Italien verbannt große Kreuzfahrtschiffe aus Venedig

Ab 1. August dürfen große Kreuzfahrtschiffe nicht mehr in die Lagunenstadt Venedig einlaufen. Die Entscheidung der italienischen Regierung kommt kurz vor einer Sitzung des Unesco-Welterbekomitees, auf dem Venedig möglicherweise auf die rote Liste gesetzt worden wäre.
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Eine Kreuzfahrtschiff vor dem Markusplatz in Venedig am 21. September 2013.Foto: ANDREA Pattaro / AFP / Getty Images
Epoch Times14. Juli 2021

Italiens Ministerpräsident Mario Draghi spricht von einem „wichtigen Schritt“ zum Schutz der Lagune von Venedig, der größte italienische Tourismusverband von einem „guten Kompromiss“:

Nach jahrelangen Debatten und Warnungen von Umweltschützern hat die italienische Regierung beschlossen, dass große Kreuzfahrtschiffe ab dem 1. August nicht mehr nach Venedig einfahren dürfen. Das Verbot wurde kurz vor einer wichtigen Sitzung des Unesco-Welterbekomitees verkündet.

Infrastrukturminister Enrico Giovannini gab die Entscheidung am Dienstagabend nach einer Kabinettssitzung bekannt. Dies sei ein „notwendiger Schritt, um die Umwelt, die Landschaft sowie die künstlerische und kulturelle Integrität von Venedig zu schützen“, sagte Giovannini. Draghi kündigte gleichzeitig finanzielle Hilfen an, um die Auswirkungen auf die Beschäftigung abzumildern.

Künftig sollen Kreuzfahrtschiffe mit mehr als 25.000 Tonnen Gewicht, mehr als 180 Metern Länge oder mehr als 35 Metern Höhe den Industriehafen Marghera anlaufen. Betroffen sind auch Schiffe, die bestimmte Abgasnormen überschreiten.

Kleinere Kreuzfahrtschiffe sollen weiterhin im Stadtzentrum anlegen dürfen. Die Regierung sieht darin allerdings lediglich eine vorläufige Lösung. Langfristig setzt sie auf ein neues, dauerhaftes Terminal.

Von den riesigen Schiffen verursachte Wellen schaden den Fundamenten der zum Weltkulturerbe gehörenden Lagunenstadt Venedig und bedrohen das sensible ökologische Gleichgewicht in der Lagune. Die extrem nah entlang der Küste fahrenden Schiffe stellen zudem eine Gefahr für andere Schiffe dar. Kritiker fordern schon seit Jahren, dass die gigantischen Kästen aus dem malerischen Stadtbild der Serenissima verschwinden.

Vor der Corona-Pandemie waren mit den Kreuzfahrtschiffen jedes Jahr Millionen Besucher in die Lagunenstadt geströmt. Sie sorgten für einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, doch auch vielen Einwohnern war der ständige Anblick der Schiffe vor dem Markusplatz zu viel. Die Debatte war nach der Rückkehr der Kreuzfahrt-Giganten Anfang Juni nach einer Corona-bedingten langen Pause wieder aufgeflammt.

Das Verbot kommt rechtzeitig vor der Sitzung des Unesco-Welterbekomitees, das vom 16. bis 31. Juli in China tagt. Ende Juni hatte die UN-Kulturorganisation vorgeschlagen, Venedig auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes zu setzen. Sie mahnte dabei ausdrücklich einen „nachhaltigeren Tourismus“ an.

Mit der Entscheidung habe seine Regierung auch die „reale Gefahr“ vermeiden wollen, dass Venedig als gefährdetes Welterbe eingestuft werde, sagte Kulturminister Dario Franceschini.

Infrastrukturminister Giovannini kündigte Investitionen in Höhe von 157 Millionen Euro in den Hafen Maghera an. Gleichzeitig versprach die Regierung, Einkommensverluste des betroffenen Sektors, insbesondere des Terminalbetreibers, seiner Subunternehmer und der Logistikunternehmen, auszugleichen.

Der Vizepräsident des Tourismusverbandes Confturismo, Marco Michielli, sprach in einer ersten Reaktion von einem „guten Kompromiss“. Die Lösung mit dem Industriehafen Maghera sichere „Arbeitsplätze und den Hafenbetrieb in Venedig“, entlaste aber gleichzeitig Venedigs Giudecca-Kanal, erklärte er.

Bereits Anfang Juni hatten internationale Künstler wie Mick Jagger, Wes Anderson und Tilda Swinton in einem offenen Brief Draghi und den italienischen Präsidenten Sergio Mattarella aufgefordert, Kreuzfahrtschiffe in Venedig vollständig zu verbieten.

In dem Brief forderten sie zudem eine bessere Steuerung der Touristenströme, den Schutz des Ökosystems der Lagune und den Kampf gegen Immobilienspekulation, um „die physische Integrität, aber auch kulturelle Identität“ der Stadt zu bewahren. (afp)



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