Schleswig-Holstein: AfD-Fraktion fordert Rücktritt von Landtagsvizepräsident Andresen wegen diffamierender Aussagen

Weil er einen renommierten Staatsrechtler, der als Kandidat für das Amt eines stellvertretenden Richters am Landesverfassungsgericht gehandelt wurde, durch stigmatisierende Äußerungen in der Öffentlichkeit schwer beschädigte soll der Landtagsvizepräsidenten Rasmus Andresen (Grüne) von seinem Amt zurücktreten, fordert die AfD-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag.
Epoch Times5. Juli 2018

Die AfD-Fraktion rief am gestrigen Mittwoch im schleswig-holsteinischen Landtag eine „Aktuelle Stunde“ ein. In dieser forderte der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion Dr. Frank Brodehl den Landtagsvizepräsidenten Rasmus Andresen (Grüne) zum Rücktritt auf, da er sich zu einem vertraulichen Prozess zur Wahl eines neuen Landesverfassungsrichter öffentlich  geäußert hatte und dies darüber hinaus noch in einer „diskreditierenden Weise“.

Was war geschehen: Am 30.6. erschien ein Artikel in den Lübecker Nachrichten, der aussagt, dass CDU, Grüne, FDP und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) im Richterwahlausschuss ihren Personalvorschlag zurückgezogen haben, weil der entsprechende Kandidat Kontakt zu zwei Vereinen hatte, die Verbindungen zu aktiven AfD-Politikern aufweisen. Diese Vereine würden „Stimmung gegen die Gleichstellung homosexueller Paare und entsprechenden Aufklärungsunterricht in den Schulen machen“, heißt es in den Lübecker Nachrichten.

Brodehl fragt: „Was hat den Landtagsvizepräsidenten wohl dazu bewogen, dieses Vokabular zu benutzen?“

In dem Artikel wurde der Name des Kandidaten, einem Jura-Professor, genannt und die Vereine, zu denen er Kontakt hatte, wurden als „umstrittene rechte Vereine“ bezeichnet. Allein dass diese vertraulichen Informationen in den Medien auftauchten ist für Brodehl „skandalös“. „Noch gravierender“ findet Brodehl allerdings, „dass der Landtagsvizepräsident in den Lübecker-Nachrichten [im selben Artikel] damit zitiert wurde, dass der Richter-Kandidat „unter keinen Umständen mehr wählbar sei“, weil er sich „zum Sprachrohr von Menschenfeinden und Rechten gemacht“ habe“, so Brodehl.

Der bildungspolitische Sprecher fragt in seiner Rede: „Was hat den Landtagsvizepräsidenten wohl dazu bewogen, dieses Vokabular „Sprachrohr von Menschenfeinden und Rechten“ zu verwenden?“

Aussagen des Ex-Kandidaten sollen bis heute durch keinen anderen Juristen widerlegt sein

Und er führt aus, dass dem Artikel zu entnehmen ist, dass der Stein des Anstoßes anscheinend das Rechtsgutachten und der Vortrag des Kandidaten war, wo er das Rechtsgutachten vertrat.

Die Kernaussage des Rechtsgutachtens stand auch in dem Artikel – Brodehl wiederholte sie im Plenum:

Staatliche Sexualerziehung, die darauf gerichtet ist, Schüler dazu zu erziehen, jedes Sexualverhalten gleichermaßen wertzuschätzen, verstößt gegen das Indoktrinationsverbot und ist damit verfassungswidrig“.

„Ein Gutachten – und dies ist in diesem Zusammenhang nicht ganz unwichtig –, das bis heute von keinem anderen Staatsrechtler inhaltlich angegriffen oder gar widerlegt worden ist“, ergänzte Brodehl.

Da durch die stigmatisierenden Äußerungen die berufliche Reputation des Juristen in der Öffentlichkeit schwer beschädigt sei, habe sich Andresen für das Amt des Landtagsvizepräsidenten als ungeeignet erwiesen und solle laut Brodehl zurücktreten.

„Wir fordern den Abgeordneten Rasmus Andresen auf, von seinem Amt als Landtagsvizepräsident zurückzutreten“, so Brodehl im Plenum.

Und er ergänzte: „Wenn diese öffentliche Diskreditierung eines Richterkandidaten ohne Konsequenzen bliebe, würde dies die fatale Botschaft aussenden, dass in Schleswig-Holstein jeder Kandidat, der eine andere Rechtsauffassung vertritt als jene, die der sogenannten Politischen Korrektheit entspricht, automatisch als ‚rechts‘ stigmatisiert wird, kein Richter am Landesverfassungsgericht werden darf und ‚raus‘ ist.“

Alle Fraktionen teilen größtenteils eine andere Auffassung

Alle Fraktionen äußerten sich danach zu den Aussagen der AfD-Fraktion und sahen dies größtenteils anders.

So habe der CDU-Fraktionsvorsitzende Koch keinerlei Anhaltspunkte dafür, „dass die Vertraulichkeit von Andresen verletzt worden sei, da der Abgeordnete der Grünen gar nicht Mitglied des Wahlgremiums sei, konstatierte Tobias Koch (CDU). Andresen habe lediglich auf eine „explizite Nachfrage eines Journalisten“ geantwortet. „Gleichwohl“, so räumt Koch allerdings ein „wäre es besser gewesen, sich ein gewisses Maß an Zurückhaltung aufzuerlegen.“

Andere gingen noch weiter: „Die Reputation und Ehre des Richterkandidaten seien durch den grünen Landtagsvizepräsidenten nicht beschädigt worden, „sondern durch die Wahl seiner Auftraggeber und die Art der Veranstaltungen, an denen er teilgenommen hat“, befand Martin Habersaat (SPD).

Einige sahen hingegen zwar die Vertraulichkeit verletzt, doch verdeutlichten sie im gleichen Atemzug, dass sie hinter den Aussagen des Landtagsvize stehen.

Am Ende der aktuellen Stunde betont der Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU), dass die Geschäftsordnung aus gutem Grund eine vertrauliche Behandlung aller Informationen zu den (möglichen) Kandidaten für das Amt des Landesverfassungsgericht vorsieht und dies berücksichtigt werden solle, ansonsten könnte es zukünftig schwer sein, geeignete Kandidaten zu finden.

Die Wahl des neuen Landesverfassungsrichters war für diese Woche Mittwoch angesetzt. Im September wird der Landtag sich dem Thema neuer Landesverfassungsrichter erneut widmen. (er)



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