„Letzte Generation“ besucht Wissing: Austausch, aber keine Annäherung

Am Dienstag empfing Bundesminister Wissing eine Abordnung der Klimabewegung „Letzte Generation“. An den unterschiedlichen Positionen änderte sich wenig.
Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, trifft Vertreterinnen und Vertreter der Letzten Generation zum Gespräch.
Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, trifft Vertreterinnen und Vertreter der „Letzten Generation“ zum Gespräch.Foto: Hannes P. Albert/dpa
Von 2. Mai 2023

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Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat sich mit Vertretern der „Letzten Generation“ getroffen. Die radikale Klimaschutzgruppe hatte Wissing zum Gespräch aufgefordert. Vor dem Treffen hatte der Verkehrsminister im „Deutschlandfunk“ gesagt, in einer Demokratie müsse man reden. Klar sei aber, dass es so nicht weitergehen könne. „Natürlich habe ich null Toleranz für Straftäter.“ Seit einigen Wochen versucht die Vereinigung, Berlin durch Blockaden „lahmzulegen“. Mehrere Kommunen hatten zuvor mit dieser das Gespräch gesucht im Bemühen, sie zum Verzicht auf Eingriffe in den Straßenverkehr zu bewegen.

Es sei „über sehr viele Themen gesprochen“ worden, äußerte Lea Bonasera im Namen der Organisation im Anschluss an das Treffen. Die Unterredung sei „respektvoll“ verlaufen. Inhaltlich sei es in vielen Punkten jedoch nur beim Meinungsaustausch geblieben. Mitte Mai soll es im Anschluss an die Verkündung des „Klima-Sofortprogramms“ der Bundesregierung ein weiteres Gespräch mit Wissing geben. Die Proteste blieben jedoch weiter „notwendig“.

Van Baalen: „Letzte Generation“ bleibt für Dialog offen

Bereits im Vorfeld des Treffens hatten beide Seiten ihre Erwartungen weit nach unten geschraubt. „Letzte Generation“-Sprecherin Aimée van Baalen erklärte gegenüber n-tv:

Ich glaube, es ist ein bisschen utopisch zu glauben, dass nach einem Gespräch schon Ergebnisse stehen.“

Man sei jedoch weiter für einen Dialog offen. Van Baalen hatte mit einem „menschlich guten Gespräch“ mit dem Minister gerechnet. Bezüglich der Kernforderungen der Organisationen hatte Wissing noch unmittelbar vor dem Treffen bekundet, nicht zum Einlenken bereit zu sein.

Die „Letzte Generation“ fordert ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen sowie ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket für öffentliche Verkehrsmittel.

„Gesellschaftsrat“ als gelenkte Veranstaltung?

Zudem fordert die Vereinigung die Einrichtung eines „Gesellschaftsrats“. Dieser solle bestehen aus

zufällig gelosten Menschen, die die Bevölkerung Deutschlands nach Kriterien wie Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss und Migrationshintergrund bestmöglich abbilden.“

Nach dem Dafürhalten der „Letzten Generation“ stelle dieser eine „demokratische Ergänzung zur repräsentativen Demokratie“ dar. Seine Einrichtung solle diese „wieder handlungsfähig“ machen.

Völlig unbeschränkt in seiner Urteilsfindung soll dieser „Gesellschaftsrat“ dem Konzept der Vereinigung zufolge jedoch nicht sein. Zum einen wären die Fragen, derer er sich annehmen solle, vorgezeichnet. Es ginge unter anderem nicht darum, ob, sondern nur wie Deutschland bis 2030 die Nutzung fossiler Rohstoffe beenden solle. Zudem sollen „Experten“ die gelosten Mitglieder beraten und eine „professionelle Moderation“ sie „im Prozess der Maßnahmenfindung“ unterstützen.

Tempolimit laut Wissing unnütz für Klimaschutz und ohne parlamentarische Mehrheit

Wissing selbst äußerte im „Deutschlandfunk“, ihn „überzeugen die Argumente der Letzten Generation nicht“. Er sei verwundert darüber, dass die Gruppe

so wenig sinnvolle Vorschläge macht für Klimaschutz und gleichzeitig so radikal vorgeht und mit Straftaten die Gesellschaft blockiert.“

Er selbst sei der Urheber der Idee des temporär begrenzten 9-Euro-Tickets vom vergangenen Sommer gewesen. Dauerhaft sei ein solches jedoch nicht umsetzbar, weil der Bund nicht nur Ticketpreise subventionieren könne, sondern auch die Bahn sanieren und den ÖPNV ausbauen müsse. Es sei „aberwitzig“, gegen ihn zu demonstrieren, so Wissing. Immerhin habe er auch das aktuelle „Deutschlandticket“ für 49 Euro vorgeschlagen.

Für ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen gebe es keine parlamentarische Mehrheit, fügte er hinzu. Außerdem sei dieses eine „Maßnahme, die wenig Klimaschutz bringt“.

Wissings FDP-Parteikollege, Bundesjustizminister Marco Buschmann, hatte bereits zuvor scharfe Kritik an den sogenannten Klimaaktivisten geübt. Er wies auf die Straßenkämpfe der Weimarer Republik hin. Es dürfe sich nicht wiederholen, dass sich Menschen am linken und rechten politischen Rand ermächtigt fühlten, sich über die Rechtsordnung zu stellen.

Noch 1.000 Anhänger der „Letzten Generation“ zu Aktionen in Berlin

Der „Zeit“ zufolge kam es auch am Dienstag wieder zu Blockadeaktionen in Berlin. Mindestens zwei Dutzend Aktionen im Stadtgebiet hätten zu vielen Staus und erheblichen Verkehrsbehinderungen geführt. Die Polizei habe ihre ursprüngliche Zahl von 170 Einsatzkräften in diesem Bereich auf 300 erhöht.

Sprecherin van Baalen zog bislang eine positive Zwischenbilanz über die „Frühjahrsaktion“ ihrer Gruppierung. Man habe „dadurch auf jeden Fall geschafft, unsere Botschaft rauszusenden“. Derzeit befänden sich noch etwa 1.000 Anhänger der „Letzten Generation“ in Berlin. Davon träten nicht alle gleichzeitig in einen Protest. Einige würden auch helfen, im Hintergrund zu organisieren.

Insiderberichte aus der Organisation bescheinigen dieser eine straff organisierte Führung, die psychologische Profile ihrer Anhänger anlege. Auf deren Grundlage plane man die Einsätze. Kritiker rücken die „Letzte Generation“ in die Nähe einer Sekte.



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