Menschenrechtsdialog EU-China: „Bedeutungsloses“ Gerede ohne „echte Veränderungen“

Nach dem wieder aufgenommenen Menschenrechtsdialog zwischen der EU und dem chinesischen Regime kritisieren zahlreiche Menschenrechtsorganisationen in einem offenen Brief das Treffen hinter verschlossenen Türen als „bedeutungslos“. Es gebe keine „konkreten Maßstäbe und Zielvorgaben“. Sie forderten stattdessen „echte Veränderungen“.
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Symbolbild.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 26. Februar 2023

Die 38. Tagung des Menschenrechtsdialogs zwischen der Europäischen Union und dem kommunistischen China fand am 17. Februar 2023 in Brüssel statt. „Die EU und China begrüßten die Wiedereröffnung dieses speziellen Kommunikationskanals zu Menschenrechtsfragen“. In dem Dialog sei es um einen „ausführlichen Meinungsaustausch über Menschenrechtsentwicklungen sowohl in der EU als auch in China“ gegangen. Dabei habe die EU die „besonders prekäre Situation von Uiguren, Tibetern und Angehörigen religiöser, ethnischer und sprachlicher Minderheiten im ganzen Land“ betont, hieß es auf der EU-Webseite.

Wenigen ist bekannt, dass diese Treffen zum Menschenrechtsdialog stets hinter verschlossenen Türen abgehalten werden. Doch an den zahlreichen Menschenrechtsverletzungen im Reich der Mitte, an der Verfolgung von Demokratiebefürwortern, Mitgliedern von christlichen Hauskirchen, Falun-Gong-Praktizierenden oder der Unterdrückung von ethnischen Gruppen wie den Tibetern und Uiguren hat dieser Menschenrechtsdialog bisher nichts geändert. Auch von Pressefreiheit ist der kommunistische Staat noch meilenweit entfernt.

„Feigenblatt-Dialog“ für „ungestörten Handel“

In Deutschland wurde diese Form der Diplomatie im November 1999 vom damaligen SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder während seiner Chinareise vorgeschlagen und am 30. Juni 2000 vom Bundesinnenministerium und dem Büro für legislative Angelegenheiten der Kommunistischen Partei Chinas unterzeichnet. Im Prinzip haben der Menschenrechtsdialog der EU mit China und der Deutschlands mit China das gleiche Problem: „Der Menschenrechtsdialog mit China ist faktisch tot und dient bloß noch als Feigenblatt“, erklärte schon 2019 der Menschenrechtssprecher der CDU-Fraktion im Bundestag, Michael Brand.

Dass das KP-Regime garstig reagiert, wenn es offen kritisiert wird, hatte beispielsweise die Schweiz 2019 zu spüren bekommen. Damals setzte China den Menschenrechtsdialog mit der Eidgenossenschaft aus, weil die Alpenrepublik gemeinsam mit 21 anderen UNO-Staaten Kritik an der Unterdrückung der Uiguren äußerte und für die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Zugang zur Region forderten. Auch in der Schweiz sprachen mehrere Politiker in Hinsicht auf den Menschenrechtsdialog von einem „Feigenblatt, das es erlaube, mit der Diktatur ungestört Handel zu treiben“, schrieb die „Neue Zürcher Zeitung“.

Offener Brief fordert Ergebnisse statt Gerede

Vor wenigen Tagen schrieben zehn Menschenrechtsorganisationen, darunter Human Rights Watch, Amnesty International, die International Campaign for Tibet und der World Uyghur Congress einen offenen Brief an die Führung der Europäischen Union und alle Mitgliedstaaten. Der Brief wurde unter anderem von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch unterzeichnet.

„Wie während des Besuchs von Ratspräsident Charles Michel in China angekündigt und von den Medien berichtet, erwägen die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten die Wiederaufnahme des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und China als Teil ihrer erneuten Zusammenarbeit.“ Diesbezüglich fordere man die EU und die Mitgliedstaaten erneut dazu auf, „den Menschenrechtsdialog zwischen der EU und China auszusetzen“. Stattdessen solle man lieber „starken und konkreten Menschenrechtsergebnissen“ Vorrang einräumen – und zwar in allen Bereichen der Beziehungen zu China.

Die Unterzeichner verwiesen im Brief unter anderem auf den Bericht des Hohen Kommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen (OHCHR) vom August 2022. Darin sei festgestellt worden, dass „Aktivisten und vermeintliche Kritiker in China […] immer stärker unterdrückt werden“. Beispielsweise stelle die chinesische Vorgehensweise gegen die Volksgruppe der Uiguren „möglicherweise internationale Verbrechen, insbesondere Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ dar.

