Ist Nordkoreas Machthaber schwer erkrankt? – USA und China sind vorbereitet

Kim Jong-un wurde seit zwei Wochen nicht gesichtet. In den Berichten verdichtet sich die Annahme, dass er schwer krank sei. Washington und Peking sind vorbereitet, falls Nordkoreas Führer sterben sollte.
Titelbild
Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un bei einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump in Hanoi am 27. Februar 2019 zu.Foto: SAUL LOEB/AFP über Getty Images
Von 22. April 2020

Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un wurde seit dem 11. April nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Zuletzt trat er bei einem Treffen der Nordkoreanischen Arbeiterpartei öffentlich auf. Berichten zufolge wurde Kim am 12. April operiert.

Am 15. April hat er am wichtigsten nordkoreanischen Feiertag des Jahres nicht teilgenommen, welcher den Geburtstag seines Vaters Kim Il-sung würdigt. Kim übernahm die Macht im Jahr 2012 und hat seitdem bei keiner wichtigen Feierlichkeit gefehlt oder Termine dieser Tragweite nicht wahrgenommen.

Auffälliges Schweigen in Nordkorea

Auffällig ist, dass es zurzeit gar keine Meldungen aus Nordkorea zur Abwesenheit Kims gibt. Experten zufolge habe Nordkorea in den letzten Jahren trotz aller Geheimhaltung schnell auf ausländische Nachrichten reagiert. Joseph Yun, ehemaliger US-Gesandter in Nordkorea unter Barack Obama und auch unter Präsident Donald Trump, sagte gegenüber „Reuters“, er glaube, dass „im Moment in Nordkorea wirklich etwas ganz und gar nicht stimmt“.

Es ist besorgniserregend. Wenn er schwer krank ist und stirbt, gibt es keine Nachfolgeregelung“, sagte er. „Es könnte zu einem riesigen Machtkampf kommen.“

„CNN“ und andere Sender berichteten unter Berufung auf ungenannte Quellen, dass sich Kim nach einer Herzoperation in „ernster Gefahr“ befunden habe und dem Tod nahe gewesen sei. „NBC News“ berief sich auf Informationen vom US-Geheimdienst, die besagen, Kim hätte eine Herzoperation hinter sich. Der Geheimdienst deute auch an, dass Kim handlungsunfähig sein könnte, fügte NBC News unter Berufung auf einige dieser Beamten hinzu.

Trump wünscht ihm alles Gute

„Wir kennen seinen Zustand nicht“, sagte Trump Reportern während eines täglichen Briefings im Weißen Haus am Dienstag (21.4.). „Ich wünsche ihm alles Gute, denn wenn er sich in der Art Zustand befindet, wie es in den Berichten heißt, ist das ein sehr ernster Zustand“, sagte Trump, ohne die jüngsten Berichte über den Gesundheitszustand Kims zu bestätigen oder zu dementieren.

Das südkoreanische Präsidialbüro gab in einer Mitteilung bekannt, dass sie bestätigen können, dass „der Vorsitzende Kim Jong-un derzeit mit seinen engen Mitarbeitern durch die Provinzgebiete reist“. In der Mitteilung, welche „NBC News“ vorliegt, wird die Tatsache, dass sich Kim in einem schlechten Gesundheitszustand befindet, als Spekulation bewertet, denn „wir finden dafür keine Beweise“.

„Selbst Nordkoreas Arbeiterpartei, das Militär oder das Kabinett zeigen keine besonderen Aktivitäten, wie zum Beispiel eine Notverordnung. Wir glauben, dass Vorsitzender Kim normal aktiv ist, wie bisher auch“, teilte das Büro „NBC News“ mit.

Wurde Kim am Herzen operiert?

Doch der Bericht der südkoreanischen Tageszeitung „Chosun“ vermittelt eine andere Botschaft. In einem Bericht hieß es, Kim Jong-un habe sich am 12. April einer Herzoperation unterzogen. Die Gründe dafür seien seine Fettleibigkeit und das starke Rauchen.

Die südkoreanischen und die amerikanischen Medien berichten übereinstimmend über die Operation von Kim. Deutsche und französische Ärzteteams, die Kim Jong-un behandelt haben, haben auch bestätigt, dass sich Kim Jong-un in einem sehr schlechten Gesundheitszustand befinde, schreibt die chinesische Epoch Times.

Er leide nicht nur an hohem Blutdruck, sondern auch an chronischen Krankheiten. Japanische Menschenrechtsgruppen haben sogar schon 2008 darauf hingewiesen, dass Kim Jong-un an Diabetes erkrankt sei. Nordkoreas Führer ist über 30 Jahre alt, unter 1,70 Meter groß und wiegt über 100 Kilo.

Wer wird die Nachfolge von Kim Jong-un antreten, wenn sein Leben wirklich in Gefahr ist? Die Vereinigten Staaten und Chinas Regime haben sich schon auf das Schlimmste vorbereitet.

Möglicher Tod könnte massive Krise im Land auslösen

„Fox News“ berichtete, dass US-Beamte darüber spekulieren, dass es nach dem Tod des nordkoreanischen Führers zu einer massiven Krise im Land kommen könnte. Sie befürchten nicht nur ein Machtvakuum, das alle möglichen Kräfte ausnutzen werden – sie befürchten auch, dass Peking in die inneren Angelegenheiten Nordkoreas eingreifen werde. Am wichtigsten sei jedoch die Frage, wer überhaupt in Frage käme, die Nachfolge anzutreten.

Zunächst einmal hat Kim Jong-un drei Kinder mit Ehefrau Ri Sol-ju. Das älteste Kind sei allerdings erst zehn Jahre alt. Über die Kinder ist auch sehr wenig bekannt.

