Macrons Marschierer sind nach fünf Jahren müde

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Ein Bild zeigt ein Wahlkampfplakat für die Liste der französischen Partei La Republique En Marche (LREM).Foto: JOEL SAGET/AFP/Getty Images
Epoch Times6. April 2021

Vor fünf Jahren hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seine Bewegung „En Marche“ gegründet. Aus ihr ging die heutige Regierungspartei La République en Marche (LREM) hervor. Doch vor den französischen Regionalwahlen im Juni und der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr wirkt die Bewegung marschmüde.

Auf den Tag heute vor fünf Jahren wurde En Marche geboren“, twitterte Parteichef Stanislas Guerini am Dienstag. „Danke an alle Marschierer für ihr unermüdliches Engagement.“

Auf dem Papier sieht die Bilanz gut aus: Mit 420.000 Mitgliedern ist LREM die größte Partei Frankreichs. Allerdings zahlen die Mitglieder keine Beiträge, die Zahl der tatsächlich aktiven Macron-Anhänger wird deutlich niedriger geschätzt. Das Parteivermögen von rund 23 Millionen Euro kommt aus Wahlzuschüssen, Spenden und Krediten.

Bei den Regional- und Départementswahlen im Juni könnte Macrons Partei erneut einen Dämpfer erleiden – wie bereits bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr und bei der Europawahl 2019. Die Regionalwahlen sind der letzte Stimmungstest vor der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr, bei der Macron ein hartes Duell gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen vorausgesagt wird.

„Wir sind vielerorts in Frankreich noch nicht verankert“, räumt Parteisprecher Roland Lescure ein. Auch das Ziel, eine große demokratische Volkspartei nach US-Vorbild zu werden, hat LREM nicht erreicht, wie ein anderes führendes LREM-Mitglied sagt, das anonym bleiben will.

Die liberale Partei MoDem, mit der LREM im Parlament zusammenarbeitet, hat ihre Unabhängigkeit ebenso behalten wie eine „konstruktive“ Gruppe gemäßigter Konservativer. Im vergangenen Jahr haben sich zudem zwei Gruppierungen von der Präsidentenpartei abgespalten, was letztere in der Nationalversammlung ihre absolute Mehrheit gekostet hat. LREM sei zu hierarchisch organisiert und zu stark auf den Präsidenten ausgerichtet, lautete die Kritik.

Die Gründung von En Marche – benannt nach Emmanuel Macrons Initialen EM – hatte im Frühjahr 2016 noch wie ein Paukenschlag gewirkt. Damit war klar, dass der damals 38 Jahre alte Wirtschaftsminister Macron höhere Weihen anstrebte. Im August desselben Jahres schied er aus dem Kabinett des sozialistischen Präsidenten François Hollande aus, um sich ganz seinen Präsidentschaftsambitionen zu widmen.

Macron pries En Marche als über den Parteien stehende, pro-europäische „Jugendbewegung“ und als „weder links noch rechts“. Er versprach die Abkehr von elitären Parteistrukturen und eine starke Beteiligung der Zivilgesellschaft.

Zumindest letzteres hat Macron wahr gemacht: In die französische Nationalversammlung zogen nach den Wahlen 2017 zahlreiche Polit-Neulinge ein: Unternehmer, Mathematiker oder Kommunikationsexperten, die wie der Arztsohn und frühere Investmentbanker Macron zum großen Teil aus dem französischen Bildungsbürgertum stammten.

Die LREM-Abgeordneten mussten sich in den vergangenen Jahren allerdings gegen den Vorwurf wehren, nur willfährige Mehrheitsbeschaffer für Macrons umstrittenen Reformkurs zu sein – ein Vorwurf, der von „Gelbwesten“ wie Gewerkschaftern kam.

Neben der lokalen Verankerung fehlt der Präsidentenpartei fünf Jahre nach ihrer Gründung auch ein umfassendes Parteiprogramm. „Was La République en Marche will, ist den Leuten letztlich egal“, sagt ein Minister, der seinen Namen nicht nennen will. „LREM dient zum Verteilen von Flugblättern. Der ganze Rest, die Ideen, kommen vom Präsidenten.“ (afp)



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