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Asiatischer Handelsriese unter Druck

Wegen Kindersexpuppen und Waffen: Wird Shein in Frankreich gesperrt?

Die Anhörung von Vertretern des Internethändlers Shein vor dem Pariser Zivilgericht ist auf den 5. Dezember verschoben worden. Der Staatsanwalt bat sich mehr Vorbereitungszeit aus. Hintergrund ist der Skandal um den mittlerweile eingestellten Verkauf von Kindersexpuppen und Waffen. Der Shein-Website droht in Frankreich eine dreimonatige Sperre.

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Der Onlinehändler Shein muss vor dem Pariser Zivilgericht Rechenschaft über seine Geschäftspraktiken ablegen. Der Anhörungstermin wurde vom 26. November auf den 5. Dezember 2025 verschoben.

Foto: Monika Skolimowska/dpa

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Lesedauer: 10 Min.


In Kürze:

  • Gerichtlicher Anhörungstermin zu einer drohenden Dreimonatssperre der Shein-Website in Frankreich auf den 5. Dezember verschoben
  • EU-Kommission setzt Shein mit eigener Informationsanfrage unter Druck
  • EU-Parlament verabschiedet unverbindliche Entschließung, Blockaden von Handelsplattformen im Internet zu erleichtern und Zollkontrollen zu verstärken
  • Shein-Skandal um Handel mit Kinder-Sexpuppen auch Thema im US-Repräsentantenhaus

 
Das Pariser Zivilgericht („Tribunal judiciaire de Paris“) hat eine ursprünglich für den 26. November 2025 anberaumte Anhörung zur kompletten Sperre der Website des Handelsriesen Shein vertagt. Nun soll die Anhörung zum Eilverfahren in erster Instanz am 5. Dezember stattfinden. Mit einem Urteil ist nach Angaben des „Stern“ erst einige Tage später zu rechnen.
Hintergrund für die Terminverschiebung war nach Informationen des französischen Mediums „La Gazette“ ein Antrag des Staatsanwalts, in dem er sich mehr Zeit für die Prüfung der Verteidigungsargumente von Shein erbat: Er habe die entsprechenden Dokumente erst am Dienstagabend erhalten. Das Justizministerium habe der Verschiebung zugestimmt, ohne sich jedoch der Forderung nach einer Website-Sperre anzuschließen.
Eine Anwältin von Shein habe bereits erklärt, dass der Sperrantrag der Regierung „überholt“ sei, da die betreffenden Produkte nach der Entdeckung ihres Verkaufs schon am 31. Oktober von der Website entfernt worden seien.

Irischer Betreiber soll Handelspraktiken darlegen

Nach Informationen des Portals „Marketscreener“ sollten Vertreter französischer Internetanbieter wie Bouygues Telecom, Free, Orange und SFR vor Gericht gehört werden. Diese Dienstleister seien verpflichtet, im Fall einer Sperre des Gesamtangebots von Shein den Zugang für das Publikum zu unterbinden.
Primär aber sollten sich Anwälte und Vertreter der Gesellschaft Infinite Styles Services Co Ltd. den Fragen des Pariser Zivilgerichts stellen. Das Unternehmen hat seinen Sitz im irischen Dublin. Laut Shein ist es für die Abwicklung des Endkundengeschäfts für den Shein-Marktplatzdienst in Europa zuständig. Auf diesem Onlinemarktplatz bietet nicht Shein selbst Waren an, sondern Tausende externe Händler.

Französische Regierung verlangt Dreimonatssperre der Shein-Website

Dass dabei auch Sexpuppen in Kindergestalt sowie illegale Waffen wie Schlagringe, Messer und Macheten gehandelt wurden, hatte den Ärger des französischen Wirtschafts- und Finanzressorts erregt. Anfang November reichte es im Namen der Regierung eine Klage auf eine dreimonatige frankreichweite Sperre des gesamten Shein-Angebots ein.
Premierminister Sébastien Lecornu hatte am 5. November lediglich die Sperrung des Shein-Marktplatzbereiches angeordnet. Seitdem ist in Frankreich nur noch die eigene Warenpalette von Shein erhältlich. Mit dem Vorhaben, auch dieses Angebot blockieren zu lassen, will die französische Regierung erreichen, dass Shein noch strengere Kontrollen für seine Produktpalette etabliert.
Nach Bekanntwerden des Skandals hatte Shein umgehend zugesagt, alle illegalen Produkte aus dem Angebot zu entfernen und mit den Behörden kooperieren zu wollen.

