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plus-iconStaatsferne auf dem Prüfstand

Kritik an Migrationstrainings für Journalisten - ARD und ZDF sehen kein Problem

Ein Weiterbildungsprogramm für Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sorgt für Diskussionen. Die ARD.ZDF medienakademie bezieht Online-Kurse vom Mediendienst Integration, der teils staatlich finanziert wird. Kritiker sehen darin einen möglichen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne.

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ARD und ZDF bieten ihren Mitarbeitern eine Weiterbildung durch den Mediendienst Integration an. (Symbolbild)

Foto: Bernd Weißbrod/dpa

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Lesedauer: 8 Min.


In Kürze:

  • Die ARD.ZDF medienakademie bietet freiwillige Online-Schulungen zum Thema Migration an.
  • Die Kursinhalte stammen vom Mediendienst Integration, der staatliche Fördermittel erhält.
  • Verfassungsrechtler und Verein Initiative Transparente Demokratie sehen einen Verstoß gegen Staatsferne.
  • Die ITD wittert politische Schlagseite und sprachliche Lenkung in den Schulungsunterlagen.

 
Eine Weiterbildungsoption für Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sorgt derzeit für Diskussionen. Ein Verein und ein Verfassungsrechtler nehmen an zwölf Online-Kursen Anstoß, welche die ARD.ZDF medienakademie, die zentrale Weiterbildungseinrichtung des ÖRR, für Interessierte eingekauft hat. Durchführen soll diese der 2012 ins Leben gerufene Mediendienst Integration.
Die Teilnahme an den Kursangeboten ist freiwillig. Dennoch sehen der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler von der Universität Oldenburg und die Initiative Transparente Demokratie (ITD) Gründe zur Beanstandung.
Boehme-Neßler wirft der Medienakademie vor, durch das Angebot gegen das Gebot der Staatsferne zu verstoßen. Grund dafür sei, dass der Mediendienst Integration unter anderem auch Fördermittel aus dem Haushalt der öffentlichen Hand erhält. Damit finanziere der Staat indirekt die Weiterbildung der Journalisten, erklärt der Jurist gegenüber „Bild“. Er sieht in dieser Förderung einen Verstoß gegen das Grundgesetz und den Medienstaatsvertrag.
Gegenüber „Bild“ hieß es, dass der Mediendienst insgesamt rund 3 Millionen Euro von der Integrationsbeauftragten des Bundes, 280.642 Euro vom Bundesministerium des Innern und für Heimat, und 909.972 Euro aus dem EU-Migrationsfonds erhalte.

Mehrere Millionen an staatlichen Fördergeldern sollen an Mediendienst Integration gehen

Über das Weiterbildungsangebot für Journalisten hinaus betreibt der Mediendienst, der sich als „Serviceplattform für Journalistinnen und Journalisten“ versteht, eine Website mit einer Vielzahl an Statistiken, Analysen und eigenen redaktionellen Inhalten. Diese ist als kostenfreies Serviceangebot für Journalisten gedacht.
Das Projekt „Über Migration berichten: Informationen und Fortbildungen für Medienschaffende“ bietet laut Selbstdarstellung unter anderem Pressegespräche, Workshops, wissenschaftliche Expertisen und Social-Media-Recherche an. Die Vermittlung von Experten durch den Dienst erfolgt kostenlos.
Die Integrationsbeauftragte macht auf der Website darauf aufmerksam, dass die Inhalte der Website keine Äußerungen der staatlichen Zuwendungsgeber darstellen. Für die inhaltlichen Aussagen „tragen die Verfasser bei den Projektträgern Rat für Migration e. V./Mediendienst Integration die alleinige Verantwortung“, heißt es.
Der Mediendienst Integration wiederum ist seinerseits ein Projekt des 1998 gegründeten Rats für Migration e. V. (RfM). Bei diesem handelt es sich um einen bundesweiten Zusammenschluss von ungefähr 220 Wissenschaftlern im deutschsprachigen Raum. Deren Forschungsschwerpunkte sind Fragen von Migration und Integration. Zu den bekanntesten Angehörigen des RfM gehören Dieter Oberndörfer, Klaus J. Bade, Aladin El-Mafaalani und Bülent Uçar.

