Frankreichs Innenminister wird zu Präsident Macrons großem Problem

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Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin.Foto: THOMAS COEX/AFP via Getty Images
Epoch Times1. Dezember 2020

Für Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron ist Innenminister Gérald Darmanin zum Problem geworden: Bilder brutaler Polizeigewalt, ein geplantes Filmverbot für Journalisten und Ermittlungen wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs haben ihn in Misskredit gebracht. Nun muss Darmanin auf Druck Macrons die Nachbesserung seines hoch umstrittenen Sicherheitsgesetzes vornehmen: eine Ohrfeige für den ehrgeizigen 38-Jährigen.

Eigentlich sollte Darmanin dem Staatschef helfen, bis zur Präsidentenwahl in anderthalb Jahren konservative Wähler an sich zu binden. Nach seiner Ernennung im Sommer legte sich der Hardliner ins Zeug: Darmanin erklärte den politischen Islam zum „Todfeind der Republik“ und ließ nach den jüngsten Anschlägen von Nizza und Paris fundamentalistische Organisationen auflösen und eine Moschee schließen.

Bilder über brutale Polizeigewalt erschweren den Weg zum Gesetz für „globale Sicherheit“

Dann jedoch holten den Innenminister Bilder brutaler Polizeigewalt ein. Präsident Macron äußerte sich „sehr schockiert“ über die Aufnahmen von Polizisten, die einen schwarzen Musikproduzenten in seinem Pariser Studio schlugen und traten – nicht ahnend, dass eine Überwachungskamera sie filmte. Eine „Schande“ für Frankreich, befand Macron.

Die Bilder kamen für Darmanin zum schlechtesten Zeitpunkt: Denn das Parlament berät derzeit über sein Gesetz für „globale Sicherheit“, das Journalisten das Filmen und Veröffentlichen brutaler Polizeieinsätze unter Androhung von Haft- und Geldstrafen erschweren soll.

Nach Massenprotesten vom Wochenende zog der Präsident die Reißleine: Macron verdonnerte Darmanin bei einer Krisensitzung dazu, unter Federführung der Regierungsmehrheit im Parlament einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden. Ausgerechnet Darmanins geschasster Amtsvorgänger Christophe Castaner kündigte als Fraktionschef der Präsidentenpartei La République en Marche die „vollständige Neufassung“ des umstrittenen Filmverbots-Artikels an.

Darmanin zeigte sich bis zuletzt uneinsichtig. Er sei „Fetischist des Schutzes von Polizisten und Gendarmen“, begründete er das Filmverbot noch am Montag bei einer Parlamentsanhörung. Er wolle die Polizisten vor persönlichen Angriffen schützen, über die viele Beamte seit den „Gelbwesten“-Protesten in Frankreich klagen.

Bei der Neufassung des umstrittenen Gesetzesartikels ist Darmanin auf die größte Oppositionspartei Les Républicains (Die Republikaner) angewiesen, der er früher selbst angehörte. Die konservative Partei spielt eine dominierende Rolle im Senat, und das Oberhaus des Parlaments befasst sich ab Januar mit dem Sicherheitsgesetz.

Frankreichs größte Oppositionspartei wirft Darmanin „Verrat“ vor

Die Partei von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ist allerdings nicht gut auf Darmanin zu sprechen: Sie wirft ihm „Verrat“ vor, weil er als früherer Sprecher Sarkozys nach Macrons Wahlsieg 2017 mit fliegenden Fahnen in dessen Lager übergelaufen war.

Als Sohn eines französischen Barkeepers und einer algerischen Mutter hatte sich Gérald Moussa Darmanin schon mit 16 Jahren in seinem nordfranzösischen Heimatort Valenciennes für die Konservativen engagiert. Auch nach dem Studium an der Elite-Uni Sciences Po in Lille arbeitete er für Politiker des rechten Lagers.

Er wurde Sarkozys Sprecher und Wahlkampfchef in der Präsidentschaftskampagne, die aber schließlich Macron für sich entschied. Unter Macron diente Darmanin zunächst als Haushaltsminister, bevor er im Sommer das Innenressort bekam.

Auch Frauenrechtlerinnen ist Darmanin ein Dorn im Auge: Im Juli sorgte er für Schlagzeilen, weil ihm zwei Frauen Vergewaltigung und sexuelle Nötigung vorwarfen. In einem Fall wurden die Ermittlungen mangels Beweisen eingestellt.

Das Innenministerium gilt in Frankreich traditionell als Sprungbrett für eine Präsidentschaftskandidatur, unter Macron wirkt es eher wie ein Schleudersitz: Darmanin ist bereits der dritte Amtsinhaber in drei Jahren. Wenn er nicht aufpasst, könnte seine Karriere schneller enden als gedacht. (afp)



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