„Schutz unserer Bürger und Kinder“: Putin unterzeichnet Gesetzentwurf zum Verbot von Transgender-Operationen

In Russland ist es künftig nicht mehr erlaubt, sein biologisches Geschlecht durch eine Operation zu verändern. Damit erweitert der russische Präsident bereits bestehende Gesetze gegen die Transgender-Bewegung. Gegner des Gesetzes werfen dem Kreml vor, „Trans-Personen zum Sündenbock zu machen“.
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Der russische Präsident Wladimir Putin am 17. Juli 2023 in Moskau. Er beschuldigt den Westen, dem Rest der Welt „fremde Ideologien“ aufzuzwingen.Foto: Alexander Kazakov/SPUTNIK/AFP via Getty Images
Von 25. Juli 2023

Russlands Präsident Wladimir Putin hat ein Gesetz unterzeichnet, das bis auf wenige Ausnahmen Operationen zur Geschlechtsumwandlung und geschlechtsangleichende Hormontherapien verbietet.

Putin unterschrieb die Verordnung am 24. Juli. Noch am selben Tag wurde sie offiziell im russischen Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Das Gesetz verbietet alle medizinischen Verfahren zur Änderung des Geschlechts einer Person sowie die Änderung des Geschlechts in offiziellen Dokumenten und öffentlichen Unterlagen. Anfang Juli war es bereits von beiden Kammern des russischen Parlaments einstimmig verabschiedet worden.

Neben der Änderung von Geschlechtsangaben und -namen in offiziellen Dokumenten verbietet das Gesetz auch die Adoption von Kindern durch Transgender-Personen. Überdies werden Ehen nun automatisch für ungültig erklärt, wenn ein Partner beschließt, sein Geschlecht zu ändern. Damit wird eine in Russland bereits bestehende Praxis offiziell festgeschrieben.

Eine einzige Ausnahme des Gesetzes besteht darin, dass eine solche Behandlung bei „angeborenen physiologischen Anomalien der Geschlechtsbildung bei Kindern“ zulässig ist. Das bedeutet im Wesentlichen, dass Kinder, die mit intersexuellen Merkmalen geboren werden, solchen Verfahren unterzogen werden können. Auf diese Weise können sie physiologisch ihrem Geburtsgeschlecht angeglichen werden.

„Schutz unserer Bürger und Kinder“

Russische Gesetzgeber haben die Maßnahme als Schutz Russlands vor der „westlichen Anti-Familien-Ideologie“ dargestellt. Einige bezeichneten die Geschlechtsumwandlung sogar als „reinen Satanismus“.

Der Sprecher der russischen Nationalversammlung, Wjatscheslaw Wolodin, hat den Gesetzentwurf Anfang Juli zur Prüfung durch die Gesetzgeber vorgelegt. Unterstützung erhielt er dabei von den Vorsitzenden aller fünf Fraktionen im russischen Parlament.

In einer Erklärung auf Telegram verkündete Wolodin, dass der Gesetzentwurf darauf abziele, „unsere Bürger und Kinder zu schützen“. Er nannte die Idee der Geschlechtsumwandlung einen „Weg zur Degeneration der Nation“.

Gesetzesgegner: „Kreml will Trans-Personen zu Sündenbock machen“

Gesetzesgegner wie die linksgerichtete Interessengruppe Open Democracy erhoben folgenden Vorwurf: der Schritt sei Teil der Bemühungen des Kremls, Trans-Personen – und Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft – zu einem „Sündenbock in seiner Kampagne zur Förderung ‚traditioneller Werte‘ zu machen.“

„Putin ist sehr daran interessiert, der globalen Transgender-Bewegung zu signalisieren, dass Russland eine Bastion traditioneller Werte ist“, schrieb die Gruppe in einer Erklärung, wenige Tage bevor Putin die Maßnahme in ein Gesetz umsetzte.

Dabei wies Open Democracy auf den ihrer Meinung nach „surrealen Moment“ hin, als der russische Staatspräsident die Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling in einer nationalen Ansprache im Jahr 2022 über die „Cancel Culture“ verteidigte. Zudem habe er vermittelt, dass „queerphobische Kräfte aus der ganzen Welt bereit sind, zuzuhören und zu lernen“.