Förderer sehen Mediendienst Integration als verlässliche Quelle zu Migrationsthemen

Als weitere Förderer des Informationsportals treten mehrere Stiftungen auf: die Freudenberg Stiftung, die Marga und Kurt Möllgaard-Stiftung, die Amadeu Antonio Stiftung, die Stiftung Mercator und die Robert Bosch Stiftung.
Letztgenannte schätzt den Mediendienst Integration als eine wichtige Einrichtung „an der Schnittstelle von Journalismus, Wissenschaft und Zivilgesellschaft“.
Die Stiftung unterstützt eigenen Angaben zufolge den Mediendienst beim Ausbau seiner Angebote und der Ansprache eines noch breiteren Publikums. Man setzt auf die Plattform, um die Versachlichung von Debatten im Bereich der Einwanderungsgesellschaft zu erreichen. Der Mediendienst ermögliche dies „durch eine anschauliche Aufbereitung von fundierten Informationen, die Dritten einen verlässlichen Zugang zu Themen rund um Einwanderung, Integration und Migration geben“.
Anja Stürzl, Vorstandsvorsitzende der Initiative Transparente Demokratie, hingegen sieht im Mediendienst eine „NGO, die mit Unterstützung linker Journalisten und Aktivisten politisch tendenziöse und thematisch einseitige Inhalte und Schulungen produziert“. Unter anderem stützt sich die Initiative dabei auf den Umstand, dass sich ein Teil der Schulung auch mit sprachlicher Sensibilisierung befasst. Darin sieht man weniger eine Form der Wissensvermittlung als eine „Lenkung“.

„Flüchtling“ als problematischer Begriff

Gleichzeitig beklagt die ITD, dass Schwerpunkte, die sie in der Migrationsdebatte für bedeutsam hält, aus ihrer Sicht zu kurz kommen. Vielmehr sei in den Schulungsunterlagen die Handschrift von Organisationen wie der Amadeu Antonio Stiftung oder den Neuen Deutschen Medienmacher*innen zu erkennen. Letztgenannte seien unter anderem treibende Kräfte der Kampagne gegen „Klar“-Moderatorin Julia Ruhs gewesen.
Die Initiative beschwert sich unter anderem darüber, dass in den Schulungen empfohlen werde, die Nationalität von Tatverdächtigen in der Kriminalberichterstattung nur bei sachlicher Relevanz zu nennen. Auch einige Einschätzungen zur Terminologie erregen Anstoß vonseiten der ITD.
So enthalten die Unterlagen die Empfehlung, den Begriff „Flüchtling“ nicht zu verwenden, da die Endung „-ling“ nach Einschätzung der Autoren „verkleinernd“ wirke. Allerdings wird der Begriff auch in offiziellen Dokumenten der UN verwendet und im Namen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.

Transparency International wirft ITD Pauschalverdächtigung und Nähe zu „Verschwörungsmythen“ vor

Auch Begriffe wie „Flüchtlingswelle“ sollen den Empfehlungen zufolge vermieden werden. Diese bewirkten gleichsam eine Täter-Opfer-Umkehr zwischen Politik und Schutzsuchenden und schiebe diesen die Verantwortung für Probleme zu. Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte jüngst den Begriff „Flüchtlingsstrom“ beanstandet, da dieser verhindere, den einzelnen Menschen zu sehen.
In der ITD wittert man hinter dem Angebot der Medienakademie von ARD und ZDF eine „strukturelle Verschiebung der Machtverhältnisse“. Staatlich mitfinanzierte NGOs beeinflussten, wie in öffentlich-rechtlichen Sendern gesprochen und berichtet werde. Aus einem pädagogischen Angebot werde „normativer Druck“.
Die Organisation Transparency International kritisierte ihrerseits bereits im Juli das Gründungsnarrativ der ITD. In einer Erklärung warf man dieser vor, „pauschale Verdächtigungen“ gegenüber NGOs sowie „an Verschwörungsmythen angelehnte Argumentationsstrukturen“ zu kultivieren.

Weder ARD noch ZDF sehen problematische Aspekte am Weiterbildungsangebot

Die ARD teilte mit, dass man keinen Anlass sehe, von dem Weiterbildungsangebot Abstand zu nehmen. In einer Antwort auf eine Anfrage der Epoch Times heißt es:
„Die ARD legt großen Wert auf die Einhaltung aller gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben. Im angesprochenen Sachverhalt sehen wir diese Vorgaben in keiner Weise beeinträchtigt.“
Die Hauptabteilung Kommunikation des ZDF betonte gegenüber unserem Medium, dass die Medienakademie das Angebot des Mediendienstes Integration evaluiert habe. Zwölf Trainings habe man in sein Schulungsangebot aufgenommen. Die Nutzung sei freiwillig und ein Eingriff in die Programmgestaltung des ZDF sei mit dem Angebot nicht verbunden.
Außerdem vermag man keinen Verstoß gegen den Medienstaatsvertrag oder gegen das Gebot der Staatsferne zu erkennen. Der Mediendienst Integration sei ein unabhängiger Zusammenschluss und werde von mehreren unterschiedlichen Institutionen gefördert. Außerdem unterstütze ein Fachbeirat dessen Arbeit:
„Dabei handelt es sich um Journalistinnen und Journalisten von TV-Sendern und Verlagen, die beraten, das Vorhaben kritisch begleiten und ihren Informationsbedarf äußern.“
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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