Noch-Nicht-Kandidatur Macrons bringt Opposition in Rage

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.Foto: LUDOVIC MARIN/POOL/AFP via Getty Images
Epoch Times16. Dezember 2021

Ein Interview war angekündigt, es wurde eine Werbeveranstaltung. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Mittwochabend „zwei Stunden beste Sendezeit auf dem größten Sender“, um eine Bilanz seiner bisherigen Amtszeit zu ziehen, wie die Opposition bitter bemerkte. In vier Monaten läuft Macrons Mandat ab. Und der Präsident hat gute Gründe, noch nicht offiziell zu sagen, dass er gerne im Amt bleiben möchte.

Der Wahlkampf ist in Frankreich längst im vollen Gang. Drei rechte und vier linke Kandidaten bewerfen sich nahezu täglich verbal mit Schlamm, ziehen durch die Stadthallen in der Provinz oder lassen sich – wie derzeit die Kandidatin Marine Le Pen – in französischen Überseegebieten mit Blumenkränzen behängen.

Macron weicht Kandidatur-Frage aus

Nur Macron tut so, als ginge ihn das alles nichts an. Dabei rechnen alle damit, dass der Präsident im April zu seiner Wiederwahl antreten wird. Wenn Macron gefragt wird, ob er denn nicht seine Kandidatur erklären wolle, weicht er aus.

Diese Frage sei sicher „ein Zeichen der Zuneigung“, flachste er kürzlich vor Journalisten, „oder gar ein heimlicher Wunsch“. In seinem Bilanz-Interview erklärte er: „Man kann ein Land nicht in fünf Jahren verändern, deswegen plane ich darüber hinaus.“ Und dabei blieb es dann.

Tatsächlich hat es eine Menge Vorteile für den Präsidenten, seine Bewerbung so spät wie möglich einzureichen. Schon jetzt müssen die Fernsehstationen melden, welcher Politiker wie viel Sendezeit bekommt. Je näher die Wahl rückt, desto genauer wird darauf geachtet, dass niemand bevorzugt wird.

Im Oktober kam Macron laut den jüngsten veröffentlichten Zahlen allein beim Infokanal BFMTV auf gut drei Stunden und lag damit deutlich vorne. Aber so lange er Präsident und nicht Kandidat ist, fällt seine Redezeit nicht unter die Kontrolle.

Ähnlich ist es mit den Wahlkampfkosten, die gedeckelt sind und die jeder Kandidat offenlegen muss. Reist Macron als Präsident durch die Lande, unterliegt er nicht den strengen Regeln.

Opposition in Rage

Seine Noch-Nicht-Kandidatur bringt daher die Opposition in Rage. Die konservative Kandidatin Valérie Pécresse und der grüne Kandidat Yannick Jadot hatten bei der Medienaufsicht CSA vergeblich versucht, die Ausstrahlung des Interviews zu verhindern. Es sei ein „reiner Werbespot“ gewesen, bemerkte Marine Le Pen anschließend.

Die Journalisten traten im pompösen Pressesaal des Élysée-Palastes als brave Stichwortgeber auf, Themen wie der Klimawandel oder Europa wurden gar nicht erst angesprochen.

Stattdessen bekam Macron Gelegenheit zu einer treuherzigen öffentlichen Beichte. „Ich denke, ich habe es manchmal an Respekt fehlen lassen in einigen Äußerungen und dabei Menschen verletzt“, sagte er mit Blick auf frühere flapsige Bemerkungen und schüttelte demonstrativ reuevoll den Kopf. „Das werde ich nicht mehr tun“, fügte er hinzu.

In den Umfragen liegt Macron – auch als unerklärter Kandidat – derzeit vorn. Hinter ihm drängeln sich die drei aussichtsreichsten Kandidaten, wobei die Republikanerin Pécresse noch vor Le Pen und Eric Zemmour liegt. Das linke Lager ist komplett zersplittert. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die für die ehemalige Volkspartei der Sozialisten antritt, kommt gerade mal auf vier Prozent. (afp/dl)



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