Luftverkehrsbranche will weitere Milliarden vom Bund – Arbeitsplätze durch zweiten Lockdown bedroht

Gibt der Bund der Luftverkehrsbranche weitere Milliardenhilfen? Verkehrsminister Scheuer und die Verbände sind dafür, Umweltschützer wegen fehlender Auflagen dagegen.
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Neben dem Tower des Flughafens von Frankfurt am Main kommt eine Maschine an. Die Passagierzahlen bewegten sich nur langsam aus dem Corona-Tief.Foto: Boris Roessler/dpa/dpa
Epoch Times5. November 2020

Unmittelbar vor dem geplanten Luftverkehrsgipfel der Bundesregierung hat die Branche weitere Milliardenhilfen vom Bund gefordert.

Nach den Fluggesellschaften müssten nun die Flughäfen und die bundeseigene Deutsche Flugsicherung mit Steuergeldern saniert werden, verlangen Vertreter von Branchenverbänden, die an der für Freitag in Berlin geplanten Sitzung teilnehmen. Außerdem müssten Perspektiven für einen pandemie-sicheren Luftverkehr geschaffen werden. Gegen das von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) befürwortete Rettungspaket regt sich Widerstand von Umweltschützern.

„Es darf nicht zu irreparablen Strukturbrüchen kommen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes BDL, Matthias von Randow, der Deutschen Presse-Agentur. „Wir stehen mit dem zweiten faktischen Lockdown vor dem Abbau von Arbeitsplätzen. Von rund 260.000 Arbeitsplätzen allein bei den deutschen Airlines und an den Flughäfen sind akut rund 60.000 bedroht.“ Die Unternehmen müssten sich wegen des Nachfrage-Einbruchs massiv verschulden. Das schwäche die Kraft für Investitionen, beispielsweise zur Digitalisierung oder für sparsamere neue Flugzeuge.

Flughäfen dauerhaft von hoheitlichen Kosten entlastet

Die Politik müsse den Flughäfen als „wichtiges Zeichen und ersten Schritt“ die Kosten erstatten, die im ersten Lockdown durch das Offenhalten der Infrastruktur entstanden seien, sagte Ralph Beisel vom Flughafenverband ADV. Es gehe bei diesen Vorhaltekosten um die Summe von 740 Millionen Euro, die vor allem kleinen und mittleren Flughäfen zugutekommen würde. Anschließend müsste überlegt werden, wie die Flughäfen dauerhaft von hoheitlichen Kosten entlastet werden könnten, die in anderen europäischen Ländern vom Staat bezahlt würden.

In den Beratungen wird es auch um die Beteiligung der Länder gehen, die häufig gemeinsam mit Anrainer-Gemeinden Eigentümer der Flughafenbetreiber sind. Niedersachsen beispielsweise unterstützt den Scheuer-Plan zur Erstattung der Vorhaltekosten und deutet Hilfe für den Flughafen Hannover an.

Bei Deutscher Flugsicherung besteht Hilfsbedarf

Ein weiterer Themenkreis ist die bundeseigene Deutsche Flugsicherung GmbH, die wegen der Gebührenausfälle in Liqiditätsprobleme geraten könnte. DFS-Chef Klaus-Dieter Scheurle hatte die Umsatzausfälle bis 2025 auf bis zu 2 Milliarden Euro beziffert. Trotz eines neuen Schuldscheindarlehens über 500 Millionen Euro und Sparmaßnahmen bleibt bei der Gesellschaft ein Hilfsbedarf, den der BDL auf 1,2 Milliarden Euro beziffert hat. Hier müsse der Bund als Eigentümer einspringen: „Sonst müssten beim zarten Wiederanlauf des Flugverkehrs unrealistisch hohe Gebühren erhoben werden, was von den Fluggesellschaften gar nicht zu stemmen wäre“, meinte von Randow.

„Wir müssen einen Weg nach vorne finden, um wieder sicheres Fliegen anbieten zu können“, hatte der Frankfurter Flughafenchef Stefan Schulte am Mittwoch bei der Vorstellung tiefroter Geschäftszahlen für das dritte Quartal verlangt. Er forderte eine Schnelltest-Strategie, zu der auch bilaterale Verabredungen mit den USA notwendig seien.

Bewertung von Risikoländern nicht allein auf die Inzidenzzahlen

Der BDL setzt sich zudem dafür ein, bei der Bewertung von Risikoländern nicht allein auf die Inzidenzzahlen zu schauen. Als zweites Kriterium müsste die Zahl der tatsächlich infiziert Einreisenden aus den jeweiligen Herkunftsländern miteinbezogen werden. „Das Einschlepp-Risiko konzentriert sich nach den inzwischen vorliegenden Daten auf eine sehr geringe Zahl von Ländern – und das sind nicht die klassischen Urlaubsländer“, sagte von Randow.

Überkommene Strukturen dürften nicht mit Milliardenhilfen gestützt werden, meint hingegen der ökologisch orientierte Verkehrsclub VCD. „Statt Flughäfen weiter auszubauen und weitere Gelder in bereits vor der Pandemie unrentable Regionalflughäfen zu versenken, braucht es einen sozialverträglichen Umbau in Richtung des Umweltverbundes“, kommentiert die VCD-Präsidentin Kerstin Haarmann. Neue bedingungslose Hilfen wie bei der Lufthansa dürfe es nicht mehr geben, sondern sie müssten an den Klimaschutz gekoppelt werden.

Grünen: Geschäftsmodell muss mit Pariser Klimaabkommen vereinbar sein

Ähnlich äußern sich die Grünen-Abgeordneten Sven-Christian Kindler und Daniela Wagner. „Unternehmen, denen der Staat in dieser Krise hilft, müssen klare Klimaauflagen erfüllen und überhaupt ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell haben, das mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar ist. Das ist bei vielen Regionalflughäfen nicht der Fall.“ (dpa)



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