Spritze statt Diät: Gefährlicher Abnehm-Hype um „Ozempic“

Eine Spritze, die eigentlich für Diabetiker gedacht ist, macht auf TikTok die Runde, weil man damit unnötige Pfunde verlieren könne. Ärzte finden das bedenklich.
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Foto: iStock
Von 9. März 2023

Kim Kardashian berichtet davon, Elon Musk auch. Aufgrund eines regelrechten Hypes ums Abnehmen, ausgelöst durch TikTok, greifen immer mehr Nichtdiabetiker zur Diabetesspritze, um überschüssige Pfunde zu verlieren. „Kleiner Pieks in den Bauch genügt – einmal pro Woche“, heißt es auf „24vita“. Ganz ungefährlich ist das nicht.

„Ozempic“ heißt das begehrte Mittel – es wurde 2018 in der EU als Medikament zur Behandlung von Diabetes Typ 2 zugelassen. Der enthaltene Wirkstoff „Semaglutid“ hilft, den Blutzucker zu senken, und bewirkt zudem eine verzögerte Magenentleerung, sodass man sich länger satt fühlt. Bei übergewichtigen Patienten geht dies oft mit Gewichtsverlust einher.

Inzwischen wimmelt es auf TikTok von Menschen, die sich Ozempic als Abnehmspritze setzen. Vorher-Nachher-Fotos zeigen einen deutlichen Abnehmeffekt. Die große Nachfrage führt zu Lieferengpässen. Das bleibt nicht ohne Folgen für Diabetiker:

„Seit dem TikTok-Hype haben diese Schwierigkeiten, an ihre Medizin zu gelangen und können nicht richtig behandelt werden“, erklärt Dr. med. Ulrike Thieme, Medizinische Leiterin bei der Online-Arztpraxis ZAVA.

Nebenwirkungen von Ozempic

„Ozempic wirkt im Körper vor allem im Gehirn am Sättigungszentrum“, schilderte der Facharzt Baptist Gallwitz von der Deutschen Diabetes Gesellschaft gegenüber „Antenne Münster“. Häufige Nebenwirkungen sind Verdauungsstörungen wie Durchfall, Erbrechen und Übelkeit. Wenn sie länger anhalten, können sie den Mineralienhaushalt im Blut durcheinanderbringen. Im schlimmsten Fall können die Nieren einen Schaden davontragen.

Der Mediziner sieht generell eine Gefahr darin, verschreibungspflichtige Mittel wie Ozempic ohne ärztliche Betreuung einzunehmen, das gelte auch bei einer Diät. Den TikTok-Trend bewertet er als „äußerst gefährlich“.

„Zum einen, weil Medikamentenmissbrauch gemacht wird und zum anderen ist dadurch ja auch eine Verknappung an diesem Medikament und auch an vergleichbaren Medikamenten entstanden“, berichtet Baptist Gallwitz. So dramatisch, dass Diabetiker nicht mehr ausreichend versorgt werden können, schätzt er die Lage aber nicht ein.

„Keine Daten“ für Kinder und Jugendliche

Laut der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE) können neben den vorgenannten Nebenwirkungen auch Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und Gallenblase die Folge sein. „In Tierversuchen fand man zudem ein potenziell erhöhtes Risiko für bestimmte Schilddrüsenkrebsarten“, so DGE-Sprecher Professor Dr. Harald J. Schneider.

Er kritisiert, dass das verschreibungspflichtige Diabetesmedikament Ozempic zur Gewichtsreduktion als Off-Label-Use, also ohne entsprechende Zulassung, verwendet wird – nicht zuletzt, weil Prominente wie der Milliardär und Tesla-Chef Elon Musk dafür wirbt.

Außerdem wisse man nichts über die Langzeitwirkungen: „Diese Medikamente sollten nur spezialisierte Ärztinnen und Ärzte verschreiben – und auch nur, wenn die medizinische Notwendigkeit besteht und die Anwendung in der Folge sorgfältig überwacht wird.“

Für die überwiegend junge Zielgruppe auf TikTok kommt hinzu, dass laut Packungsbeilage für sie „keine Daten“ vorliegen. Dort heißt es: „Die Sicherheit und Wirksamkeit von Semaglutid bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sind bisher noch nicht erwiesen.“ Die 95 Seiten Produktinformationen sind bei der Europäischen Arzneimittelagentur einsehbar.

Geteiltes Leid auf TikTok

Es gibt aber auch negative Erfahrungen auf TikTok, zum Beispiel von einer jungen Frau, bei der eine Magenbypass-Operation im April ansteht. Nach eigenen Angaben hat ihr ein Klinikarzt Ozempic verschrieben, weil sie abnehmen sollte. Am 26. Februar berichtet die mit etwa 200 kg stark übergewichtige TikTok-Userin von ihren „krassen, krassen Bauchschmerzen“. Sie spricht von Übelkeit und einem heftigen Ziehen, nachdem sie eine Dosiserhöhung bekommen hat. „Es ist nicht ganz ohne, so etwas zu nehmen“, lautet ihr Fazit.

Viele Follower sprechen ihr Mut zu, manche verweisen sie an ihren Arzt oder die Notaufnahme. Andere berichten über eigene Erfahrungen mit Ozempic. Manche hatten keinerlei Nebenwirkungen, andere litten ebenfalls unter heftigen Schmerzen.

Eine schreibt: „Hatte auch Ozempic verschrieben bekommen. Nach einer Spritze ging es mir genauso schlecht. NIE WIEDER.“ Eine andere Frau warnt vor der Spritze, weil man sie – einmal damit angefangenen – das ganze Leben lang braucht, weil man sonst wieder zunimmt.

Eine weitere berichtet: „Die Schmerzen hatte ich auch, sie gehen vorbei. Danach kam 24/7 Aufstoßen nach faulen Eiern. Abbruch nach 6 Monaten.“



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