Weiterhin keine Familienreservierungen
Bahnbranche hält Bahn-Ambitionen für „etwas zu lasch“ - FDP fordert Bahn-Zerschlagung
Die Eckpunkte zu lasch, teilweise ohne Zieljahr: An den Bahnplänen von Verkehrsminister Schnieder wird nun auch Kritik laut. Christian Dürr fordert eine Zerschlagung der Bahn – eine „echte Trennung von Netz und Betrieb“. Die Gewerkschaft EVG kündigte an, im Aufsichtsrat gegen Palla zu stimmen.

An den neuen Eckpunkten und der designierten Bahn-Chefin Evelyn Palla gibt es auch Kritik. (Symbolbild)
Foto: via dts Nachrichtenagentur
Die deutsche Bahnbranche hält die Ambitionen von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) zur Reform der Deutschen Bahn für „etwas zu lasch“.
Wenn man sich die Eckpunkte anschaue und durchlese, dann sei 2027 „das magische Jahr für den Schienenverkehr“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, in Berlin auf Anfrage der dts Nachrichtenagentur. „Dort soll alles scharfgeschaltet werden, von der Trassenpreisreform, über den Infra-Plan.“ Die Strategie müsse vorher stehen. Jetzt sei es nur ein Fundament.
„Die Ambitionen, die die Regierung sich hier selber setzt, sind etwas zu lasch. Also von der DB AG fordert man sehr konkret und sehr ambitioniert viele Dinge. Die eigenen Dinge sind teilweise ohne Zieljahr“, so Flege weiter.
„Wir möchten gerne, dass in diesem Jahr die Bahnstrategie so vervollständigt wird, dass wir als Bahnverbände von einer Strategie reden können, und das muss ganz wesentlich in der Taskforce, aber auch in weiteren Gesprächen passieren.“ Länger als bis Anfang 2027 dürfe das nicht dauern.
Mit Blick auf den am Vormittag von Schnieder genannten Zielwert für die Pünktlichkeit im Fernverkehr von 70 Prozent im Jahr 2029 sagte Flege, dass dieser „erstmal sehr ernüchternd“ klinge. Aber er sei angesichts der Vielzahl der Baustellen wohl realistisch. Man müsse „bauen, bauen, bauen“. Und das sei „schwer zu vereinbaren mit einem flächenweit hohen Pünktlichkeitswert“.
Weiterhin keine Familienreservierungen
Die designierte Bahn-Chefin Evelyn Palla will die umstrittene Abschaffung der Familienreservierung nicht wieder rückgängig machen. „Das ist aktuell nicht vorgesehen“, sagte sie dts.
Auf die Nachfrage, ob das Unternehmen unter ihrer Führung wieder familienfreundlicher werde, erklärte sie, dass die Bahn heute „schon sehr familienfreundlich“ sei. Das sehe man unter anderem, wenn man die Tarife mit Tarifen in anderen Eisenbahnsystemen, insbesondere im Fernverkehr, vergleiche.
Die Bahn hatte die Familienreservierung im Juni abgeschafft. Mit ihr konnten sich bis zu fünf Personen für 10,40 Euro einen festen Sitzplatz sichern. Seit der Abschaffung müssen auch Kinder für eine Sitzplatzreservierung zahlen.
FDP fordert Bahn-Zerschlagung
Der Vorsitzende der FDP, Christian Dürr, kritisiert die von Verkehrsminister Schnieder vorgelegten Eckpunkte für eine Reform der Deutschen Bahn. Er fordert eine Zerschlagung der Bahn.
„Wir brauchen eine echte Trennung von Netz und Betrieb, damit die Kunden von echtem Wettbewerb auf der Schiene durch besseren Service und Qualität profitieren“, sagte Dürr den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die vom Verkehrsminister vorgestellte ‚Agenda für zufriedene Kunden‘ wird ohne diese radikalen Strukturreformen eine Agenda für verlorenes Geld der Steuerzahler bleiben.“
Flickschusterei reiche nicht, sagte Dürr. Es räche sich, dass Bahnreformen nie konsequent zu Ende geführt worden seien. „Ohne eine echte, tiefgreifende Strukturreform wird der Bahn-Konzern weiter ein riesiges schwarzes Loch bleiben, in dem die Milliarden versickern“, sagte der FDP-Chef.
EVG will gegen Palla stimmen
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft kündigte an, im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn gegen Palla zu stimmen. Das sagte EVG-Chef Martin Burkert am Montag in Berlin. Die Personalpolitik der Bundesregierung insgesamt sei falsch. Er setze auf einen Vermittlungsausschuss.
Martin Burkert ist auch stellvertretender Vorsitzender im Bahn-Aufsichtsrat. Seine Kritik richte sich nicht gegen Palla, betonte er, sondern gegen den von Schnieder vorgeschlagenen Kandidaten für den Vorsitz der Infrastruktur-Sparte DB Infrago, Dirk Rompf.
Die Auswahl von Rompf „ist grundfalsch“, sagte Burkert. Der 56-Jährige saß bereits von 2014 bis 2019 im Vorstand der Infrago, die damals noch DB Netz hieß. Burkert warf ihm vor, „mit seinem Sparwahn mit Schuld an der heutigen Situation“ zu sein. „Jeder Fahrgast spürt heute noch die Auswirkungen seiner schlechten Bilanz. Das ist kein Neustart.“
Bei der Bahn-Belegschaft sei Rompf äußerst unbeliebt, führte Burkert aus. Seine Nominierung habe „weit in den Konzern hinein für Unglauben und Ablehnung gesorgt“. Zugleich gebe es zahlreiche Unterstützungsbekundungen für den amtierenden Infrago-Chef Philipp Nagl, der nach Vorstellung Schnieders seinen Posten räumen soll.
Über eine mögliche Neubesetzung des Vorstands der Infrago dürfte laut Burkert erst in zwei bis drei Wochen der Aufsichtsrat der Bahn-Tochter entscheiden. „Da kann ich Ihnen aus meinem Wissen sagen, für den Herrn Rompf wird es selbst bei einer einfachen Mehrheit keine Mehrheit geben“, sagte der Gewerkschafter.
Stand heute gehe er davon aus, dass selbst der vom Bundesfinanzministerium entsandte Vertreter in dem Gremium nicht für Schnieders Vorschlag stimmen werde.
Linke kritisiert Bahn-Personalentscheidung
Auch die Co-Vorsitzende der Linken, Ines Schwerdtner, hat die Personalentscheidung bei der Deutschen Bahn kritisiert.
Solange auf der Vorstandsetage „Manager mit Millionengehältern sitzen, die von der Bahn keine Ahnung haben“, werde die Bahn auch weiterhin ein Ärgernis bleiben, sagte Schwerdtner den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Man brauche im Vorstand Eisenbahner, „die wissen, wie die Bahn funktioniert und keine halbseidenen Absolventen irgendwelcher Business-Schools“.
Die neue Strategie sei „dringend nötig“, sagte Schwerdtner, kritisierte zugleich aber die Forderung von Schnieder, dass die Bahn wieder wirtschaftlich effizienter arbeiten müsse.
„Wir müssen weg von der Idee, dass die Bahn ein Konzern ist, der Profite erwirtschaftet. Die Bahn muss pünktlich, zuverlässig und bezahlbar sein. Dafür muss der Bund genug Geld in die Hand nehmen, schließlich gehört die Bahn zur Daseinsvorsorge“, sagte Schwerdtner. Sie forderte den Umbau des Konzerns hin zu einer „modernen Bürgerbahn“. (dts/ks)
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