Chinesen „können auch Demokratie“ – auf Taiwan

Was in westlichen Medien-, Wirtschafts- und Politikerkreisen gerne behauptet wird, dass Chinesen Demokratie nicht „können“, wird seit 25 Jahren auf Taiwan erfolgreich und stabil widerlegt.
Titelbild
Zum 100. Jahrestag der „Republik China“ am 10. Oktober präsentiert sich Taiwan: Klein, fein, selbstbewusst und demokratisch. Hier mit einem internationalen Drachenfestival.Foto: Patrick Lin/AFP/Getty Images
Von 9. Oktober 2011

„Zhonghua Minguo, wan sui“, der Ruf „Die Republik China möge zehntausend Jahre leben!“ ist in diesen Tagen auf Taiwan überall zu hören. „Republik China“ – das meint das demokratische Taiwan und nicht die kommunistische Volkrepublik China!

Klein, fein, selbstbewusst und demokratisch – so präsentiert sich Taiwan in diesen Tagen. Denn dort wird der Jahrestag jenes Aufstandes gefeiert, der die „Republik China“ vor hundert Jahren begründete. Damals gehörte Taiwan nicht zu China und heute ist die „Republik China“ auch fast nur mit Taiwan identisch. Seit 25 Jahren jedoch – einem Vierteljahrhundert – ist dieser chinesische Staat eine stabile Demokratie.

Vor einhundert Jahren, am 10. Oktober 1911 brachen in China für kurze Zeit demokratische Verhältnisse mit freien Wahlen an. Es war die erste demokratische Staatsgründung in Asien nach dem Zusammenbruch des letzten Kaiserreichs. Unglücklicherweise machte ein Militärputsch wenige Jahre später alles wieder zunichte. Denn als die Generale zwischen 1916 und 1927 untereinander in Konflikte gerieten, prägten unzählige große und kleine Kämpfe den Alltag und China zerfiel in einzelne Territorien. Nicht einmal ein Hauch von Demokratie blieb spürbar.

Hoffnung und Entwicklung

Erst Chiang Kaishek, ein Gefolgsmann des Staatsgründers Sun Yatsen, beendete den Bürgerkrieg durch einen groß angelegten Feldzug. China konnte zumindest auf dem Festland wieder vereinigt werden. Ein Reformfieber folgte, zu dem auch der Aufbau eines modernen Rechtssystems mit entsprechenden Menschenrechtsgarantien gehörte. Die Ausarbeitung der Verfassung versprach erneut demokratische Verhältnisse.

Demokratie war aber nicht das Ziel der 1921 gegründeten Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Mithilfe ihrer sowjetischen Paten strebte sie die Alleinherrschaft an und verbreitete schnell Angst und Schrecken. Große Gebiete mit insgesamt 50 Millionen Bewohnern gerieten unter ihre Herrschaft. Harmlose Bürger wurden als angebliche Großgrundbesitzer und Kapitalisten diffamiert, gedemütigt, eingesperrt, gefoltert und hingerichtet. Die innere Sicherheit war von da an zutiefst gestört.

Instabilität

Japan nutzte diese Instabilität, um in der Mandschurei einzufallen und sie zu besetzen. Chinas wichtigste Industrieregionen befanden sich dort, sodass die Wirtschaft des Landes ungeheuer geschädigt wurde. Da die Republik China dem Aggressor nichts entgegenzusetzen hatte, musste sich ihr Militär zurückziehen, denn Chiang Kaishek war der historisch korrekten Ansicht, dass China erst im Innern konsolidiert werden müsse. Deshalb befahl er den mandschurischen Truppen gegen die in die Flucht geschlagenen Kommunisten vorzurücken. Die Truppenführung sah aber die Rückeroberung ihrer mandschurischen Heimat als Priorität an und nicht den Kampf gegen die chinesischen Kommunisten. Ihr Kommandeur putschte deshalb und nahm Chiang gefangen. Nach langen Verhandlungen konnte Chiang zwar wieder freikommen, jedoch zu einem hohen Preis: Die Rote Armee der KPCh wurde Teil der chinesischen Regierungstruppen. Der innere Feind der Republik stand nun auch in der eigenen Armee.

Schlag auf Schlag

Trotz dieser Ereignisse führten Regierung und Parlament Reformvorhaben in der Wirtschaft und in der Verfassungsgebung durch. Bald jedoch kam der nächste Schicksalsschlag gegen ein demokratisches China. Japan fiel 1937 in Ostchina ein und massakrierte eine halbe Million Menschen in wenigen Tagen. Damit begann der Zweite Weltkrieg auch in Asien und sollte bis 1945 weitere 14 Millionen Menschen das Leben kosten.

