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Kriminelle „Kryptoqueen“

Wie Qian Zhimin Anleger um 788 Millionen US-Dollar brachte

Die chinesische Geschäftsfrau Qian Zhimin, die Anleger um Hunderte Millionen Pfund betrog und das Geld in Bitcoin umwandelte, wurde in London zu über elf Jahren Haft verurteilt. Britische Ermittler stellten dabei Kryptowährungen im Wert von fast 7 Milliarden Dollar sicher – die größte Beschlagnahmung dieser Art weltweit.

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Qian Zhimin wurde in London unter anderem wegen Geldwäsche mithilfe von Bitcoin verurteilt.

Foto: Metropolitan Police London

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Lesedauer: 6 Min.


In Kürze:

  • 47-jährige Chinesin täuschte mehr als 128.000 Investoren mit Scheinprojekten in China.
  • Gewinne aus dem Betrug in Kryptowährung umgewandelt – mehr als 61.000 Bitcoin beschlagnahmt.
  • Britisches Gericht verhängt elf Jahre und acht Monate Haft wegen Geldwäsche.
  • Mit Komplizen und falscher Identität lebte sie jahrelang unbehelligt in London.
  • Polizei spricht von der größten Kryptobeschlagnahme in Großbritannien.
  • Ermittler hoffen, dass Anleger zumindest teilweise entschädigt werden können.

 
Am Dienstag, 11. November, hat der Southwark Crown Court in London das Urteil gegen die 47-jährige Qian Zhimin und einen ihrer Helfer gesprochen. Die Hauptdrahtzieherin eines der bis dato größten Betrugsfälle rund um Kryptowährung in der Geschichte muss für elf Jahre und acht Monate in Haft. Gegen ihren malaysischen Unterstützer Seng Hok Ling verhängte das Gericht vier Jahre und elf Monate Freiheitsentzug.
Dazu werden 61.000 Bitcoin mit einem derzeitigen Wert von etwa 6,93 Milliarden US-Dollar beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft des Vereinigten Königreiches plant eine Rückführung von Mitteln an die Opfer über eine „Civil Recovery Order“. Aufgrund der starken Aufwärtsentwicklung des Bitcoin-Kurses seit Mitte der 2010er-Jahre hofft man, diese weitgehend entschädigen zu können. Gegen Qian tritt nach Haftverbüßung eine automatische Ausweisungsregelung nach dem UK Border Act von 2007 in Kraft.

Wie Qian Zhimin ältere Menschen erleichterte

Im Jahr 2014 hatte Qian das Unternehmen Lantian Geriu (Blue Sky) im chinesischen Tianjin gegründet. Offiziell trat dieses als Hightechunternehmen für Gesundheitsprodukte und Smart-Care-Technologie vor allem für ältere Menschen auf. Zwar war auch die Rede von angeblichen Blockchain-Projekten, allerdings lag der Fokus in der Kundenansprache auf den Gesundheitsprodukten.
Von Beginn an nahm Lantian Geriu Kunden im mittleren Alter oder ältere Kunden ins Visier, die über signifikante Ersparnisse verfügten. Diesen machte Qian deutlich überhöhte Renditeversprechen – beispielsweise Gewinne von mehr als 200 Prozent über einen Zeitraum von 2 ½ Jahren. Gleichzeitig baute sie auf das nur bruchstückhafte Wissen vieler älterer Menschen über Kryptowährungen.
In den ersten drei Jahren des Aufbaus des Systems investierten rund 128.000 Anleger eine Gesamtsumme von etwa 788 Millionen US-Dollar. Diese, so hieß es, seien für Produkte wie Blue Sky No. 1, Youli Youbi oder den Life Ring Invest-Plan bestimmt. Frühe Investoren erhielten tatsächlich Zahlungen. Diese stammten allerdings nicht aus realisierten Gewinnen, sondern neuen Einlagen – ein typisches Merkmal für ein Schneeball- oder Pyramidensystem.