Die chinesische Epoch Times berichtet, dass der älteste, zehnjährige Sohn Kims als Nachfolger ernannt wurde, allerdings müsse jemand die Regentschaft übernehmen, bis der Sohn sein Amt bekleiden kann.

Südkoreanischen und auch westlichen Medien zufolge kommt Kim Jong-uns Schwester Kim Yo Jon am ehesten in Frage.

Kim Yo Jong, Schwester von Nordkoreas Führer Kim Jong Un, nimmt am 2. März 2019 an der Zeremonie im Ho-Chi-Minh-Mausoleum in Hanoi teil. Foto: JORGE SILVA/AFP über Getty Images

Wird Kim Jong-uns Schwester das Ruder übernehmen?

„Bloomberg“ hat die Kandidaten, die als Nachfolger Kims in Frage kommen, analysiert. Kim Yo Jong, teils königliche Vertreterin, teils persönliche Assistentin, hat sich als eine der engsten Unterstützerinnen ihres Bruders erwiesen, schreibt „Bloomberg“. Anfang April wurde sie als stellvertretendes Mitglied des Politbüros der regierenden Arbeiterpartei Koreas wiedereingesetzt. „Die erneute Berufung Kim Yo Jongs ins Politbüro spiegelt nach Meinung von Beobachtern ihre wachsende Rolle an der Seite ihres älteren Bruders als Beraterin wider“, schreibt der „Tagesspiegel“. Kim Yo Jong ist nach Berichten südkoreanischer Medien 32 Jahre alt.

Kim Yo Jon ist das einzige andere Mitglied der Kim-Familie mit einer annähernd realen Macht im Regime, schreibt „Bloomberg“ weiter. Sie hat ihren Bruder stets zu wichtigen Terminen begleitet – sie nahm auch an Treffen mit US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping teil. „Bloomberg“ zufolge hat sie aber auch alltägliche, weniger politische Aufgaben im Leben ihres mächtigen Bruders übernommen, wie zum Beispiel das Löschen einer Zigarette. Ob die patriarchalische Elite Nordkoreas eine relativ junge Frau als nächste „oberste Führerin“ des Landes unterstützen wird, ist unklar, so die Analyse von „Bloomberg“.

Was ist mit Kim Jong-uns Bruder?

Kims Schwester war in den letzten zwei Jahren die sichtbarste Präsenz um den Führer herum, während sie formell als stellvertretende Direktorin des mächtigen Zentralkomitees der regierenden Arbeiterpartei, inoffiziell aber als Stabschefin ihres Bruders diente, schreibt auch „Reuters“.

Go Myong-hyun, Forschungsstipendiat am Asian Institute for Policy Studies in Seoul, äußerte sich gegenteilig zu diesen Spekulationen: „Es ist unwahrscheinlich, dass Kim Yo Jong das Ruder übernehmen wird, aber sie könnte als Machtvermittler beim Aufbau eines Verwalterregimes helfen, bis die Kinder erwachsen sind, und Kim Jong Chol könnte für eine Weile als Hilfe zurückkehren.“

Kim Jong Chol ist der einzige Bruder des Staatsführers. Er wäre auch ein Kandidat, aber da er „mehr Interesse an Gitarren als an Politik zeigt“ wäre diese Lösung eine „eher langfristige“, so die Analyse von „Bloomberg“.

Wie reagiert Peking?

Nordkorea war lange Zeit eine Marionette, die von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) hinter den Kulissen gegen die westliche Gesellschaft eingesetzt wurde. Aber nachdem Xi Jinping an die Macht kam, änderten sich die Beziehungen zwischen China und Nordkorea für eine Weile. Xi traf sich mehrmals mit Kim Jong-un, nachdem Trump beschlossen hatte, direkte Gespräche mit ihm zu führen. Das Schicksal Kim Jong-uns wirkt sich direkt auf die strategischen Entscheidungen Chinas und der Vereinigten Staaten aus, daher ist der Gesundheitszustand des nordkoreanischen Führers von enormer Wichtigkeit.

Am Dienstag kam auf Twitter die Nachricht, dass der Leiter der internationalen Verbindungsabteilung der KPCh, Song Tao, ein Expertenteam persönlich mit einem Sonderflug nach Pjöngjang führte.

Zuvor teilte eine koreanische Quelle „Radio Free Asia“ mit, dass die KPCh ein medizinisches Expertenteam in Bereitschaft hält, um die Gesundheit von Kim Jong-un sicherzustellen. Wenn sich der Zustand des nordkoreanischen Führers verschlechtert und Kim Jong-un tatsächlich seiner Krankheit erliegt, wird das chinesische Regime sofort einen Kandidaten unterstützen. Es gibt Tausende von chinesischen Agenten, die Kim Jong-un in Nordkorea beschützen, um einen Putsch zu verhindern, wenn ein Machtvakuum und damit ein Machtkampf entstehen sollte.

Das Weiße Haus schaut sehr genau auf die Berichte

Auch die Vereinigten Staaten schauen Richtung Nordkorea. Trumps Sicherheitsberater, Robert O’Brien, sagte gegenüber „Fox News“, dass das Weiße Haus die Berichte über Nordkorea „sehr genau“ überwache.

Auf die Frage, wie eine politische Nachfolge Nordkoreas funktionieren würde, sagte O’Brien: „Die grundlegende Annahme ist, dass es vielleicht jemand aus der Familie wäre. Aber auch hier ist es noch zu früh darüber zu sprechen, denn wir wissen einfach nicht, in welchem Zustand sich der Vorsitzende Kim befindet, und wir müssen abwarten, wie es sich entwickelt.“

Trump sagte, er habe Kim in der Vergangenheit über die Nachfolge befragt, lehnte es aber ab, näher darauf einzugehen, so „Reuters“.



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