Ex-Wirecard-Manager ließ vermutlich Reisedaten fälschen – BKA veröffentlicht Fahndungsfotos

BKA-Fahndungsfotos von Jan Marsalek
Foto: Text: über dts Nachrichtenagentur
Im milliardenschweren Finanzskandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard fahndet das Bundeskriminalamt (BKA) nun öffentlich nach einem flüchtigen Spitzenmanager.
Die Staatsanwaltschaft wirft Jan Marsalek, einem ehemaligen Vorstand des Dax-Konzerns, schwere Untreue und gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor, wie das BKA am Mittwoch mitteilte. Das BKA vermutet, dass sich der 40-Jährige im Ausland aufhält. In der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ starteten die Fahnder einen öffentlichen Zeugenaufruf.
Wie das BKA weiter mitteilte, soll Marsalek spätestens seit 2015 zusammen mit dem Firmenchef Markus Braun die Bilanzen des Konzerns durch Scheinbuchungen künstlich aufgebläht haben, um das Unternehmen so attraktiver für Investoren und Kunden zu machen. Demnach fabrizierten die beiden nicht real existierende Vermögenswerte in Höhe von 1,9 Milliarden Euro, was etwa einem Viertel der Bilanzsumme entspricht. Bei einer Abschlussprüfung für das Jahr 2019 sei die Bilanzfälschung demnach aufgeflogen.
Außerdem wird Marsalek verdächtigt, für Wirecard Anteile an einer anderen Firma zu einem überhöhten Preis gekauft zu haben, was einen Fall von Untreue darstellt. Schließlich sollen sich die Verdächtigen mithilfe der gefälschten Bilanzen Kredite in Höhe von rund 3,2 Milliarden Euro erschlichen haben. Diese seien aufgrund der Insolvenz von Wirecard „höchstwahrscheinlich weitgehend verloren“, wie die Ermittler schreiben.
Marsalek hatte sich laut BKA in den Tagen nach dem Auffliegen des Skandals und seiner Freistellung als Vorstand mutmaßlich ins Ausland abgesetzt.
Verdacht: Reisedaten von Jan Marsalek gefälscht
Unterdessen sollen philippinische Einwanderungsbeamte Reiseunterlagen des flüchtigen Ex-Vertriebsvorstands Jan Marsalek gefälscht haben.
Ermittler in dem südostasiatischen Inselstaat empfahlen am Donnerstag (13. August), Anzeige gegen die beiden Verdächtigen zu erstatten. Die Beamten hätten falsche Einträge in die Datenbank des Immigrationsbüros eingegeben.
Demnach wäre Marsalek am 23. Juni in der Hauptstadt Manila eingetroffen und hätte die Philippinen am folgenden Tag von der Provinz Cebu aus – die auf einer anderen Insel liegt – wieder verlassen, hieß es in einer Mitteilung der nationalen Ermittlungsbehörde. Allerdings habe es am 24. Juni gar keinen Flug von Cebu nach China gegeben, wohin Marsalek angeblich gereist sein soll. Zudem seien den Angaben nicht – wie bei solchen Einträgen üblich – die Reisepassdaten des Österreichers beigefügt worden.
„Die Einträge für den 23. und 24. Juni 2020 sind beide falsch und sollten offenbar nur eine Ablenkung sein, um die Aufmerksamkeit der europäischen Behörden auf die Philippinen und nicht auf deren eigene Gerichtsbarkeit zu lenken“, so die Behörde. Seit seiner Entlassung am 22. Juni ist der Manager untergetaucht. Er wird verdächtigt, zusammen mit anderen Beschuldigten die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen durch Scheingeschäfte aufgebläht zu haben.
Der Wirecard-Skandal gehört zu den größten Fällen von Wirtschaftskriminalität in Deutschland und hat auch massive Kritik an den Finanzaufsichtsbehörden ausgelöst. Unter anderem der Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sowie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mussten dem Finanzausschuss des Bundestags deswegen schon Rede und Antwort stehen.
(afp/dpa)
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