In Kürze
Falsche Partykonzepte sollen ein Grund sein
Suche nach Investoren blieb erfolglos
Wenn am heutigen Samstag im SchwuZ die Vorhänge nach der letzten Party fallen, endet eine Ära queerer Geschichte in Berlin. Deutschlands ältester Queer-Club war in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Nachdem die Geschäftsführer bereits Ende Juli Insolvenz angemeldet haben, ist nun nach fast 50 Jahren endgültig Schluss. Der Gang in die Insolvenz sei nötig gewesen, um die Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, berichtete die „Berliner Zeitung“.
30 von 100 Mitarbeitern im Mai entlassen
Doch strukturelle Veränderungen und Sparmaßnahmen brachten nichts mehr. Die von der neuen Geschäftsführerin Katja Jäger auf den Weg gebrachten Veränderungen seien zwar sinnvoll: „Aber es war leider zu wenig und zu spät“, zitiert „rbb24“ einen Mitarbeiter. Dass es wirtschaftliche Schwierigkeiten gibt, wurde im Mai deutlich, als 30 der 100 Angestellten ihre Kündigung erhielten.
Grund für den Niedergang seien veraltete Partykonzepte gewesen, an denen man zu lange festgehalten habe, zitiert „rbb24“ eine langjährige Mitarbeiterin. Nach der Pandemie habe der Laden gebrummt, bis 1.800 Gäste fanden sich dort zum Feiern ein. Doch dann sei es „steil bergab gegangen“, später kamen nur noch rund 800 Besucher. Auch wenn in den vergangenen Wochen wieder mehr Besucher kamen, sei das kein Vergleich mit früheren Zeiten gewesen.
Das SchwuZ schrieb bereits in den vergangenen Jahren rote Zahlen. Mit den Ausnahmen Juli 2023 und August 2024 gab es zwischen Mai und September nur Verluste. Im vergangenen September betrug das Defizit 70.000 Euro, schreibt „rbb24“ unter Hinweis auf ihm vorliegende interne Dokumente. Das Minus sei demnach dreimal so hoch gewesen wie im September 2023 und doppelt so viel wie im Vergleichsmonat des vergangenen Jahres.
Alle Rettungsversuche gescheitert
Auch die monatelange Suche nach Investoren, „die das SchwuZ im jetzigen Zustand übernehmen und weiterführen“ würden oder „die nötigen Mittel aufbringen“ könnten, sei erfolglos geblieben. Das teilten die Betreiber auf
Instagram mit. „Wir haben alles versucht, doch am Ende hat es nicht gereicht.“ Zu den Versuchen gehörte auch eine Spendenaktion, um den Club zu retten. Doch die dazu benötigten 300.000 Euro kamen dabei nicht zusammen.
Kritik an der Schließung übt der Dachverband der Hauptstadt-Clubs, die Clubkommission Berlin, auf Instagram. So stünden viele Betriebe unter Druck. Die Gründe seien steigende Kosten, Nachwirkungen der Pandemie und „kaum zugängliche Förderung“. Im Zusammenhang mit der Schließung sprach die Clubkommission von einem „Armutszeugnis für eine Stadt, die sich als Vorreiterin queerer Rechte und Kultur versteht“.
Das Aus für das SchwuZ „steht im Widerspruch zu Berlins Selbstverständnis als Regenbogenhauptstadt“. Man erlebe „einen spürbaren Rechtsruck, zunehmende queerfeindliche Gewalt und den Verlust sicherer Räume“. Daher sei es „besonders besorgniserregend, dass mit dem SchwuZ einer der wichtigsten queeren Orte der Stadt verschwindet“.
Zentraler Ort für queere Kultur seit 1977
Das SchwuZ wurde 1977 in der Spreemetropole als SchwulenZentrum gegründet und ging aus der Homosexuellen Aktion Westberlin (HAW) hervor. Es entwickelte sich rasch zu einem zentralen Ort für queere Kultur, politische Diskussionen und Community-Arbeit. Ursprünglich in Schöneberg angesiedelt, zog der Club später nach Kreuzberg und 2013 in die ehemalige Kindl-Brauerei in Neukölln. Das SchwuZ bot Raum für Partys, Konzerte, Theater und Aktivismus und galt als ein wichtiger geschützter Raum (Safe Space) für die LGBTQIA+-Community.
So steigt die letzte Party am morgigen Samstag im Domizil in Neukölln. Sie sei nicht nur ein Abschied, sondern auch ein „Dankeschön an euch, die mit so viel Herzblut, Kreativität und Ausdauer dieses Abenteuer Namens SchwuZ seit 1977 möglich gemacht haben“, heißt es auf Instagram.