„Zuwanderung schafft Wohnungsnot“ – Mieterbund fordert 50-Milliarden-Euro-Sofortprogramm

Wohnraummisere in Deutschland: Erst kommen die Flüchtlinge und Zuwanderer, dann fehlen Wohnungen. Sie können nicht gebaut werden, weil keine Facharbeiter da sind, und die, die noch da sind, können nicht bauen, weil das Material fehlt.
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Sozialwohnungen in Köln.Foto: iStock
Von 14. Januar 2023

Was den deutschen Wohnungsmarkt angeht, stehen aktuell alle Signale auf dunkelrot. Jedenfalls wenn man maßgeblichen Organisationen vertraut, die sich professionell damit befassen, wie etwa der Deutsche Mieterbund.

Der Verein vertritt immerhin 3 Millionen Mitglieder und beschäftigt selbst über 1.300 Mitarbeiter und noch einmal über 2.500 freiwillig Tätigen.

Die Meldung wurde zur Schlagzeile: Der Deutsche Mieterbund stellte eine Verbindung her zwischen Zuwanderung und Wohnungsnot. Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten erklärte gegenüber der Funke-Mediengruppe: „So laut wie jetzt haben die Alarmglocken des Wohnungsmangels lange nicht mehr geschrillt.“

Siebenkotten kann sich hier auf eine neue Studie berufen, die zum Jahresende 2022 – also mit relativ aktuellen Zahlen – eine Größenordnung von 700.000 fehlenden Wohnungen ermittelt haben will.

Besagte Studie „Bauen und Wohnen in der Krise“ wurde vom hannoverischen „Pestel Institut“ in Zusammenarbeit mit dem „Institut Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen“ durchgeführt. Die Studie identifiziert als eine Hauptursache für den eklatanten Mangel vor allem die Flüchtlinge aus der Ukraine, die im vergangenen Jahr einen bereits angespannten Wohnungsmarkt besonders belastet hätten.

Medien wie der „Spiegel“ berichten darüber, unterlassen es allerdings im Wesentlichen, darauf hinzuweisen, dass der Wohnungsmarkt schon vorher angespannt war und diese Anspannung noch steigt, weil es eben nicht nur über eine Million Ukrainer sind, die hier Zuflucht suchen. Die Zuwanderung nach Deutschland ist auf einem neuen Allzeithoch. Hinzu kommen Anwerbemaßnahmen der Bundesregierung, um Fachkräfte mit „Chancenkarten“ und weiteren massiven Anreizen zu bewegen, hier die Mörtelkelle zu schwingen.

Gestern publizierte der Mieterbund auf seinem Webauftritt seine Zusammenfassung des Wohnungsmangelproblems und verwies dabei auch auf die Studie aus Hannover.

Die Forderung des Mieterbundes: 50 Milliarden Euro „Sondervermögen“, die jetzt in den sozialen Wohnungsbau fließen müssten. In Anbetracht der so viel diskutierten 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr ist das keine Kleinigkeit, Potenzial für neue Debatten und ein Politikum.

Von einer „beängstigenden“ Situation ist die Rede. Der Mieterbund steht hier nicht allein da und hat sich bereits mit der Baugewerkschaft und weiteren Sozial- und Branchenverbänden verbündet, wie auf der Website des Mieterbundes berichtet wird.

Hier wird auch die Forderung nach 50 Milliarden Euro Sondervermögen noch genauer erklärt. Es sei nur ein erster Schritt bis 2025, anschließend müsse neu verhandelt werden. Das Bündnis fordert Bund und Länder zu einer „Sozialwohnungsbau-Offensive“ auf.

Und das will man in einem ersten Schritt konkret mit dem Geld erreichen: „Nur so könne es gelingen, bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode den Neubau von 380.000 Sozialwohnungen noch zu schaffen.“

Domino-Effekt bringt sozialen Wohnungsbau zum Einsturz

Hier entsteht dann der Eindruck eines Domino-Effektes. Flucht und Migration verschärfen den Wohnungsmarkt, Wohnungen müssen gebaut werden und damit steht man dann bereits vor dem nächsten Problem: Irgendwer muss diese Wohnungen bauen. Beispielsweise das „Handelsblatt“ titelte schon im März 2022: „Bis 2035 fehlen auf dem Bau gut 250.000 Arbeitskräfte“.

Der Mieterbund erinnerte gestern auch daran, dass die Ampelkoalition 400.000 neue Sozialwohnungen versprochen hätte, das „Sozialwohnungsbau-Jahr 2022“ sei aber mit nur rund 20.000 Sozialwohnungen gescheitert. Und wenn, wie die Studie aus Hannover erzählt, 700.000 Wohnungen fehlen, dauert das bei gleichbleibendem Tempo weitere 35 Jahre.

Damit kündigt sich dann schon das nächste Problem an, es mangelt ja nicht nur an Fachkräften auf dem Bau, alle Hilfe und alles Geld der Welt nutzen nichts, wenn das Material nicht zu bekommen ist. Die Materialknappheit auf den Baustellen hat im Mai 2022 den Höchststand seit 1991 erreicht. Im Hochbau meldeten 56,6 Prozent der Unternehmen Materialmangel.

Aber wer soll die geforderten 50 Milliarden Euro aufbringen? Der Mieterbund sieht den Bund in der Pflicht, das Geld auf der Grundlage einer Finanzierungsvereinbarung mit den Ländern bereitzustellen. Nur so könne man „den zu erwartenden Kollaps auf dem sozialen Wohnungsmarkt“ noch abwenden.

Die Vorzüge des sozialen Wohnungsbaus erweitern

Das Bündnis fordert darüber hinaus die Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent für den sozialen Wohnungsbau. Die Bürokratiekrake müsse ebenfalls geköpft werden: Die Förderanträge sollen schneller bearbeitet werden, gefordert wird ein „Bürokratiebeschleuniger“.

Noch eine kreative Idee hat das Bündnis: Aus geplanten, aber noch nicht fertig gebauten Wohnhäusern sollen geförderte Sozialwohnungen entstehen. Im Klartext eine Umetikettierung mit finanziellen Vorteilen für die Bauherren. So soll verhindert werden, dass Bauprojekte in der Krise auf Eis gelegt werden. Aber da wäre dann wieder das Problem mit Material und Mann.

Matthias Günther, der Leiter des Pestel Instituts, warnt: „Wir haben (…)  eine absolute Rekord-Zuwanderung – mehr als im bisherigen Rekord-Flüchtlingsjahr 2015. Die Lage spitzt sich dramatisch zu. Denn wer nach Deutschland flüchtet und bleibt, ist auf den sozialen Wohnungsmarkt angewiesen.

Oder anders gesagt: Deutschland hat bereits jetzt einen Rekord-Wohnungsmangel: mit über 700.000 fehlenden Wohnungen das größte Wohnungsdefizit seit mehr als zwanzig Jahren. Bei den bezahlbaren Wohnungen wird das ohnehin schon massive Versorgungsloch immer größer; bei den Sozialwohnungen ist es längst ein Krater.“

Für Günther ist es in der Inflation, mit steigenden Zinsen, veränderten Energie- und Rohstoffmärkten, eingeschränkten Produktions- und Produktangeboten höchste Zeit, dass der Staat neue Rahmenbedingungen schaffe, um den Wohnungsbau – und hier insbesondere den Bau von Sozialwohnungen – zu unterstützen.



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