Ponzi-System mit hohem Aufwand aufgebaut

Vor allem in den Jahren 2015 und 2016 wurde dieses mit hohem Werbeaufwand ausgebaut. Qian Zhimin organisierte große Events und Auftritte mit öffentlichen Würdenträgern. Dazu kam der Aufbau regionaler Vertriebsnetze durch Empfehlungsmarketing von Investoren in Familie und Freundeskreis. Auch das gilt als etablierte Praxis innerhalb von Schneeballsystemen.
Gegen Ende des Jahres 2016 berichteten erste Investoren über ausbleibende Zahlungen. Kritische Medienberichte machten die Runde, und die Tochter eines Investors erstattete in Tianjin eine erste Anzeige. Der Sender „Beijing TV“ enthüllte im Januar 2017 erstmals Verdachtsmomente für Betrugspraktiken im Umfeld von Lantian Gerui.
Qian Zhimin bereitete unter dem Eindruck des wachsenden Gegenwindes ihre Flucht vor. Für 250.000 US-Dollar nutzte sie die Gelegenheit, sich einen Reisepass des Karibikstaates St. Kitts & Nevis zu verschaffen. Im Juli 2017 schaffte sie es, mit einem Mofa an die Grenze zu gelangen und diese mithilfe des neuen Reisepasses zu überqueren.

Qian Zhimin gab sich als Verfolgte der Kommunistischen Partei aus

Über Bangkok gelang es Qian nach London zu kommen. Dort konnte sie einen üppigen Lebensstil pflegen. Immerhin hatte sie nach Angaben der Staatsanwaltschaft aus Investorengeldern 143.951 Bitcoin über die Kryptowährungsbörse Huobi in China und später weitere 51.000 Bitcoin in „außerbörslichen“ Transaktionen beschafft – für den persönlichen Gebrauch.
Über ihre Assistentin Wen Jian als Strohfrau erwarb sie Häuser, eröffnete Bankkonten und reiste durch Europa. Bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei in London zwar Laptops mit Bitcoin-Wallets. Sie konnte diese jedoch der regelmäßig unter falschem Namen auftretenden Qian Zhimin nicht zuordnen. Von 2018 an ermittelte auch ein internationales Team unter Leitung der Metropolitan Police wegen des Schneeballsystems.
Im Juni 2021 wurde ihre Assistentin verhaftet, im Jahr 2024 wurde sie ebenfalls in London wegen Geldwäsche zu 6 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt. Fortan war der malaysische Staatsangehörige Seng Hok Ling die rechte Hand von Qian. Er ermöglichte ihr unter anderem ein unerkanntes Leben in Airbnb-Unterkünften.

Wert der Bitcoins übersteigt wahrscheinlich Schadenssumme

Vor Gericht erklärte Ling, Qian hätte sich ihm gegenüber als Regimekritikerin ausgegeben, die von der Kommunistischen Partei verfolgt würde. Davon, dass ihre Finanzmittel aus Betrug stammten, habe er nichts gewusst. Die Krypto-Queen beschäftigte an ihren Wohnsitzen vier malaysische Staatsangehörige ohne legalen Aufenthaltsstatus. Auf diese Weise wollte sie sicherstellen, nicht verraten zu werden.
Die Polizei kam ihr schließlich auf die Spur, weil aus einem ihr zuzuordnenden Krypto-Wallet 8,2 Bitcoin nach fünf Jahren der Inaktivität transferiert wurden. Vor Gericht bekannte sich Qian schließlich der Geldwäsche für schuldig.
Aus internationaler Sicht ist das Verfahren insofern von besonderem Interesse, als der Wert der beschlagnahmten Bitcoins die Schadenssumme wahrscheinlich übersteigt. Sollte der britische Staat die überschießenden Vermögenswerte einziehen, könnte dies als Präzedenzfall bei der Behandlung von Kriminalität im Umfeld von Kryptowährungen verstanden werden.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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