Bei wütenden Protesten gegen eine geplante Verfassungsreform in Paraguay ist ein Oppositionsaktivist getötet worden. Der Führer der Jugendorganisation der oppositionellen Liberalen Partei wurde nach Parteiangaben bei der Durchsuchung der Parteizentrale in Asunción von einem Polizisten erschossen. Bei den Protesten in der Nacht zum Samstag wurden 30 Menschen verletzt, mindestens 211 Menschen wurden festgenommen. Nach Angaben von Parteichef Efrain Alegre starb der Führer der Jugendorganisation, der 25-jährige Rodrigo Quintana, durch einen Kopfschuss. In die Parteizentrale hatte sich ein Teil der von der Polizei bei den Protesten vertriebenen Demonstranten geflüchtet. Das Innenministerium erklärte, es seien Ermittlungen zum Tod von Quintana eingeleitet worden. Senat stimmt Verfassungsänderung zu - Proteste folgen Am Freitag hatte der Senat mit der Mehrheit der Unterstützer von Präsident Horacio Cartes für eine umstrittene Verfassungsänderung gestimmt, welche diesem die Wiederwahl ermöglichen soll. Am Abend stürmten wütende Demonstranten daraufhin den Kongress in der Hauptstadt Asunción und legten Feuer. Hunderte Regierungsgegner lieferten sich nach der Abstimmung Zusammenstöße mit der Polizei, rissen Zäune und Barrieren an den Eingängen zum Kongress nieder und warfen Scheiben ein. Die Demonstranten skandierten "Nie wieder Diktatur" und verwüsteten die Büros von Senatoren, die für die Verfassungsänderung gestimmt hatten. Die Sicherheitskräfte setzten berittene Polizisten und Wasserwerfer ein, um die Demonstranten auseinanderzutreiben. [caption id="attachment_2085728" align="alignnone" width="640"] Das Kongressgebäude nach den Protesten am 1. April 2014 in Asunción, Paraguay. Foto: Foto: NORBERTO DUARTE/AFP/Getty Images[/caption] Demonstranten, Sicherheitskräfte und Politiker verletzt Rund 30 Demonstranten und Sicherheitskräfte wurden nach Feuerwehrangaben verletzt. Auch mehrere Politiker seien verletzt worden, darunter Senatspräsident Roberto Acevedo, sagte Senator Luis Wagner von der Opposition. Acevedo hatte erklärt, das Votum verstoße gegen die Verfassung, und den Obersten Gerichtshof aufgefordert, das Votum zu annullieren. Ebenfalls verletzt wurden demnach der bei der Präsidentschaftswahl 2013 unterlegene Kandidat Efrain Alegre sowie ein liberaler Abgeordneter. Sie alle wurden von Gummigeschossen der Polizei getroffen. Am Samstagmorgen hatten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle. Vor dem Kongress war eine große Anzahl von Einsatzkräften postiert, um mögliche weitere Krawalle zu verhindern. Sitzung zur Verfassungsreform vertagt Die Verfassungsreform sollte eigentlich am Samstag zur Abstimmung im Abgeordnetenhaus gebracht werden, wo der Staatschef eine Mehrheit hat. Nach den Krawallen wurde die Sitzung vertagt. Sollten beide Kammern des Parlaments das Vorhaben billigen, ist binnen drei Monaten ein Referendum geplant. Parlamentspräsident Hugo Velázquez äußerte sich erschüttert über die Gewalt. "Ich hoffe, dass wieder Ruhe und Eintracht einkehren", sagte er in einer Fernsehansprache. Staatschef Cartes bezeichnete die Demonstranten als "Barbaren". Paraguays Verfassung sieht derzeit nur eine Amtszeit für den Präsidenten vor. Eine Wiederwahl ist verboten, um einen Rückfall in eine Diktatur zu verhindern. Das südamerikanische Land litt unter einer langen Diktatur unter General Alfredo Stroessner, der von 1954 bis 1989 an der Macht war. Gegner von Staatschef Cartes werfen diesem ein "diktatorisches Projekt" vor, bei dem er von dem früheren Linkspräsidenten Fernando Lugo unterstützt werde. Dieser könnte im Falle einer Verfassungsänderung auch wieder kandidieren. Mehr zu diesem Thema: „Nie wieder Diktatur“: Demonstranten stürmen Kongress in Paraguay und legen Feuer