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Ex-Botschafter: Iran kann keinen offenen Krieg riskieren - Sondertreffen der Außenminister - Bundeswehr zieht sich zurück

Der ehemalige deutsche Botschafter im Iran und Irak erwartet keine offene militärische Konfrontation. Heute treffen sich die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens in Brüssel zu einem Sondertreffen zum Iran und der Lage in Libyen.

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Moderner Helm der Bundeswehr.

Foto: iStock - Fotografie

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Lesedauer: 6 Min.

Der deutsche Ex-Botschafter im Iran und Irak, Bernd Erbel, erwartet keine offene Militärkonfrontation zwischen dem Iran und den USA. Der Iran verfüge nur über veraltete Waffensysteme, die eine erfolgreiche kriegerische Auseinandersetzung mit den USA „vollkommen aussichtslos“ mache, sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk.
Daher könne ein möglicher „Vergeltungsschlag natürlich nicht in der traditionellen militärischen Art und Weise erfolgen“, so der Ex-Botschafter.
Für den Fortbestand des Wiener Atomabkommens hat Erbel, trotz der iranischen Ankündigung die Uran-Anreicherung zu steigern, noch Hoffnung. Falls die USA ihre Sanktionen aufheben würden, gebe es „immer noch die Möglichkeit der Rückkehr zum Status quo ante“.

Sondertreffen der Außenminister, Nato-Telefonate

Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens kommen am Dienstag in Brüssel zu einem Sondertreffen zum Iran und zu Libyen zusammen. Die britische Regierung erklärte, Außenminister Dominic Raab reise nach Brüssel, um Gespräche zur Lage nach der Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani durch einen US-Drohnenangriff und zum „eskalierenden Konflikt in Libyen“ zu führen.
Raab werde den französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian zunächst zu einem bilateralen Gespräch treffen, erklärte das britische Außenministerium. Danach würden beide an einem Vierer-Treffen mit Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und dem italienischen Chefdiplomaten Luigi di Maio teilnehmen, um über die Lage in Libyen zu beraten. Dort gerät die Zentralregierung in Tripolis zunehmend unter Druck, nachdem Truppen des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar Gebietsgewinne verbuchen konnten.
Nach dem Libyen-Treffen würden Deutschland, Frankreich und Großbritannien als Partnerstaaten des Atomabkommens mit dem Iran dann Beratungen führen, hieß es aus London weiter. Alle drei Länder wollten „auf eine Deeskalation drängen“, nachdem der Iran Vergeltung für die Tötung von General Soleimani angekündigt hatte. Zudem gehe es um die Ankündigung Teherans, sich weiter aus dem Atomabkommen zurückzuziehen.
Italiens Außenminister di Maio schrieb auf seiner Facebook-Seite, an den Treffen in Brüssel werde auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell teilnehmen. Die italienische Regierung habe zudem durchgesetzt, dass das für Freitag angesetzte Sondertreffen aller EU-Außenminister sich nun nicht nur mit dem Iran, sondern auch mit Libyen beschäftigen werde.
Die EU ruft zu einem „Ende der Gewalt“ auf und sei überzeugt, dass eine „politische Lösung gefunden werden kann“.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg telefonierte am Dienstag mit dem irakischen Regierungschef Adel Abdel Mahdi, wie das Bündnis mitteilte. Stoltenberg habe betont, dass die Nato-Mitglieder weiter bereit seien, die Ausbildung wieder aufzunehmen. Denn die Mission trage dazu bei, eine Rückkehr der Dschihadistenmiliz IS zu verhindern. Den Iran forderte der Generalsekretär erneut auf, „von weiteren Provokationen abzusehen“.

Bundeswehr reduziert Soldaten im Irak

Die 32 im zentralirakischen Tadschi stationierten deutschen Soldaten wurden in der Nacht zu Dienstag nach Jordanien geflogen, wie die Bundeswehr mitteilte. Drei in Bagdad stationierte Soldaten wurden demnach zusammen mit Soldaten anderer Nationen nach Kuwait gebracht. Im kurdischen Erbil verbleiben bis auf weiteres 117 Bundeswehrsoldaten, wie ein Sprecher des Einsatzführungskommandos am Dienstag zu AFP sagte.
Diese Kräfte könnten „jederzeit“ zurückverlegt werden, wenn die Ausbildungsmission im Irak wieder aufgenommen werden solle, hieß es in der Mitteilung weiter. Die Bundeswehr hatte ihre Aktivitäten zur Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte angesichts der Sicherheitslage bereits am Freitag vorübergehend eingestellt.
Das irakische Parlament forderte am Wochenende den Abzug aller ausländischer Truppen. Die Bundeswehr beteiligt sich mit mehr als 400 Soldaten an dem internationalen Anti-IS-Einsatz: Von Jordanien aus wird der Aufklärungseinsatz „Counter Daesh“ mit Tornados und Tankflugzeugen mit derzeit knapp 280 Soldaten geführt, im Irak selbst werden irakische Sicherheitskräfte ausgebildet und beraten.

Reaktionen deutscher Politiker

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat die Verlegung deutscher Bundeswehrsoldaten aus dem Irak als „richtige Entscheidung“ begrüßt. Deutschland habe größtes Interesse, Teil der Allianz im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu sein, sagte Dobrindt am Dienstag am Rande der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Kloster Seeon.
Der Obmann der Union im Auswärtigen Ausschuss, Roderich Kiesewetter (CDU), sprach im Deutschlandfunk ebenfalls von einem richtigen Schritt. Mit der Aussetzung der Beratungsmission erhalte die irakische Regierung Zeit, sich zu entscheiden.
Nach Ansicht des Wehrbeauftragten des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), muss die Entscheidung Bagdads akzeptiert werden. „Hilfe muss auch gewollt sein“, sagte Bartels der „Passauer Neuen Presse“ vom Dienstag.
Dagegen bekräftigte Grünen-Chefin Annalena Baerbock die Forderung nach einem vollständigen Abzug der deutschen Truppen. „Mit der Entscheidung des irakischen Parlaments, dass alle ausländischen Truppen abgezogen werden sollen, ist der Abzug aller deutschen Soldaten der einzige Weg, denn die völkerrechtliche Grundlage für dieses Mandat ist auch entzogen“, sagte Baerbock der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe).
Für die Linkspartei erklärte Außenexpertin Sevim Dagdelen ebenfalls, die Bundeswehr müsse komplett aus der Region abgezogen werden. Andernfalls drohe „die Wahrnehmung der Bundeswehr als Besatzungstruppe im Irak“. (afp/dts/ks)

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