Nord Stream 1: Schaden auf Video – Drei-Länder-Ermittlergruppe zerfällt

Unterwasseraufnahmen zeigen das volle Ausmaß der Zerstörungen an der Leitung von Nord Stream. Dänemark will vorerst ohne Deutschland und Schweden ermitteln.
Das Nord Stream 1-Gasleck in der Ostsee, fotografiert von dem Satelliten Pléiades Neo.
Das Nord Stream 1-Gasleck in der Ostsee, fotografiert von dem Satelliten Pléiades Neo.Foto: -/ESA/dpa
Von 18. Oktober 2022

Die dänische Zeitung „Expressen“ hat am Dienstag (18.10.) Unterwasseraufnahmen aus der Ostsee veröffentlicht. Auf diesen ist das vollständige Ausmaß der Schäden an der Pipeline Nord Stream 1 zu sehen. Eine Explosion hatte diese Ende September verursacht.

Zu sehen war, dass die Zerstörungen die Gasleitungen zumindest auf einer Länge von mindestens 50 Metern betroffen hatten. Die Aufnahmen stammen aus einer Tiefe von 80 Metern. Sie zeigen neben Rissen und verbogenem Metall auch erhebliche Auswirkungen auf dem Meeresgrund selbst.

Nord Stream muss durch „extreme Gewalt“ erschüttert worden sein

Drohnenpilot Trond Larsen von Blueye Robotics, der die Aufnahmen anfertigte, war sich gegenüber „Expressen“ sicher:

Nur extreme Gewalt kann solch dickes Metall auf diese Weise verbiegen.“

Damit bestätigt auch er die schon bald nach Bekanntwerden der Beschädigungen verbreitete Annahme, nur Sabotage könne diese erklären. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas. Unterdessen erklärte auch die dänische Polizei, ihre Untersuchungen hätten „starke Explosionen“ als Ursache für die Schäden ausgemacht.

Die Beschädigungen betrafen die Pipelines Nord Stream 1 und 2. Der größte Teil der Schäden trat innerhalb der dänischen Wirtschaftszone auf, was auch eine dänische Zuständigkeit begründete. Die Polizei kündigte an, ein gemeinsames Ermittlungsteam mit dem dänischen Geheimdienst PET zu bilden.

Schweden befürchtete offenbar Informationslecks

Deutschland wird in die Ermittlungen allerdings bis auf Weiteres nicht eingebunden. Wie die „Tagesschau“ berichtet, ist die ursprünglich geplante gemeinsame Ermittlergruppe aufgelöst. Aus Regierungskreisen heißt es demnach, Schweden habe sich aus dem „Joint Investigation Team“ (JIT) verabschiedet. Als Begründung habe man Bedenken bezüglich der Geheimhaltung genannt.

Dänemark habe in weiterer Folge ebenfalls seinen Ausstieg erklärt. Nun wird jedes Land in Eigenregie ermitteln. Immerhin konnte der ARD-Sendung zufolge die Bundespolizei am vergangenen Wochenende erste Tatortaufnahmen machen.

Die Deutsche Marine sowie Taucher und Sprengstoffexperten der Bundespolizei seien ebenfalls vor Ort gewesen. Allerdings hätten die Taucher mangels der für die Tiefe erforderlichen Ausrüstung unverrichteter Dinge nicht zum Einsatz kommen können. Eine Unterwasserdrohne der Bundeswehr habe jedoch Aufnahmen anfertigen können, so die „Tagesschau“.

In Deutschland ermittelt der Generalbundesanwalt

Dem „ARD-Hauptstadtstudio“ zufolge hätten die Ermittler ein Leck von acht Metern Länge ausgemacht. Als Ursache dafür komme lediglich eine Sprengstoffexplosion in Betracht. Die jeweils zwei Stränge umfassenden Pipelines seien an insgesamt vier Stellen zerstört worden. Intakt sei nur noch ein Strang der Nord Stream 2.

In Deutschland leitet der Generalbundesanwalt die Ermittlungen. Die Zuständigkeit ergebe sich infolge der „besonderen Bedeutung des Falls“. Ermittelt werde seit einigen Tagen wegen des Verdachts der „Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion“ und der „verfassungsfeindlichen Sabotage“.

Keine belastbaren Erkenntnisse über Urheber

Über die Urheber des Anschlags gibt es bislang nur Spekulationen. Die Bundesregierung hat bislang eine öffentliche Festlegung vermieden. Deutsche Medien und einige Politiker beschuldigten den Kreml, selbst hinter der Zerstörung der Pipelines zu stehen. Substanzielle Anhaltspunkte dafür gibt es jedoch bislang keine. Auch die Motivlage wäre in diesem Fall unklar.

Russland wiederum geht davon aus, dass Geheimdienste von Ländern hinter dem Anschlag stehen, die Nord Stream bereits zuvor abgelehnt hatten. Das wären neben der Ukraine beispielsweise Polen oder die baltischen Staaten.

Auch Großbritannien und die USA hatten sich stets gegen das Projekt ausgesprochen. In diesem Fall hätte unter anderem das Motiv eine Rolle spielen können, vollendete Tatsachen zu schaffen. In Deutschland hatten sich die Teilnehmerzahlen bei Demonstrationen für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 im September stetig erhöht.

Neben Deutschland, Schweden und Dänemark führen auch die Amerikaner eigene Ermittlungen durch. Was Russland unternimmt, ist unklar. Sicher scheint, dass es einen regelrechten Wettlauf um Beweismaterial gibt, das sich womöglich auf dem Meeresgrund befindet.

Putin: Bei Nord Stream „Ball im Feld der EU“

Die NATO hat nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg ihre Präsenz in der Ost- und in der Nordsee nach der „Sabotage“ an den Nord-Stream-Pipelines verdoppelt. „Wir haben unsere Präsenz in der Ostsee und in der Nordsee auf mehr als 30 Schiffe verdoppelt“, sagte Stoltenberg am Dienstag in Brüssel. Die Schiffe würden aus der Luft und von „Unterwasser-Kapazitäten“ unterstützt.

Der russische Staatschef Wladimir Putin hat die Lecks an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee auf eine Tat des „internationalen Terrorismus“ zurückgeführt. Davon würden die Ukraine, Polen und die USA profitieren, sagte Putin am Mittwoch bei einer Rede anlässlich der russischen Energiewoche in Moskau.

Sie profitierten insbesondere davon, dass die „geopolitische Bedeutung“ der Gasinfrastruktur in ihren Ländern zunehme. Aber auch die USA seien Nutznießer, „sie können nun ihre Energie zu höheren Preisen verkaufen“. Was die Reparatur der Nord-Stream-Pipelines angehe, sei „der Ball im Feld der EU“, sagte der russische Präsident weiter.

Auch warnte er vor den Folgen einer in der EU diskutierten Deckelung des Ölpreises. Dies sei „eine Bedrohung für das Wohlergehen von Milliarden Menschen“, sagte Putin. Mit ihren „abenteuerlichen Entscheidungen“ zerstörten einige westliche Politiker die globale Marktwirtschaft.

(Mit Material von dts)



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