Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Informationen, die Taiwan über COVID-19 der Welt zur Verfügung gestellt hat, nicht an die Mitgliedsstaaten weitergegeben, sagte Taiwans Außenministerium am 30. März. Das betrifft auch Einzelheiten über die Fälle und Präventionsmethoden Taiwans.
Leitender WHO-Berater scheint der Frage nach Taiwans Antwort auf Covid-19 auszuweichen
In einem
Beitrag des Radiosenders „Radio Television Hongkong“ fragte eine Journalistin den WHO-Experten Dr. Bruce Aylward, ob die Organisation eine Mitgliedschaft Taiwans in Erwägung ziehen würde.
Auf dem
Filmmaterial sagte er, dass er nicht richtig hören könne. Er bat die Reporterin, zur nächsten Frage überzugehen. Dann wurde die Verbindung plötzlich unterbrochen, nachdem die Reporterin gesagt hatte, sie würde gerne mehr über Taiwan hören.
Später, als der Anruf wieder aufgenommen wurde, bat ihn der Moderator der Sendung, sich zu Taiwans Fortschritten bei der Eindämmung des Virus zu äußern. Aylward antwortete, dass alle Gebiete Chinas gute Arbeit geleistet hätten, und wünschte Hongkong viel Glück bei seinen Bemühungen.
„Kann man in der WHO nicht einmal ‚Taiwan‘ aussprechen?“
Der taiwanesische Außenminister Joseph Wu reagierte auf das Video in einem
Tweet:
„Wow, kann man in der WHO nicht einmal ‚Taiwan‘ aussprechen? Im Umgang mit einer Pandemie sollte man die Politik beiseitelassen. Über 450 Nachrichtenmeldungen aus über 40 Ländern berichteten bisher positiv über den Umgang Taiwans mit #COVID19. Diese Berichte halten uns nicht für einen Teil von China & #TaiwanCanHelp. JW“
Das Nachrichtenportal
„Bloomberg“ hat den Sprecher der WHO, Tarik Jasarevic, über das Geschehene befragt. „Die Frage der Mitgliedschaft Taiwans in der WHO ist Sache der WHO-Mitgliedsstaaten, nicht der WHO-Mitarbeiter“, antwortete der Sprecher in einer E-Mail an „Bloomberg“. „Die WHO zieht aus allen Bereichen, einschließlich der taiwanischen Gesundheitsbehörden, Lehren, um die weltweit besten Verfahren einzusetzen“, schrieb er weiter.
Nach Angaben von „Bloomberg“ antwortete Jasarevic nicht auf die Frage, ob Dr. Aylward das Gespräch mit der Reporterin mit Absicht beendet hätte.
China blockiert Taiwans Teilnahme
Die WHO hat eine Anlaufstelle in Taiwan, um Informationen zu erhalten, und sie ist an der Ausbildung in Epidemiologie beteiligt. Aber die Regierung in China hat die Teilnahme Taiwans an internationalen Gremien wie der WHO erfolgreich blockiert – als Teil der jahrzehntelangen Bemühungen, die Regierung in Taipeh zu isolieren und zu entmachten. Peking intensivierte diese Kampagne, seit die Taiwaner 2016 die Präsidentin Tsai Ing-wen der Unabhängigkeitsbewegung „Demokratische Fortschrittspartei“
gewählt haben. Sie wurde am 10.1.2020 für eine zweite Amtszeit wiedergewählt.
Der WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus hat China wiederholt gelobt, auch als Peking von anderen Ländern und Organisationen kritisiert wurde, weil es zunächst nur langsam auf den dortigen Ausbruch reagierte und sich der Zusammenarbeit mit internationalen Seuchenforschern widersetzte. Nach wochenlangem Gerangel verschaffte sich das WHO-Reaktionsteam von Dr. Aylward
Zugang zur Provinz Hubei, wo das Virus erstmals ausbrach.
Taiwans Außenministerium: WHO teilt keine Informationen über Taiwan
Nach Angaben von „Reuters“ teilte am Montag (30.3.) Taiwans Außenministerium mit, dass die WHO ihren Mitgliedsstaaten keine Informationen über das COVID-19 aus Taiwan zur Verfügung gestellt hat.