Shein-Shop in Paris unter Protest eröffnet

Ebenfalls am 5. November hatte Shein unter lautstarken Publikumsprotesten sein weltweit erstes Ladengeschäft im Kaufhaus Bazar de l’Hôtel de Ville unweit des Pariser Rathauses eingeweiht. Die geplante Eröffnung weiterer Shein-Stores in Frankreich wurde aufgrund des Gegenwinds aus Politik und Publikum auf unbestimmte Zeit verschoben.
Am 6. November hatte die französische Behörde für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung 200.000 Shein-Pakete am Pariser Flughafen innerhalb von 24 Stunden untersuchen lassen.

Polizeiliche Ermittlungen laufen parallel – demnächst auch Verfahren gegen AliBaba und Joom

Unabhängig vom Vorstoß der französischen Regierung laufen in Frankreich parallel strafrechtliche Ermittlungen gegen Shein wegen des früheren Verkaufs kinderpornografischer Produkte, illegaler Waffen und unzureichender Zugangssperren für Minderjährige.
Nach Angaben des „Stern“ droht den Verantwortlichen im Fall einer Verurteilung wegen Verkaufs kinderpornografischer Waren eine Gefängnisstrafe von maximal sieben Jahren und eine Geldstrafe von 100.000 Euro. Lediglich jeweils drei Jahre Haft und 75.000 Euro Strafzahlung kämen infrage, wenn illegaler Waffenhandel oder ein nicht ausreichender Jugendschutz auf der Onlineplattform nachgewiesen würden.
Die französische Regierung will wegen ähnlicher Verdachtsmomente in den nächsten Tagen auch Verfahren gegen die Onlinehändler AliBaba (China) und Joom (Russland) einleiten. Das bestätigte Handelsminister Serge Papin am 26. November dem Fernsehsender TF1.
Tage zuvor waren nach Informationen der französischen Epoch Times bereits die Plattformen Wish, Temu und Amazon angezeigt worden – primär wegen Verstößen gegen ihre Filterpflichten bezüglich pornografischer Bilder. „Es ist ein Kampf, um die Verbraucher zu schützen, aber auch Kinder und Jugendliche“, betonte Papin (Video auf „YouTube“).
Frankreich hatte Shein bereits im Juli wegen betrügerischer Geschäftspraktiken mit einer Rekordstrafe in Höhe von 40 Millionen Euro belegt.

EU-Kommission fordert Rechenschaft von Shein

Die EU-Kommission erklärte am 26. November, Shein mit eigenen Fragen konfrontiert zu haben. Nach Informationen von n-tv seien besonders Informationen zur Effektivität der Anstrengungen Sheins hinsichtlich des Schutzes von Minderjährigen und zur Unterbindung des Verkaufs illegaler Produkte von Interesse. Die Kommissionsanfrage sei im Rahmen des EU-Gesetzes für digitale Dienste („Digital Services Act“, DSA) gestellt worden. Sie kann zu Ermittlungen und Strafzahlungen führen.
Sheins bisherige Geschäftspraktiken könnten nach Ansicht der Kommission ein „systemisches Risiko für Verbraucher in der gesamten Europäischen Union“ darstellen, so n-tv. Zuvor hatte die französische Regierung zu Ermittlungen auf EU-Ebene gedrängt.
Das EU-Parlament in Straßburg hatte am selben Tag eine unverbindliche Entschließung verabschiedet, die auf eine leichtere Blockade von Handelsplattformen im Internet abzielt: „Das vorläufige Sperren von Online-Marktplätzen sollte nicht länger als außergewöhnliche Maßnahme betrachtet werden, die als letztes Mittel ergriffen wird“, zitiert die Nachrichtenplattform aus dem Entschließungstext. In einem Vorabbericht des Parlaments heißt es:
„Die Abgeordneten forderten die Kommission auf, das EU-Recht zu digitalen Diensten und Produktsicherheit vollständig durchzusetzen, die Zollkontrollen zu verstärken, den Schutz von Kindern zu verbessern und nicht konforme Plattformen gegebenenfalls in der EU zu verbieten.“

