Österreichisch-holländisches Gipfeltreffen: „Nein“ zum Schengen-Beitritt, „Ja“ zum Grenzzaun in Bulgarien

Vor dem außerordentlichen EU-Gipfel am 9. und 10. Februar, bei dem es auch um Migration gehen wird, sind noch viele Dinge zu besprechen. Die Aufnahme von Bulgarien und Rumänien in den Schengen-Raum ist ein heißes Thema. Auch andere Staatschefs diskutieren darüber.
Titelbild
Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer (r.) und der niederländische Premierminister Mark Rutte (l.) im Bundeskanzleramt in Wien am 26. Januar 2023.Foto: ALEX HALADA/AFP via Getty Images
Von 1. Februar 2023

Der niederländische Premierminister Mark Rutte traf sich kürzlich mit dem österreichischen Bundeskanzler Nehammer in Wien, nachdem dieser in der vergangenen Woche Bulgarien besucht hatte. Hauptthema des Politikertreffens war die Migration und die Notwendigkeit von EU-Regeln für die Außengrenzen.

Nehammer sprach sich dafür aus, Bulgarien beim Schutz der EU-Außengrenzen finanziell durch die EU zu unterstützen. Seiner Meinung nach bedeutet der Schutz der bulgarischen Grenze auch den Schutz der österreichischen und der EU-Grenze. Nehammer sagte:

Es ist nicht richtig, dass Bulgarien mit den Kosten allein gelassen wird. […] Das ist keine ideologische Frage, sondern eine pragmatische.“

Der niederländische Präsident betonte, dass es – verglichen mit der Vergangenheit – ein Fortschritt sei, dass sich in der EU ein Konsens über die Migration abzuzeichnen scheint. Allerdings werden Rutte zufolge weitere EU-Gipfel nötig sein, um die Probleme zu lösen, schreibt „vienna.at“.

Die EU-Kommission will keine Zäune finanzieren

Bei dem Treffen in Wien waren sich beide Politiker einig, dass der Schengen-Beitritt Bulgariens nicht an erster Stelle stände. In erster Linie sollte das Land bei der Entwicklung des Grenzverwaltungssystems unterstützt werden, welches für den Beitritt unerlässlich ist.

Um Brüssel davon zu überzeugen, besuchte Nehammer Bulgarien direkt. Am 24. Januar begutachtete er gemeinsam mit Präsident Rumen Radev den aktuellen Grenzzaun aus einem Hubschrauber.

Seine Schlussfolgerung war, dass ein neuer Zaun an der bulgarisch-türkischen Grenze gebaut werden muss, so die rumänisch-ungarische Tageszeitung „Transtelex“. Der Zaun, der derzeit die Grenze schützt, wurde 2015 gebaut und reicht laut Nehammer nicht mehr aus.

Am 23. Januar 2023 reiste Bundeskanzler Karl Nehammer (l.) gemeinsam mit Innenminister Gerhard Karner zu einem Arbeitsbesuch nach Bulgarien. Im Bild mit dem bulgarischen Präsidenten Rumen Radew (r.). Foto: Andy Wenzel / BKA

Nehammer warf der EU-Kommission, die keine Zäune finanzieren will, einen „ideologischen Ansatz“ in dieser Frage vor. Die Regeln zum Schutz der EU-Außengrenzen umfassen auch strukturelle Maßnahmen. Nehammer fordert daher Unterstützung für Bulgarien und Griechenland in praktischen Fragen – die EU sollte technische Ausrüstung, Personal und auch Drohnen finanzieren.

Die Österreicher hatten bereits im Dezember vorgeschlagen, insgesamt 2 Milliarden Euro für die Reparatur der Grenzzäune an der gemeinsamen Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei bereitzustellen. Der Vorschlag an die Europäische Kommission wurde aber damals von dieser mit dem Hinweis auf fehlende Haushaltsmittel abgelehnt, berichtet „Schengenvisainfo.com“.

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer gemeinsam mit dem bulgarischen Präsidenten Rumen Radew bei der Besichtigung des regionalen Koordinationszentrum der Grenzpolizei. Foto: Andy Wenzel / BKA

Bulgariens europäische Zukunft

Der bulgarische Regierungschef Rumen Radev betonte nach seinem Treffen mit Nehammer, dass der Schengen-Raum ohne Rumänien und Bulgarien nicht richtig funktionieren kann.

„Die Tatsache, dass Schengen in Mitteleuropa nicht vollständig funktioniert und dass Kontrollen zwischen den Ländern der Region eingeführt wurden, bedeutet nicht, dass Bulgarien und Rumänien außerhalb von Schengen bleiben sollten“, sagte der bulgarische Präsident Rumen Radev laut „Transtelex“.

Das bulgarische Staatsfernsehen berichtete bereits im vergangenen Dezember, dass der bulgarische Präsident Radev gesagt habe, das Land werde spätestens im Oktober 2023 dem Schengen-Raum beitreten. Mitte Dezember betonte er in Brüssel, dies sei wichtig für die Entwicklung des Landes, für Bulgariens europäische Zukunft, für den Aufstieg der bulgarischen Wirtschaft, für den bulgarischen Lebensstandard und die Lebensqualität.

„Dies ist ein Kampf um unsere Würde. Dies ist das erste Mal, dass Bulgarien eine solche Unterstützung von allen Mitgliedstaaten und allen europäischen Institutionen erhält. Alle unsere Bemühungen richten sich auf die Sicherung der gemeinsamen Grenze, die Bekämpfung des illegalen Menschenschmuggels und der Sekundärmigration, und wir decken immer mehr illegale Netzwerke auf, transnationale und interne“, erklärte der bulgarische Präsident.

Diplomatische Arbeit im Hintergrund

Früheren Berichten zufolge scheint die Situation in Rumänien besser zu sein als in Bulgarien. Über die Beitritte der beiden Länder in den Schengen-Raum wird jedoch gemeinsam abgestimmt – in einem „Paket“ –, sodass sie praktisch aneinander gebunden sind. Die beiden Balkanländer führen jetzt eine direkte Kampagnenarbeit bei den EU-Mitgliedstaaten durch, die sie im Dezember bei der Aufnahme blockiert haben.

In diesem Zusammenhang sagte der rumänische Europaabgeordnete Victor Negrescu anlässlich des Besuchs von Nehammer in Bulgarien, dass die Rumänen auch „eine dynamischere Diplomatie brauchen, insbesondere Treffen auf höchster Ebene und eine bessere Zusammenarbeit zwischen allen, die Rumänien helfen können, dieses wichtige Ziel zu erreichen.“ Negrescu betonte in seiner Erklärung, dass „Bulgarien eine diplomatische Offensive für seinen Beitritt gestartet hat“, zitierte das rumänisch-ungarische Politikportal „Maszol“ den Politiker.

Sowohl rumänische als auch bulgarische Politiker scheinen sich einig zu sein, dass der EU-Gipfel im Februar dieses Jahres für sie entscheidend sein könnte.

Am 9. und 10. Februar findet in Brüssel ein außerordentlicher EU-Gipfel statt. Neben dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens könnte auch die Frage der Rückführung von Flüchtlingen angesprochen werden. Laut dem Wirtschaftsportal „Vg.hu“ versucht die Europäische Kommission, die Zahl der Rückführungen zu erhöhen. Bereits im Januar hat die Europäische Union dazu einen neuen Vorschlag vorgelegt. Der Februar-Gipfel könnte also nicht nur in der Schengen-Frage, sondern auch in der gesamten Migrationspolitik der EU für Überraschungen sorgen.



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