Schüsse und Tränengas bei Staatsbegräbnis von Haitis ermordetem Präsidenten Moïse

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Begräbnis von Haitis Präsident Jovenel Moïse.Foto: VALERIE BAERISWYL/AFP via Getty Images
Epoch Times24. Juli 2021

Das Staatsbegräbnis von Haitis Präsident Jovenel Moïse ist trotz starker Sicherheitsvorkehrungen von Gewalt überschattet worden. Bei der Zeremonie für den vor rund zwei Wochen ermordeten 53-Jährigen fielen am Freitag in der nördlichen Stadt Cap-Haïtien Schüsse, die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Einige der Trauergäste verließen daraufhin fluchtartig den Beerdigungsort. In der Stadt wurden Barrikaden errichtet und Fahrzeuge in Brand gesetzt.

Zu der Zeremonie im Freien hatten sich am Nachmittag Regierungsmitglieder, Vertreter ausländischer Regierungen und Diplomaten versammelt. Der Sarg des Präsidenten war in die rot-weiß-blaue haitianische Flagge gehüllt, darüber lag die Präsidentenschärpe.

Zunächst verlief die mehrstündige Zeremonie ohne Zwischenfälle. Als später außerhalb des Beerdigungsortes Schüsse fielen und die Polizei Tränengas einsetzte, verließen einige Teilnehmer inmitten von Tränengaswolken fluchtartig den Ort.

Bereits Anfang der Woche hatte es in der Stadt Zusammenstöße gegeben, als Polizeichef Léon Charles die Sicherheitsvorkehrungen für die Beerdigung inspizierte. Viele Bewohner des Nordens werfen den Sicherheitskräften vor, Moïse nicht ausreichend geschützt zu haben. Auch am Freitag waren in Cap-Haïtien mehrere Straßen durch Barrikaden und Autos in Flammen blockiert. Mehrere Geschäfte wurden niedergebrannt. Einheimische und ausländische Journalisten wurden von Demonstranten angegriffen.

Von Mordkommando erschossen

Moïse war in der Nacht zum 7. Juli in seinem Haus in der Hauptstadt Port-au-Prince von einem Mordkommando erschossen worden. Nach Polizeiangaben gehörten „26 Kolumbianer und zwei US-Bürger haitianischer Herkunft“ zu dem Kommando. Mehr als 20 Menschen wurden seither festgenommen. Laut Polizei wurde das Attentat von Haitianern mit politischen Ambitionen und Verbindungen ins Ausland geplant.

Vor seiner Beisetzung auf dem Gelände der Familienresidenz beklagte Moïses Witwe Martine, die bei dem Attentat auf ihren Mann verletzt und zur Behandlung in den US-Bundesstaat Florida ausgeflogen worden war, in ihrer Trauerrede, dass ihr Mann „brutal ermordet“ worden sei. „Welches Verbrechen hast du begangen, um eine solche Bestrafung zu verdienen?“ fragte sie.

Die Witwe nannte die haitianische Politik „verrottet und unfair“ und sagte, ihr Mann habe versucht, dies zu ändern. „Über Nacht“ habe sich „das ganze System“ gegen ihn gestellt. Dennoch wolle sie keine „Rache oder Gewalt“.

Haiti in tiefer Krise

Der Mord stürzte den ohnehin von Instabilität und großer Armut geprägten Karibikstaat in eine noch tiefere Krise. Moïse hatte Haiti zuletzt per Dekret regiert, nachdem eine für 2018 geplante Parlamentswahl unter anderem wegen Protesten gegen ihn verschoben worden war.

Diese Woche trat der neue Regierungschef Ariel Henry sein Amt an. Bei seiner Amtseinführung am Dienstag versprach der 71-jährige frühere Neurochirurg, sich mit aller Kraft für die Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung einzusetzen. Diese seien Voraussetzung für freie und faire Wahlen.

Moïse hatte als eine seiner letzten Amtshandlungen Henry zum neuen Ministerpräsidenten ernannt. Nach Moïses Tod kam es zu einem Machtkampf zwischen Henry und Interims-Ministerpräsident Claude Joseph, der nach dem Attentat den Ausnahmezustand ausgerufen hatte. Joseph kehrte am Dienstag auf seinen Posten als Außenminister zurück.

Haiti hat kein arbeitsfähiges Parlament und nur eine Handvoll gewählter Senatoren. Auch einen Übergangspräsidenten gibt es noch nicht. (afp)



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