Handelsverbände klagen wegen unlauteren Wettbewerbs

Losgelöst vom Pariser Eilverfahren vor dem „Tribunal judiciaire“ hatten französische Handelsverbände in jüngster Vergangenheit eine Zivilklage wegen unlauterer Konkurrenz gegen Shein angestrengt. Etwa hundert Marken, darunter Monoprix und Promod, schlossen sich der Initiative an. Sie alle sehen die Wettbewerbsregeln verletzt, weil Shein den Markt mit Billigtextilien überschwemme, die womöglich unter ökologisch wie sozial kritikwürdigen Bedingungen produziert werden.
Ähnliche Vorwürfe wurden in den vergangenen Tagen anlässlich einer Chinareise von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) vonseiten der Grünen im Bundestag laut. Kurz  zuvor hatte der Handelsverband auf Großkontrollen gedrängt.

US-Abgeordnete machen ebenfalls Druck

Am 20. November 2025 hatten auch knapp drei Dutzend Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses das Thema Kinderpuppenversand aufgegriffen. Nach Informationen der amerikanischen Ausgabe der Epoch Times verlangten die Wortführer, der Republikaner Vern Buchanan und die Demokratin Debbie Wasserman-Schultz, auf schriftlichem Wege Rechenschaft von Shein-CEO Xu Yangtian zu den diesbezüglichen Verkaufspraktiken. Sie wollten zudem wissen, ob auch US-Verbraucher den illegalen Inhalten ausgesetzt gewesen seien.
Ein Shein-Vertreter habe zuvor gegenüber den US-Abgeordneten bestätigt, dass Drittanbieter am 16. Oktober 2025 damit begonnen hätten, solche Puppen über den Marktplatzbereich von Shein zu verkaufen.
Die Abgeordneten erwähnten in ihrem Brief zwar, zur Kenntnis genommen zu haben, dass Shein entschieden habe, seine Kategorie der Erwachsenenprodukte generell auszusetzen und den Verkauf von Sexpuppen einzustellen. Aus Sicht der Repräsentanten sei es aber inakzeptabel, dass derartige Puppen überhaupt jemals gelistet wurden. Sie forderten das Unternehmen auf, bis zum 20. Dezember zu klären, ob die Puppen an US-Kunden verkauft wurden, ob die Strafverfolgungsbehörden benachrichtigt wurden, wie das Unternehmen plant, bereits getätigte Verkäufe zurückzurufen, und welche Maßnahmen es ergreifen werde, um künftige Verstöße zu verhindern.
Die Abgeordneten verlangten außerdem, dass Shein sich zu einem dauerhaften, weltweiten Verbot von kinderähnlichen Sexpuppen verpflichten müsse. Diese Selbstverpflichtung solle sich auch auf jene Länder erstrecken, in denen der Handel mit solchen Puppen nicht ausdrücklich verboten sei.
Shein wurde 2008 in China gegründet und hat heute seinen Sitz in Singapur. Bekannt wurde das Unternehmen hauptsächlich für sein Dumping-Modekonzept „Fast Fashion“.
In allen Fällen gilt die Unschuldsvermutung.
(Mit Informationen von Agenturen)
Patrick Reitler, geboren in den späten Sechzigerjahren am Rande der Republik. Studium der Komparatistik, Informationswissenschaft und Sozialpsychologie. Seit der Jahrtausendwende als Journalist hauptsächlich in Online-Redaktionen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und als Fußballkommentator unterwegs. Seit Ende 2022 freier Autor. Bei Epoch Times vorwiegend für deutsche Politik zuständig.

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