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Wahlen am 26. Oktober

Javier Milei vor entscheidenden Zwischenwahlen: Reformagenda in Argentinien auf dem Prüfstand

In einem Monat wählt Argentinien einen neuen Kongress. Für Präsident Javier Milei steht dabei weit mehr als nur ein parlamentarisches Ergebnis auf dem Spiel: Die Zukunft seiner Reformagenda, international oft gefeiert, im Inland jedoch zunehmend unter Druck, könnte sich an diesem Tag entscheiden. Die USA haben ihm nun Rückendeckung signalisiert – ein Milliarden-Swap soll Stabilität bringen.

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Der argentinische Präsident Javier Milei (r.) erhält am 24. September 2025 am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York City den Atlantic Council „Global Citizen Award 2025„ von US-Finanzminister Scott Bessent.

Foto: Ludovic Marin/AFP via Getty Images)

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In Kürze:

  • Argentinien hat am 26. Oktober Kongresswahlen – entscheidend für Mileis Reformkurs
  • Wirtschaftserfolge unter Druck: Peso schwächelt, Skandale belasten Regierung
  • USA signalisieren Unterstützung: Milliarden-Swap und mögliche Anleihekäufe

 
Am 26. Oktober finden in Argentinien Zwischenwahlen zum Kongress statt, bei denen rund die Hälfte der Sitze in beiden Kammern, Nationalversammlung und Senat, neu vergeben werden. Der Ausgang der Wahl könnte mitentscheidend für den Erfolg der Reformagenda von Präsident Javier Milei sein. Auf internationaler Ebene erhielt der libertäre Präsident jüngst reichlich Anerkennung. Im eigenen Land ist sein Reformprojekt jedoch stark unter Druck geraten. Die USA unter Donald Trump haben ihrem engen Verbündeten nun in Aussicht gestellt, die Zentralbank zu stützen. Damit sollen die Märkte ihr Vertrauen in die Regierung in Buenos Aires zurückgewinnen.

Milei mit „Global Citizen Award” ausgezeichnet

In seiner Rede im Rahmen der UN-Generaldebatte hatte Milei am Mittwoch, 24. September, den Vereinten Nationen vorgeworfen, sich von ihren Gründungsprinzipien verabschiedet zu haben. Die UN hätten als Modell freiwilliger Kooperation zur Friedenssicherung begonnen. Mittlerweile seien sie zu einer internationalen Bürokratie geworden, die versuche, Menschen in aller Welt zu diktieren, wie sie zu leben hätten. Milei forderte umfassende Reformen und eine gründliche Untersuchung des Gebarens der UN.
Am Rande der Generaldebatte hat der US-Thinktank Atlantic Council Milei einen „Global Citizen Award“ verliehen. US-Finanzminister Scott Bessent hielt die dazugehörige Laudatio. Er würdigte Milei als einen Mann, der angesichts einer in Trümmern liegenden Wirtschaft begriffen habe, dass „der Staat nicht die Lösung, sondern das Problem“ sei.
Er habe den Mut gehabt, sich gegen das Establishment zu wenden und die Argentinier in die Lage zu versetzen, sich die Regierung dienstbar zu machen, statt selbst ihr Diener zu sein. Milei, so Bessent, habe „die Fundamente für eine neue Goldene Ära in Argentinien gelegt“.

Milei hatte Erfolgsweg hinter sich – bis zum 7. September

Tatsächlich hatte die Regierung Milei seit ihrer Amtsübernahme im Dezember 2023 einige weltweit beachtete Erfolge gefeiert. Es gelang ihr, die Inflation auf 1,9 Prozent zurückzustutzen. Im Dezember 2023 lag sie noch bei 26 Prozent.
Außerdem setzte der über mehrere Monate mit Sondervollmachten regierende Präsident erstmals seit Ende der 2000er-Jahre einen ausgeglichenen Haushalt durch. Die Armut in den Städten sank nach einem kurzfristigen Anstieg auf den niedrigsten Stand seit sieben Jahren. Zudem wächst die Wirtschaft um 5 Prozent.
Mileis Rezepte waren vorwiegend eine radikale Schocktherapie mit massiven Einsparungen und Kürzungen der öffentlichen Ausgaben. Umfragen ließen auch in den schwierigsten Phasen mit den größten sozialen Verwerfungen stabile Mehrheiten für den Reformkurs erkennen.
Der Internationale Währungsfonds gewährte Anfang des Jahres Argentinien einen Kreditvertrag über 20 Milliarden US-Dollar mit einer Laufzeit von vier Jahren. Es war eines der größten IWF-Programme in der Geschichte der Organisation.
Dann kam jedoch der 7. September. An jenem Tag verlor der Kandidat des Milei-Parteibündnisses „La Libertad Avanza“ mit deutlichem Abstand die Provinzwahlen in der Region Buenos Aires gegen den Kandidaten der zuvor regierenden Peronisten. Die Region Buenos Aires erwirtschaftet ein Drittel des BIP des Landes und beherbergt etwa 40 Prozent der Bevölkerung Argentiniens.

