Segeln in der Kloake? Olympia-Bucht immer umstrittener

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Am Wochenende beerdigten Umweltaktivisten symbolisch die Guanabara-Bucht.Foto: Marcelo Sayao/dpa
Epoch Times1. März 2016
Eigentlich steht die Guanabara-Bucht in Rio de Janeiro für eines der berühmtesten Postkartenmotive der Welt mit dem Zuckerhut im Hintergrund. Im August sollen hier die Olympischen Segelwettbewerbe stattfinden, doch die Bedingungen sind teilweise katastrophal.

Das Wasser verdreckt und belastet. Viele Segler fahren mit einem mulmigen Gefühl nach Rio. Und jetzt gibt es neue schlechte Schlagzeilen. Ein der Zeitung „O Globo“ zugespieltes Bild eines Männerarms inmitten einer schäumenden Brühe ist die neueste Hiobsbotschaft aus dem Segelrevier Rios. Dabei ist die Idee der Organisatoren: Segelwettbewerbe, die mit der Macht der Bilder glänzen. Feuerwehrleute entdeckten nun auch noch eine männliche Leiche in dem Gewässer.

Am Wochenende beerdigten Umweltaktivisten symbolisch die Guanabara-Bucht. Längst schon haben sich die Organisatoren vom Versprechen einer vollständigen Säuberung verabschiedet, betonen aber, es werde kein Gesundheitsrisiko für die Segler geben.

Der Druck ist enorm: In den nächsten Monaten wird unter anderem das Internationale Olympische Komitee (IOC) eigene Wassertests durchführen lassen – sie könnten schlecht ausfallen. Denn die Bucht ist riesig, es ist die Einfahrtstraße der Containerschiffe in den Hafen und von überall her werden Abwässer eingeleitet.

Hier schwimmt auch kein Bewohner Rios. Im Wasser treiben Unmengen an Müll, auch Tierkadaver, Fäkalien, Ölfilme sind immer wieder zu sehen – und es stinkt. Erst im Januar wurden mehrere Tonnen tote Fische angespült. Bürgermeister Eduardo Paes lehnt eine Verlegung in das 190 Kilometer nördlich gelegene Segelrevier von Buzios dennoch ab, die Segelverbände ins Spiel gebracht hatten.

Die Organisatoren der Olympischen und Paralympischen Spiele im August und September wollen mit Barrieren und Spezialbooten versuchen, zumindest das Segelrevier in der Bucht einigermaßen sauber zu bekommen. Aber was passiert wenn Olympia vorbei ist? Viele Fischer haben ihre Existenzgrundlage verloren – und ein umfassendes Konzept zur Rettung der Bucht liegt bisher nicht vor.

„Mein Arm ist es nicht“, kommentiert der Paralympics-Sieger von Sydney, Heiko Kröger, den gruseligen Fund mit Galgenhumor. Der Goldmedaillengewinner von 2000, der ohne linken Unterarm geboren wurde und in diesem Sommer in Rio erneut um paralympisches Edelmetall segeln will, hatte erst vor wenigen Tagen selbst mit einem verstörenden Film für Aufmerksamkeit gesorgt. Der 49-Jährige Steuermann aus Jersbek bei Hamburg hatte bei einem Training Ende Februar eine Kamera mitlaufen lassen. Die Aufnahmen zeigen die starke Müllbelastung des geplanten Olympia-Reviers. 

Vor einem Jahr hatte ein Foto von Olympiasieger und America’s-Cup-Skipper Nathan Outteridge und seinem 49er-Vorschoter Iain Jensen für Ekel gesorgt. Es zeigt das australische Duo, wie es im Training versucht, einem im Wasser treibenden toten Hund auszuweichen. Mehrere Wasseruntersuchungen hatten eine extrem hohe Belastung des Olympiareviers mit Viren und Keimen ergeben. 

Im September 2015 war der Berliner 49er-Steuermann Erik Heil nach einer olympischen Testregatta mit schweren Entzündungen an Beinen und Hüfte erkrankt und musste in der Berliner Charité behandelt werden. Laborproben ergaben, dass ein multiresistenter Keim Auslöser der teils Zentimeter tiefen und schwer heilenden Wunden war.

Heil, der mit seinem Vorschoter Thomas Plößel vom 27. März bis zum 2. April  vor Mallorca im Finale der nationalen Olympia-Ausscheidung um seine Rio-Fahrkarte kämpft, sagte damals: „Ich appelliere an die Olympia-Organisatoren, alles in ihrer Macht Stehende für eine Säuberung der Gewässer zu unternehmen.“

Die Organisatoren in Rio wissen, was auf dem Spiel steht, aber die Bucht ist größer als das ganze Bundesland Bremen, was schon eine Teil-Säuberung so kompliziert macht. Aber ihnen drohen im August nun hässliche Wasseraufnahmen und kritische Debatten – statt Traumbilder mit weißen Segelbooten in blauem Wasser vor der Kulisse des 395 Meter hohen Zuckerhuts. 

(dpa)


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