Umsiedlung und „solidarische Verteilung“: EU-Kommission will 2020 den europäischen Migrationspakt

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan gehörte zu den Ersten, mit denen die EU-Kommissare Margaritis Schinas und Ylva Johansson mögliche Wege zu einem konsensfähigen Migrationspakt erörterten. Bis Ende Februar will die Kommission einen Entwurf vorlegen.
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Eine Asylsuchende wartet darauf, vom Hafen von Mitilini mit einer Fähre nach Athen zu gelangen.Foto: Socrates Baltagiannis/dpa
Von 11. Dezember 2019

Der große „Klimaschutz“-Deal soll das Herzstück der EU-Kommissionspräsidentschaft Ursula von der Leyens werden. Als „ersten großen politischen Erfolg“ und ihr „Brüsseler Meisterstück“ strebt sie jedoch eine Antwort auf die asylpolitischen Irrungen und Wirrungen der vergangenen Jahre an.

Erste Termine in Athen und Ankara

Von der Leyen will schon bis Ende Februar 2020 in der Lage sein, einen „Pakt für Migration und Asyl“ vorzulegen, der unter allen Mitgliedstaaten konsensfähig wäre, so berichtet die „Welt“. Um einen solchen Entwurf auf den Weg zu bringen, touren derzeit der EU-Kommissar für „europäische Lebensweise“, Margaritis Schinas, und EU-Migrationskommissarin Ylva Johansson durch die Mitgliedsländer, aber auch relevante Stakeholder-Staaten wie die Türkei, um die Positionen auszuloten und mögliche Ansätze zur Verständigung zu finden.

Wie die Kommissionsmitglieder gegenüber der „Welt“ erläuterten, seien Athen und Ankara die ersten Länder gewesen, die man zu diesem Zweck besucht habe. Die nächsten Ziele sollen nun Berlin, Paris, Rom und Budapest sein. „Das zeigt unseren Willen, jedes Land an Bord zu haben“, meint Schinas.

Bis dato sollen die Gespräche noch keine substanziellen Ergebnisse gebracht haben, schreibt der griechische „National Herald“. In der Türkei habe es zwar „konstruktive Gespräche“ gegeben. Erdoğan habe jedoch nicht zugesagt, schärfere Maßnahmen gegen Schleuser zu treffen, die Asylbewerber von der Türkei aus auf griechische Inseln schmuggelten.

Erdoğan beharrt auf drei Milliarden aus dem Flüchtlingsdeal

Vielmehr habe er seine Drohung erneuert, Millionen Asylsuchenden die Weiterreise in die EU zu ermöglichen, sollte Brüssel nicht seine Zusagen aus dem Flüchtlingsdeal von 2016 erfüllen. Dies beziehe Erdoğan auf drei von sechs Milliarden Euro, die als vereinbarter Zuschuss für Hilfsmittel zur Flüchtlingsbetreuung noch aushafteten, aber auch auf den leichteren Zugang türkischer Bürger zu EU-Visa und einer Beschleunigung des EU-Beitrittsprozesses.

Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis wiederum warf der Türkei vor, sich selbst nicht an den Deal zu halten und erst 2000 Asylbewerber, die illegal über die griechische Insel eingereist waren, zurückgenommen zu haben. Griechenland müsse zurzeit mehr als 96 000 Flüchtlinge und Migranten, die auf diesem Wege gekommen waren, beherbergen, weil die übrigen EU-Staaten weder Athen Hilfe leisteten noch sich gegenüber Erdoğan durchsetzen könnten.

Was von der Leyen als künftige gesamteuropäische Asylpolitik vorschwebt, reicht von einer Verteilung eingereister Asylbewerber auf möglichst alle Länder über ein besseres Abschiebungsmanagement und bessere Kontrollen bis hin zu einheitlichen Asylleistungen, harten Strafen für Asylmissbrauch und einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen bis 2024. Zudem solle, so die „Welt“, auch „die legale Migration für besonders schutzbedürftige Menschen durch sogenannte Umsiedlungsprogramme forciert werden“.

Erzwungene Solidarität soll es diesmal nicht geben

Eine der zentralen Stellschrauben wird dabei auch die geplante Reform des Dublin-Systems sein. Bis dato sind jene Länder für das Asylverfahren zuständig, in denen Asylsuchende die EU betreten, also – sofern nicht Länder wie Deutschland vom „Selbsteintrittsrecht“ Gebrauch machen – zumeist Griechenland, Italien und Spanien. Obwohl Deutschland oder Schweden zu den eigentlichen Zielen der meisten Migranten gehören, stoßen die südlichen EU-Staaten immer wieder an ihre Kapazitätsgrenzen.

Der Versuch der EU-Kommission, stattdessen eine Verteilung nach Quoten durchzusetzen, scheiterte 2016 am Widerstand vor allem osteuropäischer Länder und Österreichs, die daraufhin ein einheitliches EU-Asylsystem blockierten. Brüssel wollte die „Solidarität“ damals auch mit dem Holzhammer erzwingen: Wer sich nicht beteiligte, sollte drastische Strafzahlungen leisten. Aus dem damaligen Fiasko will Brüssel nun gelernt haben und künftig auf Konsens setzen.

Nun sollen die Außengrenzen besser gesichert und Asylbewerber ohne Bleibeperspektive schneller und am besten gleich an der Grenze zurückgeführt werden. Italien und Griechenland befürchten, dass die Verantwortung dafür wieder an ihnen hängenbleiben wird. Zudem bestehen mit zahlreichen Herkunftsstaaten keine Rückführungsabkommen.



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