Unsere Organisationen sind der Ansicht, dass die Menschenrechte im Mittelpunkt eines soliden, strategischen Ansatzes für die Beziehungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten zu China stehen müssen.“ (Offener Brief der Menschenrechtsorganisationen)

Jedoch gebe es wie schon in den 37 Runden zuvor keine Anzeichen dafür, „dass der Menschenrechtsdialog mit konkreten Maßstäben und Zielvorgaben für Verbesserungen verknüpft werden kann“. Daher bekräftigten die Unterzeichner ihre Bedenken bezüglich der Wiederaufnahme. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten daher jede Gelegenheit nutzen, „um auf echte Veränderungen im Bereich der Menschenrechte zu drängen und Chinas zunehmendem Vorgehen gegen die Menschenrechte […] entgegenzuwirken“.

Kampf gegen Kulturen und andere Meinungen

In dem Brief wurde auch auf das zerstörerische Wirken des KP-Systems auf ethnische Gruppen eingegangen. Man schätzte, dass allein rund eine Million Uiguren in chinesischen Gefängnissen oder Umerziehungslagern sitzen. Es gebe auch alarmierende Berichte über „Programme für Zwangsarbeit, Familientrennung, Massenüberwachung, Zwangssterilisation und -abtreibung sowie kulturelle Zerstörung in der uigurischen Region“.

Ähnlich dramatisch wird die Lage in Tibet beschrieben. Dort würden die chinesischen Behörden eine „aggressive Assimilierungspolitik“ betreiben, mit Umsiedlungsprogrammen und einem Internatssystem, welches die tibetische Kultur, Sprache und Identität bedrohe. Religions-, Meinungs- und Bewegungsfreiheit sowie das Recht, sich friedlich zu versammeln, sei stark eingeschränkt und es gebe willkürliche Verhaftungen, Folter und lange Haftstrafen für tibetische Intellektuelle.

„Andernorts schikanieren, inhaftieren und verfolgen die chinesischen Behörden weiterhin Menschenrechtsverteidiger und unterdrücken die freie Meinungsäußerung online und offline“, wird in dem offenen Brief erinnert.

Man warnt: Ein weiterer ineffektiver Menschenrechtsdialog werde die Glaubwürdigkeit der EU als „globaler Akteur im Bereich der Menschenrechte“ untergraben.

„Die Europäische Union sollte sich nur dann zu einem Menschenrechtsdialog mit China verpflichten, wenn sie ausreichende Garantien dafür erhält, dass die chinesischen Behörden sich verpflichten, ihre katastrophale Menschenrechtsbilanz zu ändern, und wenn die EU selbst bereit ist, angesichts der schweren Menschenrechtsverletzungen, die die chinesische Regierung in den letzten Jahren begangen hat – einschließlich internationaler Verbrechen, insbesondere Verbrechen gegen die Menschlichkeit –, deutliche Signale zu senden und ehrgeizige Maßnahmen zu ergreifen.“

Chinas Menschenrechtsverbrechen untersuchen

In einem Statement zu dem Brief erinnerte Kai Müller, Geschäftsführer von International Campaign for Tibet (ICT), daran, dass in den letzten Jahren alle Menschenrechtsdialoge der EU mit China „zunehmend bedeutungslos geworden [seien]. Peking sei nicht bereit gewesen, irgendwelche Verpflichtungen einzugehen“.

Stattdessen forderte die weltweit größte Tibet-Organisation eine Bedingung für die Wiederaufnahme des Dialogs zu setzen: „konkrete Verbesserungen der Menschenrechte in allen Bereichen“.

Schließlich forderte man von der Führung der Europäischen Union, Stellung zu beziehen. Die EU solle sich öffentlich für ein Ende der brutalen Unterdrückungspolitik des KP-Regimes in Xinjiang, Tibet und Hongkong einsetzen und die Freilassung willkürlich inhaftierter Menschenrechtsverteidiger und -aktivisten fordern.

Als Beispiele für vom Regime inhaftierte Personen nannte die Tibet Initiative den uigurischen Wirtschaftswissenschaftler und Sacharow-Preisträger Ilham Tohti. Der Hochschullehrer wurde 2014 wegen „Separatismus“ zu lebenslanger Haft verurteilt, sein Vermögen vom Regime eingezogen. Ebenso genannt wurde der schwedische Verleger Gui Minhai, der zuletzt im Februar 2020 zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war – wegen „illegaler Bereitstellung von Informationen im Ausland“. Die EU wurde auch aufgefordert, sich für chinesische Menschenrechtsanwälte einzusetzen, also jene Juristen, die es wagten, unterdrückte Bürger gegen das KP-System vor Gericht zu verteidigen oder auch nur juristisch zu beraten, wie Guo Feixiong oder Gao Zhisheng.

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