Letzte Meiler gehen vom Netz: „Ein sehr emotionaler Akt“ – Debatte geht weiter

Heute ist ein historischer Tag für die Energiepolitik in Deutschland – der Atomausstieg tritt in Kraft. Die Debatte über die Kernkraft schwelt dennoch weiter.
Das Kernkraftwerk Isar 2.
Das Kernkraftwerk Isar 2.Foto: Armin Weigel/dpa
Epoch Times15. April 2023

Das Ende der Stromproduktion aus Kernenergie in Deutschland ist nach den Worten von PreussenElektra-Chef Guido Knott für die Beschäftigten am Standort Isar 2 „ein sehr emotionaler Akt“. Die Vorstellung, dass die Anlage „dann nicht wieder ans Netz kommt, ist schon schwierig für die Kollegen“, sagte der Chef des Energiekonzerns am Samstag am Standort in Niederessenbach dem „Bayerischen Rundfunk“.

Der Leiter des Kraftwerks, Carsten Müller, sprach von einem „letzten schweren Schritt“, die Anlage endgültig vom Netz zu nehmen. In den vergangenen Wochen „haben wir sehr großen Zuspruch bekommen, Rückhalt bekommen“, sagte Müller. Es habe ihn sehr gefreut, dass sich doch sehr viele Menschen wieder für die Kernenergie „positioniert haben“. Aber die politische Entscheidung sei „natürlich eindeutig“: „Wir werden heute Nacht vom Netz gehen.“

Bis Mitternacht stellen die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland die Stromproduktion ein. Neben Isar 2 in Bayern sind dies Neckarwestheim in Baden-Württemberg und Emsland in Niedersachsen. Damit endet in Deutschland nach sechs Jahrzehnten die Ära der Atomenergie.

Eigentlich hätten die AKW schon Ende des vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Das hatte die Koalition aus CDU/CSU und FDP als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima beschlossen. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine entschied die Ampelkoalition im vergangenen Jahr jedoch, die drei Meiler über den Winter weiterlaufen zu lassen.

Diskussion geht weiter

Vor rund 62 Jahren ging das erste kommerzielle Atomkraftwerk in Deutschland in Betrieb – nun gehen die drei verbliebenen Meiler in Deutschland vom Netz. Auch wenn das Zeitalter der Atomkraft hierzulande endet, schwelt die Debatte wenige Stunden vor Abschaltung der Kraftwerke weiter.

Während Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ihre Erleichterung über den Schritt deutlich macht und Kernkraftgegner in mehreren Städten den Atomausstieg feiern wollen, bezeichnet die FDP diesen als „strategischen Fehler“.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte, diese Technologie nicht völlig aufzugeben. „Die Kernenergie muss auch nach dem Ausstieg eine Zukunft in Deutschland haben“, sagte er der „Deutschen Presse-Agentur“ in Berlin. „Dazu gehört, dass wir die Forschung auf dem Gebiet der Kernfusion ausweiten und die Chancen neuer und sicherer Technologien der Kernspaltung nutzen.“

Wenn es nach dem FDP-Vorsitzenden Christian Lindner ginge, sollten die drei Kernkraftwerke in der Reserve belassen und nicht zurückgebaut werden. „Wenn wir sie in den nächsten zwei, drei Jahren ans Netz bringen müssten, hätten wir diese Chance“, sagte der Finanzminister am Freitagabend dem Fernsehsender „Welt“. Doch das scheitere am Koalitionspartner Grüne.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sagte am Freitagabend im Interview der ARD-„Tagesthemen“, er glaube an eine Neuauflage der Kernenergie. „Wir spüren diese große Energiekrise, wir brauchen jedes Fitzelchen Energie“, sagte der CSU-Politiker. Die ARD sendete die „Tagesthemen“ live vom Gelände des Kernkraftwerks Isar 2 in Niederbayern. In der 45-minütigen Sonderausgabe berichtete Moderator Ingo Zamperoni von seinem exklusiven Besuch in der Anlage.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein forderte mehr Forschung an neuen Technologien. „Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise zeigen uns, dass wir uns breit aufstellen müssen. Wir müssen besonders angesichts des Atomausstiegs technologieoffen Forschung fördern. Nicht nur aussteigen, sondern auch mal einsteigen“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Mit der Abschaltung der drei Meiler fängt die eigentliche Arbeit am Atomausstieg erst an. „Wir haben etwa drei Generationen lang Atomkraft genutzt in unserem Land und dabei Abfälle produziert, die noch für 30.000 Generationen gefährlich bleiben. Diese Verantwortung übergeben wir an unsere Enkel, Urenkel und noch viele weitere Generationen“, sagte Lemke mit Blick auf die anstehenden Aufgaben. Insgesamt müssen noch mehr als 30 Meiler in Deutschland zurückgebaut werden.



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