Was wir gegen die Zunahme von Depressionen bei Kindern tun können

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Jugendliche auf einer Parkbank mit Bier.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 27. März 2022

Erst kürzlich war ich bei der Beerdigung einer (jungen) Patientin, die an einer Überdosis Drogen gestorben ist. Ich bin Kinderärztin, keine Internistin. Dieses Mädchen war zu jung, um zu sterben und um depressiv zu sein. Ihr Leben war voller Schwierigkeiten, doch sie hatte großartige Eltern und unterstützende Geschwister. Ich möchte hier ganz klar festhalten: Ihre Eltern haben alles richtig gemacht. Sie waren fabelhafte Eltern und sind in keiner Weise für den Tod ihrer Tochter verantwortlich. Das ist der wirklich erschreckende Teil. Traurigerweise ist dies eine Geschichte, die sich viel zu häufig wiederholt.

Ich arbeite seit 32 Jahren in der Pädiatrie und habe noch nie eine solche Entwicklung von Depressionen bei Kindern erlebt wie heute. Einerseits können wir dem Corona-Lockdown und der dadurch erzwungenen Isolation Schuld für die zunehmenden Depressionen und Ängste geben, und zum Teil stimmt das auch. Jedoch waren vor Corona bereits viele Jugendliche durch mehrere Faktoren auf dieses Leiden vorbereitet.

Zermürbende Einsamkeit

Zum einen wurden unsere Kinder in den letzten zehn Jahren langsam in die emotionale und physische Isolation getrieben. Wenn wir davon ausgehen, dass jeder von uns zu dem Zweck geboren wurde, mit geliebten Menschen in Beziehung zu treten, ist Isolation verheerend – insbesondere für junge, zarte Herzen. Unser Bedürfnis nach echter Verbindung sitzt tief. Der schleichende Anstieg des Bildschirmkonsums hat ihnen einen anderen und einfacheren Weg gezeigt, mit Freunden in Kontakt zu bleiben. Wir können uns weismachen, dass Kinder durch Chatten und soziale Medien mehr miteinander verbunden sind. Aber das ist eine Täuschung – und das wissen wir. Bildschirme verursachen eine tiefe Einsamkeit. Wir sollten uns dieser Tatsache bewusst sein. Kinder wenden sich an Telefone, um Anschluss zu finden, aber sie können es nicht. Kinder fühlen sich dadurch noch schlechter.

Und plötzlich kam die Pandemie. Die Schwierigkeit, echte Kontakte zu knüpfen, die Kinder vor Corona hatten, nahm drastisch zu. Die Quarantäne vergrößerte das Problem um das Zehnfache. Einige Kinder kamen damit einfach nicht zurecht. Sie versuchten, mehr Zeit mit ihrem Handy zu verbringen. Als dies nicht gelang, zogen sich viele einfach aus dem Leben zurück.

Wir haben unsere Kinder gelehrt, dass Unabhängigkeit, Einzigartigkeit und Autonomie lobenswerte Eigenschaften sind. Unter gewissen Umständen sind sie das auch. Doch diese Relativität haben wir sie nicht gelehrt. Stattdessen haben wir ihnen beigebracht, dass man erfolgreich ist, wenn man diese Eigenschaften ohne das Gleichgewicht von Abhängigkeit, Ähnlichkeit und gemeinsamer Arbeit erlangt.

Wenn Kinder die Ratschläge der Eltern ablehnen, sich so unverschämt wie möglich kleiden und die Weisheit der Eltern ständig zurückweisen, sagen wir ihnen, sie seien willensstark und erfolgreich. Aber wir wissen es besser, und sie wissen es auch. Unabhängigkeit in einem zu jungen Alter führt dazu, dass sie sich von anderen abkapseln; Einzigartigkeit treibt sie in bizarres Gewässer und lässt sie sich schämen; und Autonomie lehrt sie, dass sie niemanden brauchen – nicht einmal gute Eltern oder geliebte Menschen, die sich um sie kümmern. Das Ergebnis: verletzte und verwirrte Kinder.

