Historisches Urteil: Anführer der Roten Khmer erstmals wegen Völkermordes verurteilt

Ein Sondertribunal in Kambodscha hat erstmals Vertreter der Roten Khmer wegen Völkermordes verurteilt. Der einstige Rote-Khmer-Chefideologe Nuon Chea und Ex-Staatschef Khieu Samphan wurden des Genozids schuldig gesprochen und zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.
Titelbild
Der Massenmord in Kambodscha durch die Roten Khmer.Foto: Omar Havana/Getty Images
Epoch Times16. November 2018

Historischer Schuldspruch in Kambodscha: Ein Sondertribunal hat erstmals Vertreter der Roten Khmer wegen Völkermordes verurteilt.

Der einstige Chefideologe Nuon Chea und Ex-Staatschef Khieu Samphan wurden am Freitag des Genozids schuldig gesprochen und zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Beide waren bereits zuvor wegen anderer Vorwürfe verurteilt worden, unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Urteile ergingen fast 40 Jahre nach dem Fall des maoistischen Regimes.

Das von den Vereinten Nationen unterstützte Sondertribunal in Phnom Penh sprach den 92-jährigen Nuon Chea wegen Völkermordes an den Cham-Muslimen und an ethnischen Vietnamesen schuldig. Der 87 Jahre alte Khieu Samphan wurde wegen Völkermordes an ethnischen Vietnamesen verurteilt.

Die Roten-Khmer haben Millionen Menschen abgeschlachtet. Foto: TANG CHHIN SOTHY/AFP/Getty Images

Unter der Schreckensherrschaft der Roten Khmer von 1975 bis 1979 kamen rund zwei Millionen Menschen durch Zwangsarbeit, Hungersnöte, Folter und Hinrichtungen ums Leben. Das war fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Der Anführer der Roten Khmer, Pol Pot, starb 1998, ohne dass ihm jemals der Prozess gemacht wurde.

Der Vorsitzende Richter Nil Nonn zeichnete in seiner Urteilsbegründung ein grausames Bild der Schreckensherrschaft der Roten Khmer, die mit massiver Gewalt ihre Vorstellungen einer klassenlosen Gesellschaft zu realisieren versuchten. Die Verfolgung von Minderheiten, erzwungene Auflösungen buddhistischer Klöster und Massenhinrichtungen waren demnach Alltag. Männer und Frauen seien zum Sex gezwungen worden, um Nachwuchs für das Regime zu zeugen.

Das Gericht sprach Nuon Chea und Khieu Samphan auch wegen dieser Gewaltexzesse schuldig. Die Anwälte der beiden kündigten Berufung gegen das Urteil an. „Khieu Samphan hatte keine Macht, irgendwelche Entscheidungen zu treffen, deshalb ist das Urteil für mich sehr verstörend“, sagte der Anwalt des Ex-Staatschefs.

Angehörige der Opfer zeigten ich hingegen erleichtert. Die Roten Khmer hätten „zu viele“ seiner Familienmitglieder getötet, sagte der 72-jährige Los Sat, Angehöriger der Cham-Muslime. „Ich bin wirklich zufrieden mit dem Urteil.“

Der ehemalige UN-Sondergesandte für die Rote-Khmer-Prozesse, David Scheffer, verglich die Bedeutung des Urteilsspruchs vom Freitag mit den Nürnberger Prozessen gegen hochrangige Nazis nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Gerichtsentscheidung habe ein „erhebliches Gewicht“ für Kambodscha, die internationale Strafjustiz und die Geschichte.

Amnesty International sprach hingegen von einem Urteil mit „bitterem“ Beigeschmack. Das im Jahr 2006 eingerichtete Sondertribunal hätte „viel mehr“ erreichen müssen. Bislang hatte das Gericht nur drei Angeklagte verurteilt. Die Kosten für das Tribunal belaufen sich mittlerweile auf mehr als 300 Millionen Dollar (264 Millionen Euro).

Kambodschas Regierungschef Hun Sen – selbst ein ehemaliges Mitglied der Roten Khmer – hatte wiederholt angekündigt, weitere Verfahren zu der Schreckensherrschaft zu stoppen. Er verwies zur Begründung auf die Stabilität des Landes, die durch neue Prozesse gefährdet werden könne.

Die Grünen-Sprecherin für Menschenrechtspolitik, Margarete Bause, erklärte in Berlin, das Urteil sende ein „eindeutiges Signal an alle Despoten“. Schwerste Menschenrechtsverbrechen würden weder vergessen, noch blieben sie ungesühnt – „ganz gleich wie aufwendig und lange die Aufarbeitung und Ahndung dauert“. (afp)

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