Berlin muss die Wahl im gesamten Gebiet wiederholen

Berlin wählt nochmal – die Abgeordnetenhauswahl und Bezirksverordnetenversammlung von 2021 ist ungültig. Es wurde festgelegt, dass die Wahl im gesamten Gebiet wiederholt werden, nicht nur in einigen Wahlbezirken.
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Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin erklärt die Wahl zum Abgeordnetenhaus und zur Bezirksverordnetenversammlung 2021 für ungültig.Foto: Erik Rusch / Epoch Times
Von 16. November 2022

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin verkündete im Verfahren (Az.: VerfGH 154/21) zu den Wahlen zum Abgeordnetenhaus Berlin (AGH) und der Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) vom 26. September 2021 seine Entscheidung:

Die Wahl zum Abgeordnetenhaus und zur Bezirksverordnetenversammlung von 2021 ist ungültig. Sie muss im gesamten Gebiet wiederholt werden.

„Die Berliner Wahl 2021 war ein einmaliger Vorgang in der BRD. Häufigkeit und Schwere der Wahlfehler machen Wahlwiederholung notwendig, um demokratischen Ansprüchen an eine Wahl gerecht zu werden“, erklärte die Vorsitzende Richterin Ludgera Selting.

Als Hauptgrund für die Ungültigkeit der Wahlen nennt sie: „Schwere systemische Mängel bei der Vorbereitung der Wahlen. Dadurch war ein ordnungsgemäßer Ablauf schon vor Beginn der Wahlen gefährdet.“ Und: „Die mangelhafte Vorbereitung der Wahlen, stellt für sich schon allein einen Wahlfehler dar“.

Teilwiederholung Bundestagswahl

In Bezug auf die gleichzeitig am 26. September 2021 stattgefundene Bundestagswahl hat der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages am 7. November eine Beschlussempfehlung zur Frage einer Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin abgegeben. Der Ausschuss schlug vor, die Wahl in 431 von rund 2.300 Abstimmungsbezirken für ungültig zu erklären. In den betroffenen Stimmkreisen sollen Erst- und Zweitstimme noch einmal abgegeben werden.

Der Bundestag billigte am 10. November 2022 die Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses (20/4000). Für den Vorschlag des Ausschusses stimmten in namentlicher Abstimmung 374 Abgeordnete, 252 votierten dagegen, 31 enthielten sich.

Wie aus der Beschlussvorlage zu 1.713 Wahleinsprüchen hervorgeht, entschied sich der Wahlprüfungsausschuss mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU und der AfD-Fraktion für eine „Wiederholung in Wahlbezirken mit nachgewiesenen Vorfällen in allen Berliner Wahlkreisen“. Dabei soll in den betroffenen Wahlbezirken sowohl die Erst- als auch die Zweitstimmenwahl wiederholt werden.

Rechtliches im Rückblick

In der mündlichen Verhandlung zu den Wahlen zum Abgeordnetenhaus Berlin und der BVV vom 26.11. 2021, die am 28. September 2022 stattfand, erklärte der Gerichtshof in einer ersten vorläufigen Einschätzung, dass er dazu neigt, diese Wahlen insgesamt für ungültig zu erklären. Demzufolge sollte eine Wahlwiederholung in ganz Berlin stattfinden. Dabei stützte sich das Verfassungsgericht in seinem bisher größten Fall vor allem auf drei Punkte:

Erstens seien zu viele und zum Teil auch schwerwiegende Wahlfehler unterlaufen. Diese seien nicht nur bei der Durchführung der Wahl, sondern schon bei den Vorbereitungen geschehen, so die Gerichtssprecherin Lisa Jani damals.

Zweitens hätten diese Wahlfehler auch einen Einfluss auf die Stimmverteilung gehabt.

Und Drittens wären die Richter der Auffassung, dass das Korrekturinteresse dem Bestandsinteresse überwiegt, dass also in ganz Berlin neu gewählt werden müsse.

Das Gericht erklärte bei seiner vorläufigen Einschätzung, dass die nachweislich stattgefunden Wahlfehler nur die „Spitze des Eisbergs“ wären, und dass nicht alles dokumentiert sei, was an Wahlvorkommnissen geschah.

Anschließend hatten die ausgewählten Einsprechenden für das Verfahren – die Landeswahlleitung, die Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport sowie die politischen Parteien „Die Partei“ und AfD – in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit, zur vorläufigen Wertung der Richter Stellung zu nehmen.

Die Senatsverwaltung zeigte sich damals überrascht von der Dimension der vorläufigen Entscheidung des Gerichtes. Ihr wurde entsprechend ihrem Antrag die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 21. Oktober 2022 ihre Stellungnahme nochmals schriftlich vorzutragen. Danach berieten sich die Verfassungsrichter abschließend. Am 16. November 2022 wird nun ihre Entscheidung in diesem Verfahren verkündet.

Da die Richter des Berliner Verfassungsgerichtshofes tatsächlich die Wahlen für ungültig erklärt haben, müssen Abgeordnetenhaus- und BVV-Wahl innerhalb einer Frist von 90 Tagen nach dem Gerichtsentscheid wiederholt werden. Der neue Landeswahlleiter von Berlin, Stephan Bröchler, hat bereits erklärt, dass ein Wahltermin um den 12. Februar 2023 in Betracht komme.

Massive Wahlpannen

In mehreren Berliner Bezirken war es bei der Wahl am 26. September 2021 zu teilweise massiven Wahlpannen gekommen. Aufgrund fehlender oder falscher Stimmzettel und zu wenig aufgestellten Wahlkabinen kam es zu zeitweisen Schließungen von Wahlräumen sowie zu Warteschlangen vor Wahlräumen. Zudem wurden Wahllokale auch deutlich über die regulären Öffnungszeiten betrieben. Dies bedeutete, dass selbst, nachdem die ersten Wahlprognosen veröffentlicht wurden, noch gewählt wurde.

Am 26. September 2021 wurde nicht nur der neue Bundestag und das Abgeordnetenhaus Berlin, sondern auch die Berliner Bezirksverordnetenversammlungen gewählt. Hinzu kam die Abstimmung über einen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen. Parallel dazu fand der Berliner Marathon mit vielen Straßensperrungen statt.



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