Zarte Herzen

Zerrüttete Familien sind für Kinder oft gleichbedeutend mit unermesslichem Leid und oft lebenslangem Schmerz. Niemand will das hören, aber Kinder wollen es sagen. Sie kommen mit einer Scheidung oder vielen anderen Traumata eben nicht „gut zurecht“. Sie sind nicht so „widerstandsfähig“, wie wir gerne glauben. Sie sind Kinder mit weichem Herzen, die darauf angewiesen sind, dass Erwachsene ihnen ein sicheres Leben bieten. Wenn eine Scheidung, eine Pandemie, ein Todesfall oder sogar zu viele soziale Medien auf sie einwirken, reißt der Boden unter ihnen weg. Ohne elterliche Hilfe wissen sie einfach nicht, wo und wie sie wieder Fuß fassen können. Manche schaffen es nicht. Sie werden depressiv.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich schiebe Depressionen nicht auf die Eltern ab, dafür ist die Krankheit viel zu komplex. Genetik, Umfeld, Beziehungen, Leid und Persönlichkeit tragen alle zur Depression bei. Wenn ein Kind zu Beginn seines Lebens mit vielen dieser Faktoren konfrontiert wird, kann ein weiterer Schmerz, eine weitere Verwirrung oder sogar die falschen Freunde das Kind in den Abgrund reißen. Das Beste, was wir für unsere Kinder tun können, ist zu versuchen, die Dinge in ihrem Umfeld zu kontrollieren, die sie in die Depression treiben. Wir können herausfinden, was ihnen schadet, und es loswerden. Leider haben viele Eltern Angst davor. Wir beugen uns dem Mantra, dass „alle Kinder Telefone haben, zu viel Zeit in den sozialen Medien, mit Videospielen und in ihren Zimmern verbringen, Alkohol und Gras konsumieren und dass wir nichts dagegen tun können, damit sie sich nicht als Außenseiter fühlen“.

Ich bin selbst Mutter. Mein Sohn und ich hatten einen heftigen Streit über Videospiele, als er in der Mittelschule war. Wir erlaubten keine Videospiele im Haus. Als er auf die Universität kam, hat er uns gedankt. Er hat zu viele Freunde gesehen, die stundenlang in dunklen Räumen Videospiele für 40.000 Euro im Jahr gespielt haben.

Keine Ausreden

Unsere Kinder leben in einer Kultur, die schlecht für ihre geistige Gesundheit ist. Das hat sich im Laufe der Zeit so entwickelt. Für einige dieser Veränderungen sind wir mitverantwortlich, für andere nicht. Doch haben wir heute keine Ausrede dafür, nicht das zu tun, von dem wir wissen, dass es das Beste für unsere Kinder ist.

Als Eltern- und Großelternteil weiß ich, wie schwer das ist. Aber das ist keine Entschuldigung dafür, nicht das Richtige zu tun. Letzten Endes müssen wir einige sehr schwierige Entscheidungen treffen und dann den Mut und die Überzeugung aufbringen, diese auch umzusetzen. Tun Sie, was Sie können, um Ihr Kind vor emotionaler Isolation zu bewahren. Verringern Sie allmählich die Bildschirmzeit ihrer Kinder und die ihrige und verbringen Sie mehr Zeit mit ihnen von Angesicht zu Angesicht. Ermuntern Sie Ihr Kind, sich persönlich mit Freunden zu treffen. Bringen Sie ihm bei, dass es Familie und Freunde braucht. Verbringen Sie die Wochenenden gemeinsam, nehmen Sie sich Zeit für alle Familienmitglieder ohne lästige Bildschirme. Sprechen Sie mit ihm. Hören Sie ihm zu. Lachen Sie mit ihm und spielen Sie Spiele.

Für mich besteht kein Zweifel daran, dass wir Eltern die Macht haben, das Leben unserer Kinder zu verändern. Ich habe in den letzten 30 Jahren erlebt, wie Eltern den Lebensweg ihrer Kinder nachhaltig beeinflusst haben. Wenn Eltern aktiv werden, steigen die Chancen einer positiven Entwicklung ihrer Kinder exponentiell. Um unserer Kinder willen sollten wir den Mut und die Kraft aufbringen, in diese Gänge zu kommen, um eine positive Veränderung in ihrem Leben herbeizuführen.

Dieser Artikel erschien zuerst in The Epoch Times USA: What We Can Do About the Rise of Depression in Kids. Deutsche Bearbeitung von rm



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