Niederlage der Milei-Bewegung sorgte für Nervosität auf den Märkten

In vielen Ländern wählen Groß- und Hauptstädte und deren Umlandregionen anders als die Bevölkerung insgesamt. Das Phänomen kennt man von Berlin oder Wien ebenso wie von Washington, D.C. oder Warschau. Ein stark peronistisch geprägter Beamtenapparat, Universitäten und erhebliche Bemühungen des linken Parteienbündnisses „Fuerza Patria“, Bewohner von Armenvierteln zur Wahl zu mobilisieren, gaben am Ende den Ausschlag.
Die Finanzmärkte reagierten auf den Wahlausgang jedoch nervös. An den Börsen machte sich Unsicherheit breit, inwieweit die Bevölkerung in Argentinien noch hinter dem Reformkurs von Milei stünde. Seine Partei verfügt nur über rund 10 Prozent der Sitze im Kongress und ist somit auf Bündnisse mit anderen Parteien angewiesen. Zuletzt gelang es Mileis Gegnern, in mehreren Fällen ein Veto des Präsidenten zu überstimmen. Die Folgen waren Rückschläge für die Haushaltsdisziplin, und ein internationaler Vertrauensverlust.
Es dauerte nach den Wahlen in Buenos Aires nicht lange, bis der Peso eine massive Abwertung erlebte. Die Regierung musste an einem einzigen Tag fast 700 Millionen US-Dollar an die Zentralbank zuschießen, um den Absturz abzubremsen. Bis heute wird der Peso nicht frei gehandelt, sondern die Regierung hat sich im Kreditvertrag mit dem IWF dazu verpflichtet, diesen innerhalb eines bestimmten Rahmens zu halten. Sollte dies nicht gelingen, drohen eine massive Abwertung und ein Inflationsschub, der die Erfolge der bisherigen Milei-Jahre gefährden könnte.

Kryptoskandal und Korruptionsvorwürfe belasten Image des Präsidenten

In Argentinien werden oft US-Dollar-Reserven verwendet, um Schulden zu tilgen oder Importgüter zu bezahlen. Deren Bestände schrumpften jedoch in erheblichem Maße. Zugleich gingen die Agrarexporte nach dem Ende von Steuervergünstigungen zurück und auch der Tourismus schwächelt. Das Handelsdefizit weitet sich weiter aus. Auch der Zinssatz für langfristige Staatsanleihen bewegte sich wieder deutlich nach oben.
Zuletzt trugen auch Kommunikationspannen und Korruptionsskandale, die man zuvor eher mit dem Peronismus assoziiert hatte, zu einem Glaubwürdigkeitsverlust Mileis bei. Anfang des Jahres hatte der Präsident auf X kurzzeitig auf ein Memecoin-Projekt namens $LIBRA aufmerksam gemacht. Zahlreiche Anleger kauften im Vertrauen auf das ökonomische Urteilsvermögen des Präsidenten von der Kryptowährung. Wenig später stürzte diese ab.
Zudem entließ die Regierung jüngst den Leiter der Behörde für Menschen mit Behinderung, Diego Spagnuolo. Die angebliche Stimme des ehemaligen Anwalts Mileis war in Tonaufnahmen aufgetaucht, die den Medien zugespielt wurden. Darin sprach Spagnuolo angeblich über ein Schmiergeldsystem, in das die Schwester des Präsidenten, Karina Milei, involviert sein soll.
Karina Milei ist sowohl die engste Beraterin von Milei, Generalsekretärin des Präsidenten als auch Parteivorsitzende von „La Libertad Avanza“. So soll sie Bestechungsgelder von Pharmaunternehmen erhalten haben, um den Kauf bestimmter Medikamente für Behinderte durch die Regierung sicherzustellen. Ein Richter ließ daraufhin Anfang August 15 Adressen in deren Umfeld durchsuchen. Die Reaktion des Präsidenten auf die Korruptionsvorwürfe wurde als zu zögerlich und zu vage angesehen.

USA versprechen Stabilisierung von Argentinien

Um den Reformkurs in Argentinien zu stabilisieren, hat US-Finanzminister Scott Bessent am 22. September einen sogenannten Swap über 20 Milliarden US-Dollar, einen Währungstausch, angekündigt. Im Rahmen dieser Vereinbarung könnten die USA zu einem festgelegten Kurs Dollar gegen Pesos tauschen. Bessent zufolge prüft auch den Ankauf argentinischer Dollar-Staatsanleihen.
Dabei hat der Minister die Rückendeckung durch Präsident Trump, der Milei während seiner Rede bei der UN-Vollversammlung für die Wahl seine Unterstützung ausgesprochen.
Argentinien habe unter Führung Mileis „wichtige Schritte in Richtung Stabilisierung unternommen“, äußerte Bessent auf X. Er habe „eine beeindruckende Haushaltskonsolidierung und eine weitgehende Liberalisierung der Preise und restriktiver Regulierungen“ erreicht. Damit habe er „den Grundstein für Argentiniens historische Rückkehr zum Wohlstand gelegt“.

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Immerhin zeigte der argentinische Aktienmarkt infolge der Ankündigung durch die USA wieder deutliche Anzeichen einer Erholung. Auch der Peso-Kurs stieg, allerdings liegt er immer noch erheblich unterhalb des Werts vom Jahresbeginn.
Milei hatte im Wahlkampf erklärt, eine vollständige Dollarisierung des Landes anzustreben. Die USA hätten ein grundlegendes Interesse daran, da dies auch mit einer Verringerung des Einflusses Chinas in der Region verbunden wäre. Allerdings wären bis dahin noch erhebliche Konsolidierungsaufgaben zu leisten.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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