Laut Open Democracy rührt der Angriff des Kremls auf LGBT-Personen daher, dass diese sich in Russland „oft gegen den Krieg und den Kreml engagieren“. Dies sei Teil der Strategie der russischen Regierung, „Feinde zu schaffen und die öffentliche Aufmerksamkeit von den wirklichen Problemen abzulenken“. Zudem könnten „wehrlose Gruppen aus Gründen der ‚Staatssicherheit‘ weiter unterdrückt“ werden.

Ljubow Winogradowa, Geschäftsführerin der Unabhängigen Psychiatrischen Vereinigung Russlands, bezeichnete das Gesetz in einem Interview mit AP als „menschenfeindlich“. Dies verkündete sie kurz nachdem die Maßnahme Anfang Juli das russische Parlament passiert hatte. Geschlechtsumwandlungen „sollten nicht völlig verboten werden, denn es gibt Menschen, für die dies die einzige Möglichkeit ist, normal zu leben und Frieden mit sich selbst zu finden“, fügte Vinogradova hinzu.

Als Reaktion auf die Verabschiedung des Gesetzes erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums gegenüber der englischen Epoch Times, dass die Vereinigten Staaten „Diskriminierung und Missbrauch von LGBT-Personen entschieden ablehnen“. „Regierungen müssen sich dafür einsetzen, dass alle Menschen die Menschenrechte und Grundfreiheiten, auf die sie Anspruch haben, frei genießen können“, sagte die Sprecherin.

Russlands Verbot schwuler Propaganda

Moskaus hartes Vorgehen gegen die Transgender-Bewegung folgt auf ein Gesetz, das „Propaganda“ von LGBT-Beziehungen und -Lebensstilen verbietet. Konkret umfasst dies die öffentliche Zurschaustellung und Darstellung von homosexuellen Identitäten und Aktivitäten in den Medien. Die russische Regierung hatte das Gesetz im vergangenen Jahr verabschiedet.

Berichten zufolge wurde das Gesetz seitdem herangezogen, um „Gay Pride“-Märsche in Russland zu verbieten und Pro-LGBT-Aktivisten zu verhaften. Damals bezeichnete US-Außenminister Antony Blinken das Gesetz als einen „Schlag gegen die Meinungsfreiheit“. Er forderte die russischen Gesetzgeber auf, das Gesetz abzulehnen und „die Menschenrechte und die Würde aller Menschen zu achten“.

Im Anschluss an die Kritik der Vereinigten Staaten und anderer westlicher Beamter wandte sich die russische Botschaft an Washington: Sie prangerte sogenannte „Versuche westlicher Staaten“ an, anderen Ländern „pseudoliberale und perverse Ideen über Menschenrechte aufzuzwingen“. Vorne dabei seien die Vereinigten Staaten.

Sie forderte Washington auf, „die Entscheidung unseres Volkes zu respektieren, sich an moralische Richtlinien zu halten.“ Von Generation zu Generation weitergegeben würden diese die „Grundlage der russischen staatsbürgerlichen Identität bilden“.

Putin: „Transgenderismus ist ein Beweis für ‚moralischen Verfall‘“

Mit dem Gesetz wurde ein früheres Gesetz aus dem Jahr 2013 erweitert. Dieses verbietet vermeintliche LGBT-Propaganda, die sich nach Ansicht der russischen Gesetzgeber speziell an Kinder richtet.

Putin war ein häufiger Kritiker der LGBT-Bewegung und des Konzepts der „Geschlechterfluidität“. „Wenn die westlichen Eliten glauben, dass sie ihr Volk dazu bringen können, sich mit seltsamen und trendigen Ideen wie Dutzenden von Geschlechtern oder Schwulenparaden zu beschäftigen, dann soll es so sein“, sagte Putin im November 2022. „Aber sie haben sicherlich nicht das Recht, anderen vorzuschreiben, in ihre Fußstapfen zu treten“, sagte er.

Putin hat bei mehreren Gelegenheiten behauptet, dass Vorstellungen von Transgenderismus ein Beweis für „moralischen Verfall“ seien. Den Westen beschuldigte er, dem Rest der Welt „fremde Ideologien“ aufzuzwingen.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Putin Signs Bill Banning Transgender Procedures in Russia“ (redaktionelle Bearbeitung il)



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