Weitere Bundesländer wollen Steuerbetrugsportal – Kritiker: „Steuerpranger“ und „Steuer-Stasi“

Trotz heftiger Kritik an der Einführung des Meldeportals für Steuerbetrug in Baden-Württemberg, denken auch andere Bundesländer über ein solches Portal nach. Deutliche Unterstützung bekommt Initiator Bayaz von einer Grünen-Parteikollegin. Kritiker sprechen hingegen von Stasi-Methoden.
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Nach SPD-Linken sollen vor allem Topverdiener mehr Steuern bezahlen, um die Herausforderungen der Ukraine-Krise besser bewältigen zu können.Foto: iStock
Epoch Times3. September 2021

Nach Baden-Württemberg erwägen auch andere Bundesländer die Einführung eines digitalen Meldeportals für Hinweise auf Steuerbetrug, allen voran Schleswig-Holstein. Das berichtet die „Welt“ (Freitagausgabe) unter Berufung auf eine eigene Umfrage unter den Finanzministerien der Länder.

„Bei der Digitalisierung der Verwaltung sollten wir möglichst keinen Bereich ausnehmen. In diesem Sinne prüfen wir auch die Einrichtung eines entsprechenden Online-Portals“, sagte Schleswig-Holsteins Finanzministerin und Grünen-Politikerin Monika Heinhold der „Welt“.

Sie würde es dabei begrüßen, wenn die Länder bei einem solchen Portal gemeinsam vorgingen. In Thüringen kann man sich zwar keinen Alleingang wie in Baden-Württemberg, wohl aber eine bundesweit einheitliche Lösung aller Länder vorstellen. Ein Onlineangebot für anonyme Anzeigen könne aus „Akzeptanzgründen in der öffentlichen Wahrnehmung, wenn, dann besser im Länderverbund erreicht werden“, teilte das Finanzministerium in Erfurt der „Welt“ mit. Auch in Berlin zeigte man sich aufgeschlossen für einen gemeinsamen Weg aller Bundesländer.

„Aus Sicht der Senatsfinanzverwaltung sollte zunächst die Akzeptanz des Onlineportals aus Baden-Württemberg bei den Bürgerinnen und Bürgern analysiert werden“, hieß es von dort. Die Anmeldung für das Projekt „Konsens“, in dessen Rahmen die Digitalisierung der Steuerverwaltung seit Jahren gemeinsam von Bund und Ländern betrieben wird, wäre dann „nach einer Evaluation vorzunehmen“, sagte die Senatsfinanzverwaltung der „Welt“.

Die Hamburger Finanzbehörde teilte dem Blatt mit, dass „die in Baden-Württemberg gemachten Erfahrungen analysiert und in die Überlegungen zur Einführung eines gegebenenfalls im Rahmen der Umsetzung der EU-Hinweisgeberschutz-Richtlinie neu zu schaffenden Meldekanals einbezogen“ werden. Die Richtlinie muss eigentlich bis zum 16. Dezember in nationales Recht umgesetzt sein.

Kritik an Steuerbetrugsportal

Die Meldeplattform wurde nach der Einführung in Baden-Württemberg jedoch scharf kritisiert. Union, SPD, FDP und AfD hatten dem grünen Landesfinanzminister Danyal Bayaz vorgeworfen, mit dem „Steuerpranger“ und „Stasi-Methoden“ im Internet Denunziation zu fördern.

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, sagte dem Fernsehsender „Bild Live“: „Das fördert eine Kultur des Misstrauens, der Missgunst, Unterstellung und Denunziation“ und dürfe sich „in unsere Gesellschaft nicht einschleichen“. Die „Bild“-Zeitung schreibt von „Steuer-Stasi“.

CSU-Generalsekretär Markus Blume twitterte, Steuerhinterziehern müsse das Handwerk gelegt werden. Aber statt sich um die Großen zu kümmern, wollten die Grünen „Denunziantentum fördern und Misstrauen unter Nachbarn säen. Auf was muss man sich noch einstellen, wenn die Grünen an die Regierung kommen?“, fragte er. Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei warnte: „Da zeigt sich schon jetzt einmal, wo die Reise mit rot-grün-roter Regierungsverantwortung hingehen würde.“

FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte der „Bild“: „Dieses Portal zeigt uns, was droht, wenn Grüne ihre moralischen Vorstellungen über Recht und Gesetz stellen und in staatliches Handeln gießen und die CDU dem nichts entgegensetzt.“

Baerbock lobt Idee – Scholz zurückhaltend

Bundesfinanzminister Olaf Scholz äußerte sich dort zurückhaltender: Es sei „wichtig, dass wir alle fair unsere Steuern zahlen, und ich gehe davon aus, dass die meisten Bürgerinnen und Bürger das auch tun“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat. Ansonsten gebe es dazu seit langem „sehr ordentliche Praktiken“, dann seien es „die Finanzbeamten, die ihre Arbeit leisten müssen“.

Dagegen kann sich Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock eine solche anonyme Meldeplattform auch auf Bundesebene vorstellen. „Wir müssen Orte schaffen, wo auch gemeldet werden kann, wenn man weiß, dass es zu heftigem Steuerbetrug kommt“, hatte sie am Mittwochabend bei der „Bundestagswahl-Show“ im Fernsehsender Prosieben gesagt. Das werde nun in Baden-Württemberg gemacht und wäre eigentlich „auch Aufgabe eines Bundesfinanzministers gewesen“, sagte Baerbock. „Die nächste Bundesregierung sollte das auch einführen.“ (dpa/dts/oz)



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