Taiwans Regierung sagt, dass die WHO mit den Leben taiwanischer Bürger auf politischer Ebene spielt – während die Insel dafür von anderen Regierungen gelobt wird, dass sie ihre Fallzahlen dank der Früherkennungs- und Kontrollmethoden vergleichsweise niedrig gehalten hat. Laut „Reuters“ sagen sowohl die WHO als auch China, dass Taiwan die Hilfe erhalten hat, die es braucht.
Am Sonntag gab die WHO eine seltene Erklärung über Taiwan heraus, in der sie sagte, dass sie die Entwicklung der Lage dort genau verfolge, Lehren aus der Bekämpfung gegen das Virus ziehe und detailliert darlege, wie die WHO mit taiwanischen Gesundheitsexperten zusammengearbeitet habe.
Wörtlich heißt es in der
Mitteilung: „Im Hinblick auf den Ausbruch von COVID-19 arbeitet das WHO-Sekretariat mit taiwanischen Gesundheitsexperten und -behörden zusammen und folgt dabei etablierten Verfahren, um eine schnelle und effektive Reaktion zu ermöglichen und die Verbindung und den Informationsfluss zu gewährleisten.“
Die Sprecherin des taiwanischen Außenministeriums, Joanne Ou, sagte daraufhin, die WHO müsse „weiterhin einige unangemessene Beschränkungen, die Taiwan aus politischen Gründen auferlegt wurden, überprüfen und verbessern“.
WHO rechnet die Zahl der taiwanischen Fälle unter die von China ein
Während Taiwan der WHO über die internationalen Gesundheitsvorschriften Bericht erstatten und auf Informationen von der internen Veranstaltungsinformationsseite der WHO zugreifen kann, werden die Informationen, die Taiwan zur Verfügung stellt, von der WHO nicht weitergegeben, sagte Ou.
Seit Beginn des Virusausbruchs hat Taiwan der WHO alle Informationen über seine Fälle und Präventionsmethoden zur Verfügung gestellt, doch sei dies nie in den täglich aktualisierten Lagebericht der WHO aufgenommen worden, fügte sie hinzu.
„Daher können die Gesundheitsbehörden verschiedener Länder die aktuelle Situation der Seuchensituation Taiwans, die Präventivpolitik und die Quarantänemaßnahmen an den Grenzen anhand der von der WHO bereitgestellten Informationen nicht verstehen“, sagte Ou.
„Dies zeigt, dass die Aussage der WHO in ihrer Erklärung, dass sie von allen Regionen, einschließlich Taiwan, lernt, um ‚beste Verfahren‘ mit der Welt zu teilen, von den Tatsachen abweicht“, sagte Ou laut „Reuters“.
Taiwan wurde auch von über 70 Prozent der WHO-Fachtagungen des letzten Jahrzehnts ausgeschlossen. Auch bei einer wichtigen Februar-Sitzung zum Virus durften Taiwan-Experten nicht persönlich teilnehmen, sondern nur online, sagte sie.
Die WHO rechnet die Zahl der taiwanischen Fälle in die von China ein. Taiwans Regierung stellt dar, dass dies andere Länder verwirrt. Sie glauben, dass die Situation in Taiwan die gleiche sei wie die Chinas, obwohl China keinerlei Mitspracherecht bei der Gesundheitspolitik oder den Methoden der Virusprävention auf der Insel hat.
China betrachtet die dem Festland vorgelagerte Insel Taiwan als abtrünnige Provinz und strebt eine Wiedervereinigung zu seinen Bedingungen an. Bis in die 70er Jahre stellte die
Republik China auf Taiwan die alleinige chinesische Vertretung bei den Vereinten Nationen und war ständiges Mitglied des Sicherheitsrates. Der Einfluss der Volksrepublik Chinas wuchs jedoch. 1971 verlor Taiwan die Mitgliedschaft in der UNO an die Volksrepublik.