Jedoch betrachteten sie den Tod nicht als ein notwendiges Übel, sondern als einen unvermeidlichen Teil des Lebens. Und diesem sollten die Menschen mit Mut, Würde und Akzeptanz begegnen.
Ihr Prinzip lautete „memento mori“ – „Sei dir der Sterblichkeit bewusst“. Menschen, die nach diesem Prinzip lebten, sollten tugendhaft handeln und niemals vergessen, dass das Leben ein vergängliches Geschenk ist. Mark Aurel schrieb in seinem Werk „Selbstbetrachtungen“:
„Tut nicht so, als würdet ihr zehntausend Jahre leben. Der Tod schwebt über euch. Solange ihr lebt, solange es in eurer Macht steht, seid gütig.“
Für die Stoiker bestand der beste Weg, dem Tod zu begegnen, also darin, ein ehrliches Leben zu führen. In dessen Mittelpunkt sollten dabei immer Weisheit, Ehrlichkeit und Selbstdisziplin stehen.
Der Heilige Augustinus von Hippo (354–430 n. Chr.) mischte die Anschauung Platons mit der christlichen Theologie. Damit schuf er eine Vorstellung vom Leben nach dem Tod, die auf dem göttlichen Urteil beruht. Er glaubte, dass die Seele unsterblich ist und die Handlungen eines Menschen im Leben sein ewiges Schicksal bestimmen: entweder die Erlösung oder das Jüngste Gericht.
In seinen Schriften, insbesondere in „De civitate Dei“ („Vom Gottesstaat“), betonte er den Gegensatz zwischen der irdischen Existenz und dem göttlichen Reich. Er vertrat die Ansicht, dass wahre Erfüllung nur durch den Glauben an Gott erreicht werden könne.
Für den Heiligen Augustinus war die Seele unsterblich, doch die Handlungen eines Menschen im Leben entscheiden über sein Schicksal: Erlösung oder das Gericht.
Foto: RomoloTavani/iStock
Außerdem sei die menschliche Geschichte ein Kampf zwischen dem „Grad des Menschen“, der von weltlichen Begierden bestimmt wird, und dem „Grad Gottes“, in dem die Gläubigen ewigen Frieden finden würden.
Die Ansichten von Augustinus prägten die christliche Lehre über Jahrhunderte hinweg und beeinflussten spätere Denker wie Thomas von Aquin, der den Glauben mit der Vernunft verband.
Während die westliche Philosophie den Tod oft als Ende oder Urteil betrachtet, sehen viele östliche Traditionen ihn als Teil eines kontinuierlichen Zyklus. So lehrt der Buddhismus, dass Leben und Tod Teil von Samsara sind – einem Kreislauf aus Geburt, Leiden, Tod und Wiedergeburt. Dieser wird durch das Karma bestimmt.
Das Ziel ist es, das Nirwana zu erreichen, den Zustand jenseits des Leidens, in dem der Kreislauf der Wiedergeburt endet. Im Gegensatz zu Platons unsterblicher Seele betont der Buddhismus, dass die individuelle Identität eine Illusion ist.
Der Daoismus, der seine Wurzeln in den Lehren von Laotse hat, verfolgt einen anderen Ansatz. Er sieht den Tod als einen natürlichen Übergang, eine Rückkehr zum Dao, der grundlegenden Kraft der Existenz. Statt Furcht vor dem Tod wird hier die Harmonie mit der Natur gelehrt und die Zyklen des Lebens mit Ruhe und Losgelöstheit angenommen.
Trotz jahrtausendelanger philosophischer Debatten bleibt das Rätsel des Todes ungelöst. Gibt es ein Leben nach dem Tod, Reinkarnation oder einfach nichts? Philosophen haben zahllose Theorien aufgestellt, doch die eine Wahrheit wurde nicht gefunden.
Unabhängig vom Glauben sind sich die meisten Philosophien in einem Punkt einig: Der beste Weg, dem Tod zu begegnen, ist Weisheit, Selbstbeobachtung und ein gutes Leben. Ob durch Glauben, Tugend oder philosophisches Verständnis – dem Tod zu trotzen, ist eines der größten Ziele der Menschheit.