Achtung „1984“: Woke-Alarm an britischer Uni

Orwells Roman "1984" hat im Jahr 2021 neuen Aufwind erfahren. Etliche Neuübersetzungen fanden den Weg in den Handel. Nun warnte jedoch eine Uni in Großbritannien vor dem Lesen des Buches, das unter anderem zum Studien-Modul „Identity Under Construction“ gehört.
Titelbild
Eine Ausgabe von George Orwells „1984“.Foto: Aaron Tam/AFP via Getty Images
Von 22. Februar 2022

Kürzlich hat das Personal der University of Northampton eine „anstößig“-Warnung bezüglich Orwells Roman „1984“ herausgegeben, wie mehrere britische Medien berichteten. Nach Angaben der „Daily Mail“ erhielten Studenten eine spezielle Warnung, die sich für das Studien-Modul „Identity Under Construction“ entschieden hatten.

Demnach enthalte das Modul „herausfordernde Themen im Zusammenhang mit Gewalt, Geschlecht, Sexualität, Klasse, Rasse, Missbrauch, sexuellem Missbrauch, politischen Ideen und beleidigender Sprache“. Einige Studenten könnten das als „anstößig und beunruhigend“ empfinden, hieß es.

Der „Express“ aus London titelte dazu: „Der Woke-Wahnsinn hat einen neuen Höhepunkt erreicht.“ Orwell-Biograf David Taylor sagte zu dem Woke-Alarm: „Ich denke, 13-Jährige könnten einige Szenen in dem Roman verstörend finden. Aber ich glaube nicht, dass jemand im Bachelor-Alter noch wirklich von einem Buch geschockt ist.“

Orwells Roman „1984“ thematisiert den totalitären Überwachungsstaat Ozeanien. Ozeanien, ein geopolitisches Großreich gebildet aus den Kontinenten Nord- und Südamerika, Australien, dem Süden Afrikas und den Britischen Inseln, wird beherrscht vom allgegenwärtigen, aber unsichtbaren „Big Brother“ und der allmächtigen, alles überwachenden Sozialistischen Partei Englands sowie deren Ministerien für Wahrheit, Liebe, Frieden und Überfluss.

Die Geschichte spielt in England, in der die Menschen durch die politisch umgestaltete Sprache („Neusprech“), durch „Doppeldenk“, eine Art zweideutig-schwammiges, widersprüchliches Parteidenken, sowie gegenseitiges Bespitzeln und die Gedankenpolizei kontrolliert werden.

„Dystopische Big Brother-Zentralen“

Ein Sprecher der University of Northampton erklärte dazu: „Obwohl es keine Universitätspolitik ist, können wir Studenten vor Inhalten in Bezug auf Gewalt, sexuelle Gewalt, häusliche Gewalt und Selbstmord warnen.“ Man erkläre den Studenten daher anfangs, dass ihr Kurs „einige herausfordernde Texte“ enthalte. Verstärkt werde dies dann im Laufe des Studienprogramms durch Tutoren, so der Uni-Sprecher.

Orwells „1984“ wurde erstmals 1949 in London veröffentlicht. Die BBC listete „1984“ vor einigen Jahren auf Platz 12 der Top-100-Liste britischer Romane. Entsprechend ist auch die Entrüstung, die bei Bekanntwerden des Falls ausgelöst wurde. Der konservative britische Parlamentarier Andrew Bridgen meinte: „Es ist eine gewisse Ironie, dass Studenten jetzt Triggerwarnungen erhalten, bevor sie ‚1984‘ lesen.“ Laut Bridgen würden die Campus der britischen Universitäten schnell zu „dystopischen Big Brother-Zonen“, in denen „Neusprech“ praktiziert werde.

Damit solle nach Ansicht des Abgeordneten „die Reichweite des intellektuellen Denkens“ verringert werden und jene ausgeschaltet werden, die sich nicht daran hielten. Es sei nirgendwo deutlicher als in den Universitäten, dass „zu viele von uns“ freiwillig ihre Rechte aufgegeben hätten, um sich einer „homogenisierten Gesellschaft anzupassen“. Diese werde von einer liberalen Elite regiert, die uns vor Ideen „beschütze“, von denen sie glaube, dass sie zu extrem für unser Empfinden seien, so der Tory-Abgeordnete.

„1984“ – 2021, im zweiten Pandemiejahr

Am 30. Dezember 2020 kündigte die „Berliner Zeitung“ unter dem Titel „2021 ist das neue 1984“ etliche Neuausgaben des Orwellschen Romans für das zweite Pandemiejahr 2021 an. Die Zeitung schrieb: „Das Staatsfernsehen sendet, was das Volk glauben soll, und dient der Überwachung; Tatsachen werden verdreht, die Sprache kontrolliert und wer der Regierung widerspricht, muss mit harten Strafen rechnen. Das kommt Ihnen bekannt vor?“

Gegen alle Erwartungen klärte die Journalistin jedoch auf: Sie habe nicht über die aktuelle Zeit der Pandemie gesprochen, sondern über den Roman „1984“. Mit diesem gelungenen Einstieg ins Thema zeigte die Autorin die Parallelen auf, wie sie viele Menschen in der heutigen Zeit wahrnehmen.

Eine ungekürzte englische Originalversion von 1961 kam wieder auf und kletterte im Januar 2021 auf Platz 2 der Amazon-Bestsellercharts. Neben Versionen in vielen anderen Sprachen kamen 2021 auch mehrere deutsche Neuauflagen bei Amazon hinzu.

In den Kundenrezensionen sind fast ausschließlich fünf Sterne als Wertung zu finden und Kommentare wie: „Auffrischung für jeden Demokraten – 1984 gehört gerade in der heutigen Zeit in jeden Bücherschrank! Allein das Kapitel über das Neusprech sollte jedem Genderdeppen zu denken geben. Wir bewegen uns genau auf die im Buch beschriebene Gesellschaftsform zu. Gruselig! Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke! Coronagegner sind Mörder! Demonstranten sind Verbrecher!“

Viele der Rezensionen gehen in eine ähnliche Richtung und sehen „[i]mmer mehr erschreckende Parallelen zur heutigen Welt“, wobei das Leseempfinden auch bei „Wiederholungstätern“ im heutigen Kontext neu empfunden wird. Dieser Leser hatte das Buch im Jahr 1984 in der Schule gelesen und es als 17-Jähriger damals nicht ernst genommen, für eine „übertriebene Fantasie eines zu pessimistischen Schriftstellers gehalten“.

Nun stelle er aber erschreckende Parallelen fest, einige dargestellte Geschehnisse seien am Eintreten oder in abgeänderter Form bereits eingetreten: „Total-Überwachung“ werde sogar von „vielen Menschen per Facebook, Instagram, Twitter“ freiwillig mitgeleistet. Auch den Orwellschen „Teleschirm“ erkannte der Leser bei „Web-Cam und ‚Alexa‘“ wieder“.

„Neusprech“ sei mittlerweile an der Tagesordnung als „von oben verordnete Sprache“, ebenso wie in der Politik das „Doppeldenk“: „Welcher Politiker sagt nicht das eine und meint zugleich das andere?“ Sein Leserfazit als Mittfünfziger: „Man kann das Buch gar nicht genug empfehlen, vor allem der jüngeren Generation. Vielleicht ist es aber auch schon zu spät.“



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