Baerbock in Butscha: „Die Willkür macht fassungslos“

Lange ist darüber diskutiert worden, wann ein Mitglied der Bundesregierung angesichts des Krieges in der Ukraine nach Kiew reist. Den Anfang macht nun die Chefin des Auswärtigen Amts.
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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Symbolbild.Foto: Markus Schreiber/POOL AP/dpa
Epoch Times10. Mai 2022

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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist als erstes deutsches Kabinettsmitglied seit Beginn des Krieges in der Ukraine in die Hauptstadt Kiew gereist.

Zum Auftakt ihres Besuches hat die Außenministerin sich ein Bild von der Zerstörung des Kiewer Vororts Butscha gemacht und wurde von der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa begleitet. Baerbock betonte, es sei wichtig, dass die internationale Gemeinschaft Beweise zu den mutmaßlichen „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ sammele.

„Es hätte auch meine Familie, meine Nachbarn sein können“, schrieb sie auf Twitter.  „Die Willkür macht fassungslos. Wir können den Überlebenden den Schmerz nicht nehmen, aber wir können alles dafür tun, für Gerechtigkeit zu sorgen: Niemand darf glauben, Verbrechen ohne Konsequenzen begehen zu können.“

Im Sender Welt TV sprach Baerbock von ihren Eindrücken nach dem Besuch einer Kirche in Butscha. Dort seien Bilder davon zu sehen, „wie Menschen einfach nur das gemacht haben, was jeder Mensch tut: morgens aufstehen, einkaufen gehen“ – und wie diese Menschen „dabei kaltblütig ermordet worden“ seien, sagte Baerbock. „Wie eine Mutter mit ihren beiden Kindern versucht hatte zu fliehen und dabei erschossen worden ist.“ Eine Bombe sei „direkt in den Supermarkt“ eingeschlagen.

Baerbock absolviert einen Teil ihres Ukraine-Besuchs gemeinsamen mit ihrem niederländischen Kollegen Wopke Hoekstra. Gemeinsam mit Baerbock sei er am Morgen in Kiew zu „Treffen mit der ukrainischen Regierung“ eingetroffen, schrieb Hoekstra auf Twitter.

Deutsche Botschaft in Kiew öffnet in Minimalbesetzung wieder

Baerbock hat zudem die Wiedereröffnung der deutschen Botschaft in der Hauptstadt Kiew noch an diesem Dienstag angekündigt.

Die Arbeit der Botschaft werde in Minimalpräsenz wieder aufgenommen, sagte die Grünen-Politikerin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. In der Botschaft werde es zunächst einen eingeschränkten Betrieb geben. Sie sei sehr froh, dass Botschafterin Anka Feldhusen wieder in Kiew arbeiten könne.

Zugleich kündigte Baerbock an, man werde in wenigen Tagen mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an der modernen Panzerhaubitze 2.000 beginnen, die Deutschland gemeinsam mit den Niederlanden an die Ukraine liefern werde. Gemeinsam mit deutschen Unternehmen arbeite man zudem daran, dass die Ukraine „hochmoderne Systeme bekommen kann, um ihre Städte auch gegen zukünftige Angriffe zu schützen“.

Baerbock betonte: „Wir werden die europäische, freie Ukraine weiter unterstützen. Humanitär, finanziell, wirtschaftlich, technologisch, politisch und in Energiefragen.“ Dies gelte auch langfristig, sagte sie mit Blick auf die Wiedereröffnung der Botschaft.

Deutschland ist eines der letzten westlichen Länder, das die Wiedereröffnung seiner Botschaft in Kiew ankündigt. Am Sonntag hatten die USA und Kanada die Rückkehr von Botschaftsmitarbeitern verkündet. Davor waren bereits Vertretungen der EU, Frankreichs, Italiens, Großbritanniens, Österreichs und anderer Staaten in Kiew wieder eröffnet worden. Aus der Gruppe der G7-Staaten der führenden demokratischer Industrienationen fehlt nur noch Japan, das die Wiedereröffnung seiner Botschaft noch nicht angekündigt hat.

Besuch nach wochenlangen Diskussionen

In den vergangenen Wochen hatte es um Besuche deutscher Politiker in der Ukraine viele Diskussionen gegeben. Eine Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der zusammen mit den Präsidenten Polens und der drei baltischen Staaten nach Kiew reisen wollte, sorgte in Berlin für erhebliche Verstimmung.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Ausladung Steinmeiers als Hindernis für eine eigene Reise nach Kiew bezeichnet. Nachdem Steinmeier und Selenskyj die Irritationen vergangene Woche in einem Telefonat ausgeräumt hatten, kündigte Scholz an, dass Baerbock bald reisen werde. Ob und wann Scholz nach Kiew reisen könnte, blieb zunächst unklar.

Am Sonntag hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) als zweithöchste Repräsentantin des Staates nach dem Bundespräsidenten Kiew besucht. Vor ihr war am vergangenen Dienstag der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz in Kiew.

Selenskyj hatte den Kanzler für den 9. Mai eingeladen – an diesem Montag feierte Russland den sowjetischen Sieg über das nationalsozialistische Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Selenskyj hatte erklärt, Scholz könne einen „sehr starken politischen Schritt“ unternehmen und an diesem Tag in die ukrainische Hauptstadt kommen. Der Bundeskanzler hatte allerdings auf eine Reise verzichtet. (dpa/afp/red)



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