Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz: Wird Staat ein „stiller Miterzieher“?

"Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen. Jedes Kind hat bei staatlichen Entscheidungen, die seine Rechte unmittelbar betreffen, einen Anspruch auf rechtliches Gehör." So lautet ein Teil der Vorschläge für die grundrechtliche Verankerung für Kinderrechte.
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Kinderrechte sollen zukünftig ins Grundgesetz aufgenommen werden.Foto: iStock
Epoch Times24. Oktober 2019

Die Rechte von Kindern sollen erstmals gesondert im Grundgesetz verankert werden. Ihre Bedürfnisse werden dann besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießen, heißt es im Abschlussbericht einer Bund-Länder-Kommission, den Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Freitag vorstellte. Die Kommission formulierte mehrere Vorschläge für den neuen Grundgesetzartikel. Lambrecht hofft auf eine Umsetzung bis kommendes Jahr.

„Kinder haben besondere Bedürfnisse, sie brauchen unseren besonderen Schutz“, sagte die Ministerin. Zwar fielen Kinder auch jetzt schon unter die im Grundgesetz verankerten Grundrechte – allerdings seien sie nicht in ihren spezifischen Bedürfnissen berücksichtigt. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“, sagte die Ministerin. „Wir wollen damit verdeutlichen, welchen hohen Stellenwert Kinder und ihre Rechte für uns haben.“

Eltern-Kind-Verhältnis in Gefahr?

Lambrecht betonte, bei der Grundgesetzänderung gehe es nicht darum, „Elternrechte und die Elternverantwortung zu beeinträchtigen“. Der Staat werde das Eltern-Kind-Verhältnis nicht ändern.

Die Bund-Länder-Kommission legte drei Formulierungsempfehlungen vor. In der Variante, über die laut Kommission der größte Konsens besteht, heißt es unter anderem: „Jedes Kind hat das Recht auf Achtung und Schutz seiner Grundrechte einschließlich seines Rechts auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft. Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen.“

In zwei weitergehenden Formulierungsvarianten ist die Rede davon, dass die Rechte von Kindern „wesentlich“ beziehungsweise „vorrangig“ berücksichtigt werden müssten.

Lambrecht kündigte an, bis Jahresende einen Referentenentwurf zu der geplanten Grundgesetzänderung vorzulegen. Eine wichtige Rolle werde dabei spielen, welche Formulierung die größte Aussicht auf eine parlamentarische Mehrheit habe. Für die Grundgesetzänderung sind Zwei-Drittel-Mehrheiten sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat nötig.

Befugnisse einschränken

Die FDP zeigte sich zu Gesprächen bereit, um der Grundgesetzänderung zu der nötigen Mehrheit zu verhelfen. Für die Liberalen sei es allerdings „wichtig, dass der Staat nicht als Aufpasser und stiller Miterzieher in den Familienverbund eindringt“, sagte Vizefraktionschef Stephan Thomae. „Der Staat sollte nur dann eingreifen, wenn das Kindeswohl objektiv gefährdet ist.“

Die Grünen, deren Stimmen ebenfalls für eine Grundgesetzänderung gebraucht werden könnten, stellten eine Bedingung: „Eine schwache Formulierung, die keinen Mehrwert für die Kinder hat, werden wir nicht mittragen“, erklärte Vizefraktionschefin Katja Dörner.

Mit der Grundgesetzänderung soll eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag umgesetzt werden. Lambrecht wies darauf hin, dass Kinderrechte bereits in den Landesverfassungen von 15 Bundesländern verankert seien. Nur in der Verfassung Hamburgs sind sie nicht ausdrücklich erwähnt.

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatte sich seit Sommer 2018 mit der Frage befasst, wie die Rechte von Kindern stärker als bislang im Grundgesetz berücksichtigt werden können. (afp)



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