Kita: Ab Montag gilt die "erweiterte Notbetreuung" - Familienministerin warnt vor Rückfall in alte Rollenmuster
Kinder von Alleinerziehenden und weitere wichtige Bedarfsgruppen können ab Montag wieder in die Kita, erklärt Familienministerin Giffey. "Wenn jetzt Geschäfte, Hotels, Restaurants und viele andere Bereiche wieder öffnen und mehr Eltern wieder arbeiten gehen, brauchen sie auch eine gute Betreuung für ihre Kinder. Sonst funktioniert das Gesamtsystem nicht."

Die kleinsten Kinder des AWO Kindergartens "Diesterweg" in Lübbenau (Brandenburg) beim Essen.
Foto: Patrick Pleul/dpa
Familienministerin Franziska Giffey (SPD) hat eine vollständige Öffnung der Kitas bereits zum Start des neuen Kita-Jahrs in Aussicht gestellt. „Wenn das Infektionsgeschehen es zulässt, könnte die Rückkehr zum vollständigen Regelbetrieb vielleicht im Sommer möglich sein. Aber darüber entscheiden letztlich die Länder“, sagte Giffey der „Welt am Sonntag“.
Sie wolle nächste Woche gemeinsam mit der Jugend- und Familienministerkonferenz die weiteren Schritte besprechen. „Wenn jetzt Geschäfte, Hotels, Restaurants und viele andere Bereiche wieder öffnen und mehr Eltern wieder arbeiten gehen, brauchen sie auch eine gute Betreuung für ihre Kinder. Sonst funktioniert das Gesamtsystem nicht“, sagte Giffey.
Die Familien bräuchten eine „klare Perspektive, wann und wie die Kinder und Jugendlichen wieder in die Kitas und Schulen zurückkehren können“, auch wenn das nur schrittweise gehen könne.
Ab Montag gilt die „erweiterte Notbetreuung“
Zunächst gelte ab Montag die in ganz Deutschland die erweiterte Notbetreuung. Sie umfasse unter anderem die Kinder von Alleinerziehenden und solche mit besonderem Förderbedarf und weitere Bedarfsgruppen, so Giffey. „Zudem soll jedes Kind, das im Sommer in die Schule kommt, nochmal seine Kita besuchen können – für einen guten Abschluss und Neubeginn in der Grundschule.“
Giffey kündigte an, das schrittweise Hochfahren des Kita-Betriebs mit einer wissenschaftlichen Studie zu begleiten. „Wir brauchen eine deutschlandweite Betrachtung des Infektionsgeschehens bei Kindern“, so die Familienministerin.
„Es muss von Woche zu Woche untersucht werden, welche Auswirkungen das Hochfahren in den Kitas auf die Ansteckung und Verbreitung des Virus hat. Eine solche Studie bereiten wir gerade mit dem Gesundheitsministerium, dem Robert-Koch-Institut und dem Deutschen Jugendinstitut vor.“
Schüler könnten Schuljahr wiederholen
Äußerungen ihres Parteifreundes Karl Lauterbach, regulärer Schulunterricht könne auch im nächsten Jahr nicht stattfinden, erteilte Giffey eine Absage. „Wir dürfen jetzt nicht die Eltern in helle Panik versetzen. Alle Maßnahmen, die wir treffen, müssen natürlich verantwortungsvoll und abgewogen sein, aber genauso auch alltagstauglich und zumutbar. Und alle brauchen eine Perspektive“.
Deswegen solle es eine „maßvolle, schrittweise und gut begleitete Öffnung für alle“ geben. Der Idee, Schüler wegen der Coronabedingten Unterrichtsausfälle die Wiederholung des Schuljahres zu ermöglichen, steht Giffey offen gegenüber.
„Ein pauschales Wiederholen wäre aus meiner Sicht nicht verhältnismäßig. Auf freiwilliger Basis ist das etwas anderes. Aber darüber müssen sich die Kultusminister verständigen.“
Warnung vor alten Rollenmustern
Giffey warnt davor, in der Coronakrise wieder in alte Rollenmuster zurückzufallen. „Erste Untersuchungen zeigen, dass wir wieder stärker zur traditionellen Rollenverteilung zurückkommen, Mütter also mehr Verantwortung für Erziehung und Schularbeiten übernehmen als Väter“, sagte Giffey der „Welt am Sonntag“. Wenn es ernst werde, sei der Weg zu tradierten Rollenmustern näher, als man denke.
„Wir müssen aufpassen, dass sich das nicht wieder verfestigt.“ Zwar sehe man schon einen gesellschaftlichen Wandel. Fast 40 Prozent der Väter nähmen inzwischen Elterngeld in Anspruch und beteiligen sich an der gemeinsamen Erziehung der Kinder.
„Es bleibt aber ein Aushandlungsprozess in den Familien. Wenn es darum geht, wer beruflich zurücksteckt, sind es immer noch meist die Frauen, die Teilzeit arbeiten. In der Krise verstärkt sich das eher noch“, sagte Giffey. „Da kommt der Gender Pay Gap, also das geschlechtsspezifische Lohngefälle, noch mehr zum Tragen als ohnehin schon – und er vergrößert sich perspektivisch sogar.“
Giffey mahnte an, die Krise für eine Diskussion darüber zu nutzen, wie Sorgearbeit gerecht verteilt und soziale Berufe aufgewertet werden können. „In den Berufen, die jetzt als systemrelevant eingestuft sind, arbeiten 80 Prozent Frauen. Nur Klatschen reicht da nicht. Und eine Diskussion zu führen nach dem Motto, Frauen in Sorgeberufen ja, Frauen in Führungspositionen nein – das geht auch nicht.“ (dts)
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