Palmer gegen die „Generation beleidigt“ und die „selbstgerechten Lifestylelinken“

Die Grünen wollen den Tübinger Bürgermeister Boris Palmer aus der Partei ausschließen. Palmer ermutigte die Grünen sogar zu einem Verfahren gegen sich - um sich der Identitätspolitik entgegenstellen zu können. Entschuldigen werde er sich bei der "Generation beleidigt" und den "selbstgerechten Lifestylelinken" nicht. Der Cancel Culture werde er sich nicht unterwerfen.
Epoch Times9. Mai 2021

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) will sich in dem gegen ihn beantragten Parteiausschlussverfahren verteidigen. „Ich werde mich dem stellen, und sei es der letzte Dienst, den ich meiner Partei tun kann“, schreibt Palmer in der „Welt am Sonntag“. Und weiter: „Ich kann Ächtung und Existenzvernichtung wegen angeblich falscher Wortwahl niemals akzeptieren“. Das beschädige „den Kern der liberalen Demokratie“.

In einer Auseinandersetzung über das Bildschirmverbot des Ex-Nationalspielers Dennis Aogo habe er am Freitagnachmittag im Internet kursierende Vorwürfe lediglich so absurd übersteigert, dass jedem verständigen Leser klar sei, was seine Absicht war: „Mit dem Stilmittel der Satire aufzeigen, wie heutzutage vollkommen haltlose Rassismusvorwürfe wirklich jedem zu Verhängnis werden können.“

Weiter argumentiert er: „Denunzianten zerrten das in die Twitterwelt, beseitigten den Kontext und keine 24 Stunden später hat ein Parteitag ein Ausschlussverfahren gegen mich eingeleitet.“ Die Grünen bräuchten Menschen, die sich der „entfesselten Identitätspolitik“ entgegenstellen.

Die „Generation beleidigt“

Palmer beschreibt in seinem Gastbeitrag ein um sich greifendes „Jakobinertum“ der „Generation beleidigt“ (Caroline Fourest) und der „selbstgerechten Lifestylelinken“ (Sarah Wagenknecht).

Das entwickele sich zu einer ernsthaften Gefahr für die offene Gesellschaft. Wer sich den Vorgaben der „Generation beleidigt“ und den „selbstgerechten Lifestylelinken“ nicht beuge werde gemaßregelt und ausgegrenzt.

„Dem entgegenzutreten halte ich für eine Bürgerpflicht. Und einen ökologischen Imperativ. Nur eine liberale grüne Partei kann hoffen, dieses Land erfolgreich in die Zukunft zu führen“, schreibt Palmer in der „Welt am Sonntag“.

Er stehe zur offenen Gesellschaft, zur liberalen Demokratie und zu den grünen Grundwerten, sagte Palmer in seiner Rede. Entschuldigen wolle er sich nicht. „Das ist das, was die Cancel Culture mindestens verlangt. Abbitte und Unterwerfung.“ Daher könne und wolle er nichts widerrufen.

FDP-Vize Kubicki unterstützt Palmer

Rückendeckung bekommt er aus der FDP. Dessen Vize Wolfgang Kubicki sagte den Funke-Zeitungen, er könne zwar die Reaktion der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock nachvollziehen, „da die Äußerung von Boris Palmer mehr als eine Provokation gewesen ist“, allerdings sei das eingeleitete Parteiausschlussverfahren „definitiv überzogen“.

Kubicki äußerte die Erwartung, dass die Führungsfähigkeiten Baerbocks in den kommenden Monaten „mehr denn je gefragt sind“.

Auf einer ohnehin schon angesetzten Landesdelegiertenkonferenz der Grünen in Baden-Württemberg stimmten am Samstag 76 Prozent für einen Initiativantrag, ein „Parteiordnungsverfahren“ gegen Palmer einzuleiten. 21 Prozent stimmten dagegen, vier Prozent enthielten sich. Palmer ermutigte die Grünen sogar zu einem Verfahren gegen sich – um sich der Identitätspolitik besser entgegenstellen zu können.

Annalena Baerbock hatte Palmer zuvor vorgeworfen, sich „rassistisch und abstoßend“ geäußert zu haben. „Nach dem erneuten Vorfall beraten unsere Landes- und Bundesgremien über die entsprechenden Konsequenzen, inklusive Ausschlussverfahren“, sagte Baerbock.

Palmer: „Cancel Culture“ macht uns zu hörigen Sprechautomaten

Palmer hatte sich auf Facebook über Kritik an den Ex-Nationalspielern Jens Lehmann und Dennis Aogo geäußert und sie vor einem Rassismus-Vorwurf in Schutz nehmen wollen. Er hatte unter der Überschrift „@Cancel Culture“ bei Facebook zunächst bedauert, dass der frühere Nationalspieler Aogo vorerst nicht mehr als Experte beim Fernsehsender Sky auftreten wird. Aogo hatte am Dienstagabend im Rahmen einer Champions-League-Übertragung den Ausdruck „Trainieren bis zum Vergasen“ verwendet und sich anschließend für diesen verbalen Fehltritt entschuldigt.

Palmer schrieb dazu und zum Rauswurf von Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann bei Hertha BSC:

Lehmann weg. Aogo weg. Ist die Welt jetzt besser? Eine private Nachricht und eine unbedachte Formulierung, schon verschwinden zwei Sportler von der Bildfläche.“

Lehmann hatte in einer Kurznachricht gefragt, ob Dennis Aogo wohl ein „Quoten-Schwarzer“ sei.

Palmer fügte hinzu: „Nun schaue ich mir das nie an und vielleicht sind Sportler auch nicht immer die besten Kommentatoren. Aber der Furor, mit dem Stürme im Netz Existenzen vernichten können, wird immer schlimmer.“ Und weiter: „Cancel culture macht uns zu hörigen Sprechautomaten, mit jedem Wort am Abgrund.“

Auf dpa-Anfrage zu seiner Wortwahl teilte Palmer mit:

Ich habe Aogo gegen einen unberechtigten Shitstorm in Schutz genommen. Daraus wird durch böswilliges Missverstehen ein Rassismusvorwurf. So wird ein repressives Meinungsklima geschaffen. Ich halte es geradezu für eine Bürgerpflicht, diesem selbstgerechten Sprachjakobinertum die Stirn zu bieten.“

Palmer gilt schon seit Jahren als „Enfant Terrible“ bei den Grünen. In den letzten Monaten hatte er im Zuge der Coronakrise bundesweit Anerkennung für sein Krisenmanagement in Tübingen erhalten. Die Stadt kam zeitweise deutlich besser durch die Pandemie als der Rest des Landes. Palmer ist seit 2007 Oberbürgermeister der Stadt Tübingen. (dts/ks)



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