Die in die Nationalarmee integrierte Rote Armee dachte jedoch nicht daran, sich ebenfalls an der Landesverteidigung zu beteiligen. Die Waffen hatte sie von der Regierung Chiang bezogen, wartete aber ausgeruht auf den Frieden, um dann gegen die „Republik China“ zu rebellieren. Sowjetische Truppen versorgten sie zudem mit erbeutetem japanischem Kriegsgerät. So konnte die Rote Armee als „Volksbefreiungsarmee“ die kriegserschöpften Soldaten Chiangs niederkämpfen und 1949 einen kommunistischen Staat begründen – die „Volksrepublik China“.

Das Volk gegen eine „Volksrepublik“

Die Nationalversammlung hatte zuvor noch das Glück des Friedens genutzt, um die neue Verfassung zu verkünden. Auf dieser Grundlage fanden 1947 in China freie Wahlen statt, an denen sich die KPCh nicht beteiligte. Mit 250 Millionen Wählerstimmen vom chinesischen Festland und auf dem seit 1945 wieder chinesischen Taiwan konnten die Grundzüge für die kommenden Jahrzehnte festgelegt werden. Hierzu gehörten sogar Sondergesetze zur „Niederschlagung der kommunistischen Rebellion“. Der überwiegende Teil der chinesischen Bevölkerung hatte somit die „Republik China“ legitimiert bzw. die kommunistische Rebellion der „Volksbefreiungsarmee“ politisch abgestraft.

Mao kündigt „Befreiung“ an

Die durch einen korrupten und rücksichtslosen Gouverneur hervorgerufen Unruhen in Taiwan wurden mit aller Härte niedergeschlagen, was zu einer dauerhaften Störung des Verhältnisses zwischen den dorthin geflohenen Festlandschinesen und einem Teil der Inselbewohner führte. Hinzu kam die Drohung Mao Zedongs, dass er Taiwan genau wie das chinesische Festland und Tibet „befreien“ wolle.

Was Mao unter „Befreiung“ verstand, zeigte sich den Taiwanern schon bald. Im Laufe seiner Herrschaft verloren 80 Millionen Menschen auf dem Festlandchina durch Gewalt oder Hungersnöte ihr Leben.

Kein Wunder, dass nicht demokratische Freiheiten, sondern Sicherheitsfragen im Vordergrund der Politik des „Formosa“ genannten Taiwan standen, das nun Sitz der verlegten Staatsorgane der „Republik China“ wurde. Die Unsicherheitsfaktoren bestimmten die nächsten Jahrzehnte. Allerdings griffen Wirtschafts- und Bildungsreformen, sodass das einst arme Taiwan als „Kleiner Tiger“ zu den führenden Wirtschaftsregionen der Welt aufrückte.

25 Jahre Demokratie

Diese stabile Ausgangslage war ursächlich für die endgültige Demokratisierung der „Republik China“ im Jahr 1986. Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert hat dieser Staat eine stabile Demokratie. Doch die Bedrohung vom kommunistischen Festland bleibt bestehen. Da bereits stärkere Staaten vor der Volksrepublik ducken, statt Taiwan zu unterstützen, möchte die in nächster Nachbarschaft zu Rot-China beheimatete Inselbevölkerung Taiwans das Risiko der Bedrohung so gering als möglich halten. Aus diesem Grund bemüht sich die taiwanesische Regierung um Entspannungsmaßnahmen und um Zeitgewinn.

Weitere Reformen im Bereich der Menschen- und Bürgerrechte, im Umweltschutz, in Sicherheitsfragen und in der Familienpolitik zeigen den Chinesen vom Festland sogar die Überlegenheit des anderen, des demokratischen China. Der Rest ist sinnlicher Natur: Taiwanische Gastfreundlichkeit, wunderbares Essen, unbeschreibliche Farben und Düfte der Insel sowie imposante Landschaften hinterlassen ein lang anhaltendes Lächeln. Wer einmal in Taiwan war, geht als Freund und kommt gern wieder.

Diese „Republik China“ ist für die eigenen Bürger ein Gewinn und für Tausende Touristen vom Festland ein Lehrstück für Chinas Zukunft – demokratisch, selbstbewusst, klein, aber fein: „Zhonghua Minguo, wan sui!“

Der Autor Dr. Thomas Weyrauch beobachtet seit seinem Aufenthalt in China 1989-1990 mit vertieftem Interesse die politische Entwicklung in dem Land, das ihm noch immer nahe steht. Seine erste Arbeit über die Menschenrechte in China schrieb der Jurist Weyrauch im Jahr 1983. Es folgten mehrere Bücher, erschienen im Longtai-Verlag.



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