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Nach Verabschiedung der Verwaltungsreform

Berlins Regierungschef lässt „Brandmauer“ zur Linksfraktion weiter wackeln

Kai Wegner (CDU), der Regierende Bürgermeister Berlins, will sich auch weiter mit Linken und Grünen zu Gesprächen treffen. Damit wäre die von der Parteispitze schon vor Jahren errichtete „Brandmauer“ in der Bundeshauptstadt zumindest am linken Rand Geschichte.

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Das Archivbild zeigt Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU).

Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times

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Lesedauer: 4 Min.

Mit Unterstützung der Oppositionsfraktionen von Linken und Grünen hatte der schwarz-rote Berliner Senat kürzlich eine große Verwaltungsreform nebst Änderung der Landesverfassung verabschieden lassen – nun will der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) den Austausch mit diesen beiden der drei nicht in der Landesregierung vertretenen Fraktionen offenbar zum Regelfall machen. Nur die Alternative für Deutschland (AfD) soll weiter ausgegrenzt bleiben.
Die von Wegner als „Spitzenrunde“ titulierten Treffen aus der Zeit des Ringens um das neue Landesorganisationsgesetz (LOG) sollen im September fortgesetzt werden. Zunächst, um offene Fragen zur Umsetzung des LOG zu erörtern.
„Perspektivisch“ wolle man die Konferenzen aber „auch auf weitere Themenfelder“ ausdehnen, erklärte ein Sprecher der Senatskanzlei dem „Tagesspiegel“. Das Blatt hatte als erstes Medium über die Pläne Wegners berichtet. Einzelheiten zu künftigen Gesprächsthemen befänden sich noch in Abstimmung, so der Senatskanzleisprecher.

Unvereinbarkeit mit Linken im Land Berlin passé

Wegner hebelt damit den Unvereinbarkeitsbeschluss (PDF) der Union vom Dezember 2018 aus, der jegliche Zusammenarbeit mit der Linkspartei und der AfD eigentlich kategorisch verbietet.
Die Epoch Times bat unter anderem die Bundesspitze der CDU, die CSU, die Berliner CDU-Fraktion sowie die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus um Stellungnahmen zu Wegners Vorstoß und zum Bröckeln der „Brandmauer“ in Richtung links. Auch Wegner selbst wurde ein Fragenkatalog zugeschickt.
Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels lagen allerdings von keiner Seite Antworten vor.

Wegner: „Beginn einer neuen politischen Kultur“

Wegner hatte seine Öffnung zu einer regelmäßigen fraktionsübergreifenden Spitzenrunde gegenüber dem „Tagesspiegel“ (Bezahlschranke) damit begründet, es sei „gerade in Zeiten schwindenden Vertrauens in demokratische Institutionen“ entscheidend, „dass überparteilich, lösungsorientiert und konstruktiv zusammengearbeitet“ werde – und zwar „dort, wo es um die Sache geht und nicht um parteipolitische Profilierung“.
„Solche Formate können der Beginn einer neuen politischen Kultur sein“, gab sich der Mann aus Spandau zuversichtlich.

Annäherung im Zuge der großen Verwaltungsreform

Der im März 2023 durch den vorangegangenen Sieg seiner Partei bei der Wiederholungswahl ins Amt gelangte Wegner hatte sich vorgenommen, die seit Jahrzehnten verfahrene Situation in der Verwaltungsstruktur des Landes Berlin zu verbessern.
Vor ihm war der Stadtstaat 22 Jahre lang von den Sozialdemokraten Klaus Wowereit (2001–2014), Michael Müller (2014–2021) und Franziska Giffey (2021–2023) an der Regierungsspitze geleitet worden.
Nachdem Grüne und Linke im Berliner Abgeordnetenhaus die Vorstellungen des Senats Wegners für eine neue Verwaltungsstrukturreform Informationen des „Tagesspiegel“ zufolge noch Anfang April 2025 zunächst skeptisch betrachtet hatten, ließen sie sich in den folgenden Wochen umstimmen. Speziell die mit dem neuen Landesorganisationsgesetz (PDF) verknüpften Verfassungsänderungen (PDF) waren auf mindestens 19 Stimmen aus den Reihen der Opposition angewiesen.
Die beiden Regierungsfraktionen CDU (52 Sitze) und SPD (35) verfügen im Abgeordnetenhaus nur über knapp 55 Prozent der Stimmen. Mit den Vertretern der Grünen (34 Sitze) und der Linken (20) wurde die Hürde der Verfassungsmehrheit am 26. April 2025 klar übersprungen. Die AfD-Fraktion besteht in Berlin lediglich aus 16 Abgeordneten.
Das Reformgesetz „zur Neuordnung der Beziehungen zwischen Senat und Bezirken (Verwaltungsstrukturreformgesetz – VStRefG)“, das nach den Worten der Berliner SPD-Fraktion „für eine effizientere, bürgerfreundlichere und klar strukturierte Verwaltung in der Stadt“ sorgen soll, soll am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Bis dahin und darüber hinaus soll es „mit einem grundlegenden Implementierungsprozess […] flankiert werden“, wie es auf Seite 4 der Vorlage zur Beschlussfassung heißt (Drucksache 19/2353, PDF). Das dadurch erneuerte Landesorganisationsgesetz werde das bisher geltende Allgemeine Zuständigkeitsgesetz (AZG) ablösen, so die SPD-Fraktion.
Schon wenige Tage vor der entscheidenden Abstimmung hatte sich Wegner optimistisch gezeigt: „Wir werden mit der Verwaltungsreform Berlin schneller, effizienter und bürgernäher machen. Die Berliner werden von einer guten Verwaltung mit klaren Zuständigkeiten, mit einer gesamtstädtischen Steuerung und auch starken Bezirken profitieren“, so der Regierende Bürgermeister in einer Pressemitteilung.
Patrick Reitler, geboren in den späten Sechzigerjahren am Rande der Republik. Studium der Komparatistik, Informationswissenschaft und Sozialpsychologie. Seit der Jahrtausendwende als Journalist hauptsächlich in Online-Redaktionen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und als Fußballkommentator unterwegs. Seit Ende 2022 freier Autor. Bei Epoch Times vorwiegend für deutsche Politik zuständig.

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